Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
erzähl mal, Ted. Was hältst du jetzt davon?«
    »Was ich davon halte? Ich weiß nicht. Aber …«, ich lächelte verschwörerisch, »vielleicht finde ich es im Lauf des Tages heraus.«
    Er runzelte die Stirn. »Im Lauf des Tages? Was passiert denn im Lauf des Tages?«
    »Michael, ist es schlimm, wenn ich’s dir nicht sage? Ich werde nichts vorfallen lassen, das nicht vorfallen soll, ich gebe dir mein Wort darauf.«
    »Gibst du mir auch dein Wort darauf, daß dein Wort was wert ist?«
    »Ich hoffe, es ist wenigstens die Luft wert, mit der ich es ausspreche.«
    Logan grunzte seine Zustimmung.
    »Dann willst du also mit Davey reden?« fragte er.
    »Vielleicht«, sagte ich. »Ich sag dir heute abend Bescheid.«
    »Dann ist Jane auch hier. Sie kommt heute nachmittag.«
    »Ja, ich weiß«, sagte ich. »Wird ein Full House: Damen und Buben.«
    Logan erhob sich, und wir zogen uns zu einem Schluck Aperitif in die Bibliothek zurück, wo Olivers Ausgelassenheit und übertriebene Darbietung seiner Gesundheit mir die Freude an meinem Glas Sherry verleideten.

IV
     
     
    Die Mahlzeiten in Swafford gewinnen im Verlauf des Tages an Förmlichkeit. In den größeren Häusern des Königreichs ist das normal. Ich nehme an, wenn Lévi-Strauss oder Margaret Mead noch lebten, könnten sie dieses Phänomen erklären, indem sie den Firnis der feinen Landhaustradition abheben und darunter eine solide anthropologische Teakplatte aus Stammestabus freilegten – wie es aussieht, werden wir die Erklärung zweifellos bei den neunmalklugen Edelfedern unserer Sonntagsbeilagen suchen müssen. Das Frühstück ist zum Entzücken meiner traditionalistischen Seele eine nahezu dienerfreie Angelegenheit, ganz wie es sein soll, Podmore kommt nur mit frischem Kaffee oder Toast herein, wenn man nach ihm schreit oder klingelt. Das Sideboard biegt sich unter einer Reihe blitzblanker Schüsseln, die neben gebratenem Speck, Rührei, Würstchen, Pilzen und runzlig gebratenen Tomaten, die wir eh erwarten, die drei großen Bestandteile englischer Frühstückskunde enthalten – Kedgeree, Bückling und Nierchen (scharf gewürzt); die Länge der Tafel wird rhythmisch punktiert von Marmeladetöpfchen, Kaffee- und Teekannen, mit silbernen Toasthaltern und Krügen, bis zu den Kristallrändern gefüllt mit den Säften von Orange, Tomate und Grapefruit. Auf einem Hepplewhite-Beistelltisch aus Seidenholz ist von Podmore ein Morgenfächer aus nationalen und regionalen Zeitungen ausgebreitet worden. Auch Zeitschriften werden bereitgehalten, »The Spectator«, »Private Eye«, »The Oldie«, »Country Life«, »The Field«, »Norfolk Fair«, »The IllustratedLondon News«, »The Economist«, »Investors Chronicle« und »Beano« für die Zwillinge. Ich habe mir, wie ich schon sagte, angewöhnt, danach zu trachten, daß ich als letzter herabkomme und den Raum für mich habe. Eine Stunde oder so bleibe ich dort, bis ich mich für die erste Erleichterung meiner vormittäglichen Blähungen ins Badezimmer getrieben sehe. Sollte der heilige Petrus mich dermaleinst fragen, zu welcher Zeit oder an welchem Ort ich ewiglich verharren möchte für die unendliche Dauer meiner himmlischen Karriere, dann wähle ich auf jeden Fall halb elf an einem Sommermorgen im Frühstückssalon von Swafford Hall.
    Wenn auswärtige Gäste geladen sind, ist das Abendessen eine formelle Festivität mit allem Drum und Dran. Die Damen schlüpfen in die schulterfreien Kleider, und das Personal schlüpft in die schulterhohe Form der Futterverteilung – weiße Handschuhe, Gabel und Löffel vorlegend, glänzende Servietten um die Flaschenhälse gewickelt. Wein und Konversation sprühen, Wangen und Kerzen glühen. Selbst wenn nur die Hausinsassen anwesend sind, wird eine gewisse Eleganz des Protokolls gewahrt. Punkt acht werden die um die Arme ihrer Herren drapierten Damen hereingeführt, die gegen elf
en masse
zum Kaffee in den Salon verduften und das haarige Element zurücklassen, das beim Port Witze reißt und Nüsse beißt. Diese viel geschmähte Prozedur entstammt, wie Simon mir neulich erzählte, Viktorianischen Tagen, als Frauen eifrig bestrebt waren, ihren Männern, Brüdern und Söhnen die beunruhigende Neuigkeit vorzuenthalten, daß sie Blasen und Harnröhren besaßen. Egal, wo er herrührt, ich finde diesen Brauch äußerst befriedigend. Anne hat die zauberhafte Angewohnheit, uns, wenn sie glaubt, die Trennung der Geschlechter habe jetzt lange genug gedauert, in den Salon zu rufen, indemsie auf dem

Weitere Kostenlose Bücher