Das Nilpferd
schon ein bißchen besser aus als bei ihrer Ankunft in Swafford in der vergangenen Woche. Die Natur, hatte ich den Eindruck, würde im Lauf der Zeit Claras Mängel von allein beheben, ohne Daveys mystische Einmischung. Kuck dir Amerikanerinnen an. Mit vierzehn machen sie den Eindruck, sie hätten gerade einen Verkehrsunfall hinter sich: Ihre Mäuler sehen aus wie Drahtkäfige, ihre Beine und Rückgrate stecken in Stützstrümpfen und -schienen, ihre Haut ist von Akneklumpen übersät, ihre Oberlippen zeigen Flaumfussel, ihre jämmerlich kleinen BHs sind mit Kleenex ausgestopft, und ihre Augen kullern unabhängig voneinander in alle möglichen Richtungen außer geradeaus. Aber wenn sie dann achtzehn geworden sind, sind sie schon fast unerträglich schön, mit Zähnen wie Verstopfungstabletten, Augen, in dieman tauchen könnte, Haut, die du von vorne bis hinten ablecken möchtest, frischem Holz vor der Hütte und neuen Posen. Leider kein Haar in den Achselhöhlen, was ich für einen verhängnisvollen Fehler halte. Hast du Honigmieren je beim Wort genommen? Ihnen je ihre Süße abgepreßt? Wenn du die Blume nimmst und ihr Staubgefäß zusammendrückst, dann schwillt an seinem Ende ein delikater, glänzender Nektartropfen. Eine Schweißperle, die sich an der Spitze der Achselhaare einer Frau sammelt, ist genauso schön. Der wahre Connaisseur des schönen Geschlechts delektiert sich am großartig fleischigen Aroma des weiblichen Wesens, nicht an den sterilen Zitronenduftnoten von Deodorants und Salben. Die Franzosen verstehen das, ungefähr das einzige, was sie verstehen – außer Französisch natürlich. Erinnere dich an die leichtfertigen
amants
bei Baudelaire, die ihr Gesicht in den schweißgetränkten Unaussprechlichen der Komödiantinnen bergen. Haaa…
Oh, entschuldigen Sie bitte. Zurück zum Mittagessen.
Michael stand auf. »Verzeiht, wenn ich mich zurückziehe«, sagte er. »Ich muß heute nachmittag noch arbeiten. Aber ich darf wohl annehmen, daß wir uns alle um vier hier treffen, um Janie bei ihrer Ankunft willkommen zu heißen?«
Nicken um den Tisch.
Ich ging so bald wie möglich, um meine heimliche Überwachung einzuleiten. Es war ein schwieriges Unterfangen, zur Villa Rotonda zu gelangen, ohne vom Haus aus gesehen zu werden. Ein Teil der Gäste, wußte ich, würde sich im Salon aufhalten, der auf den Südrasen hinausgeht, an dessen Ende die Villa steht. Also mußte ich den gesamten Rasen in einem weiten Bogen umrunden und das Gartenhaus von hinten erreichen. Dies erforderte Verhandlungen mit allerlei dichter Vegetation. Gebüsch und Gehölz hatten sich, wie mir schnell auffiel, zur seligen Nachmittagsaufgabegemacht, mir mit Hilfe listig hochragender Wurzeln und vorstehender Zweige die Kaffeetasse aus der Hand zu schlagen, die ich idiotischerweise auf meine Reise mitzunehmen beschlossen hatte. Als ich mich endlich durch das Hinterfenster der Villa gestöhnt hatte, waren kaum mehr zwei Zentimeter Kaffee übrig, die aber mit Gartenabfällen angereichert. Zwei Zentimeter Nachmittagskaffee, überlegte ich, sind besser als einer, und trank dankbar aus, mitsamt Blattresten, Gewitterfliegen und Astrinde. Dennoch sollte mir, wie ich bald entdeckte, dieses Verschütten einen Augenblick der Panik bereiten.
Ich machte es mir wieder einmal auf der Krocketkiste bequem, sah einer Spinne zu, die sich von der Decke abseilte, und grübelte, wie vor mir schon Robert the Bruce, über das Problem der Mühe nach. Aufstehen ist mühsam, Bewegen ist mühsam; selbst Stillsein, nichts anderes als Leidertragen, selbst das ist mühsam. Mühe ist verbrauchte Kraft. Kraft stammt aus Nahrung. Wir machen weiter, weil wir essen. Aber die Mühe des
Schöpferischen
? Wie wird deren Aufwand wieder gefüllt? Woher
stammt
schöpferische Energie? Auch aus Nahrung? Warum kann dann ein Lyriker, sagen wir mal, der einst schreiben konnte, plötzlich nicht mehr schreiben? Doch wohl kaum, weil er aufgehört hat, Spinat zu essen? David glaubt, er habe eine schöpferische Energie, die aus … die aus weiß Gott was stammt. Aus der Natur, aus einem verzwickten Zwischengewebe, einem stärkenden Kraftfeld wie dem, über das sie in dieser absurden Science-Fiction-Geschichte mit Alec Guinness reden, bei der Roman mich so überraschte, weil er sie einen »alten« Film nannte … möge die Macht mit dir sein … wenn das für Roman ein alter Film war –
Star Trek
, hieß der so? Irgendwie so – aber was war dann
Duck Soup
? …
»Es brennt! Es
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