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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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kein verdammter Schulrhetorikkurs. Es gibt hier keine Preise für neunmalkluge Bemerkungen.«
    »Ich muß schon sagen«, meinte Max, »es ist ein bißchen komisch, daß ausgerechnet ein Dichter von alldem als einziger nicht zu überzeugen ist. Was ist mit deinem Sinn für Mysterien, für Fantasie geschehen?«
    »Nein«, sagte ich, »das ist nicht im geringsten komisch. Wenn Mysterien und Fantasie mich interessierten, wäre ich Physiker geworden. Ich bin Lyriker, weil ich sehr profan bin. Gut bin ich nur bei dem, was ich schmecken und sehen und hören und riechen und fühlen kann.«
    »Oh, jetzt geht der Scheiß wieder los, verdammte Pamela Paradox …«
    »Das ist keineswegs paradox, Oliver.«
    »Deshalb bist du also hergekommen, ja? Bloß um uns alle mit kaltem Wasser zu überschütten? Bloß um dir ins dreckige Fäustchen zu lachen? Wenn du es schon nicht ernst nehmen kannst, warum versuchst du dann, unser Glück zunichte zu machen?«
    »Aber natürlich nehme ich es ernst. Ich nehme es sogarsehr ernst. Jane ist meine Patentochter, und Davey ist mein Patensohn. Ob ihr’s glaubt oder nicht, das nehme ich sehr ernst. Wirklich sehr ernst.«
    »Gut, aber warum …«, hob Rebecca an, wurde aber von Anne unterbrochen.
    »Ich läute nach Podmore«, sagte sie. »Es wäre mir lieb, wenn wir nichts sagen, solange er im Zimmer ist.«
    Wir verharrten in gezwungenem Schweigen, während Podmore das Geschirr abräumte und den Hauptgang servierte. Ich trank zwei große Gläser Wein aus. Mir war heiß und unbehaglich. Oliver, mir gegenüber, schüttelte abwechselnd mitleidig den Kopf und funkelte mich an. Ich war gerührt, als er gesagt hatte, daß er mich liebte.
    Michael drehte mit gerunzelter Stirn am Stiel seines Weinglases. Ab und zu warf er mir kleine, verwirrte Blicke zu. Simon war knallrot und beklommen. Max, Mary, Rebecca und Patricia hatten die Reihen fest geschlossen und zwitscherten über Wetter und Politik daher. Jede besonders dümmliche Bemerkung schien absichtlich in meine Richtung adressiert zu sein, als wolle man mich auffordern, ihrer Einheitsfront entgegenzutreten. Es war wie in der Schule, wenn alle einen schnitten.
    Endlich verschwand Podmore. »Sekundanten beiseite«, sagte Oliver. »Zweite Runde.«
    »Tedward«, sagte Michael und säbelte auf eine Röstkartoffel ein. »Ich verstehe das nicht. Du bestreitest alles? Alles, was ich dir erzählt habe?«
    »Das ist keine Frage des Bestreitens, Michael. Ich bestreite nichts von dem, was du über deinen Vater gesagt hast. Ich bestreite nichts von dem, was du …«
    »Holla, holla!« sagte Oliver. »Bloß einen Molly Moment. Michaels
Vater

    Ich sah zu Michael hinüber, der die Schultern zuckte undsein Einverständnis nickte. Ich erzählte die Geschichte von Albert Bienenstock und seinen Pferden und Benko, seinem Burschen. Rebecca oder Anne war das natürlich nicht neu, aber allen anderen. Selbst Simon war überrascht.
    »Na, da hast du’s doch!« sagte Patricia und knuffte mich. »Es ist vererbt worden. Hat eine Generation übersprungen. Die ganze Sache ist vererbt worden.«
    »Oh, das bezweifle ich auch gar nicht«, sagte ich. »Da bin ich mir sogar sicher.«
    »Ja, woran
zweifelst
du denn dann, um Himmels willen?« wollte Oliver völlig frustriert wissen.
    »Paßt auf«, sagte ich, »ihr könnt genausogut alle den Grund erfahren, warum ich hier bin. Ich wurde darum gebeten.«
    »Gebeten?«
    »Von Jane. Sie ist mir vor ein paar Wochen in London in die Arme gelaufen. Sie erzählte mir … also, eigentlich hat sie mir nicht viel erzählt. Sie erzählte, ihre Leukämie sei verschwunden, und einen Monat zuvor habe in Swafford, während sie hier gewohnt hatte, eine Art Wunder stattgefunden. Mehr hat sie nicht gesagt. Den Rest sollte ich selbst herausfinden.«
    »Haste ja auch.«
    »Hab ich ja auch.«
    »Und wo liegt das Problem?« fragte Michael.
    »Es gibt kein Problem«, sagte ich. »Nicht die Spur eines Problems.«
    »Aber Davey?« sagte Oliver. »Was hältst du von David?«
    »Willst du das wirklich wissen?«
    »Ja!«
kreischte Oliver.
    »Ruhig, Oliver, ruhig«, sagte Michael.
    Ich hatte gewisses Verständnis für Olivers hysterischen Tonfall. Ich bemühte mich, so sachlich und leidenschaftsloszu klingen wie nur möglich. Ich hatte keine Ahnung, wie man auf das reagieren würde, was ich zu sagen hatte.
    »Ich glaube, Davey …«
    Die Tür öffnete sich.
    »Was ist denn, Podmore?« fragte Anne mit für sie ungewöhnlicher Schroffheit.
    »Ich bitte um

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