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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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wünschte, Jane wäre da. Ich wünschte, ich wäre wieder in London. Ich wünschte, ich wäre nicht so alt, so verwirrt und so verärgert. Zumindest gab es Whisky. Eine Flasche, mehr verlangte ich ja gar nicht, eine volle Flasche …
    Als ich durch die Dampfwolken zu den Engeln hochlinste, die aus ihrem
Trompe-l’œil-Himmel
auf mich herabschauten, stieg irgendwo in meinem Hinterkopf ein kleiner Gedanke auf wie eine Blase Sumpfgas. Ich ließ vor Überraschung mein Whiskyglas fallen. Andere Gedanken stiegen an die Oberfläche, jeder erhellte den nächsten auf seinerLeuchtspur wie Irrlichter. War das wirklich möglich? fragte ich mich. Führte dieses plötzliche Zickzack des Lichts irgendwohin, oder paßte hier eher die Parallele vom Ignis fatuus, und all die aufsteigenden Gedanken bildeten bloß eine falsche Fährte in den Sumpf hinein? Hm …
    Ich streckte einen Arm nach dem Telefon aus, das griffbereit in einer Nische neben der Wanne stand.

NEUN
     
     
    Podmores Filzhammer gongte das Gesprächsende ein. Ich legte den Hörer auf und hievte mich aus der Wanne. Vor Jahren habe ich – und Sie können das vielleicht eines Tages gebrauchen – einen Trick entdeckt, wie man sich nach dem Baden schnell anziehen kann. Wenn man noch nicht ganz trocken ist, besteht das Problem ja darin, daß Hemd und besonders Socken anpappen und dann scheuernd über die Haut reiben. Sie gleiten nicht ohne weiteres: Bei dem Versuch, im feuchten, postbalnealen Zustand mit seinen Klamotten zu ringen, kann man sich eine Schulter verrenken oder einen steifen Hals zuziehen. Meine Entdeckung ist, daß die Anwendung eines guten, altmodischen Badeöls dieses Problem behebt. Die Haut wird so weich und glatt wie die eines Seehunds, und Hemd und Halbhose des Herrn springen praktisch vom Boden auf und schmiegen sich in freudigem Handumdrehen um ihn herum.
    Ich sah mich also imstande, gelassen in meine Unterwäsche zu schlüpfen und vor dem Spiegel zu stehen, wo ich mir den wohlgerundeten Bauch tätschelte, während ich die kleinen Besorgungen durchging, die noch vor dem Essen zu erledigen waren. Schon zwei wichtige Besuche würden …
    Ich wurde von Stöhnen und Keuchen abgelenkt, das aus dem Fuseli Room nebenan durch die Wand drang, wo Oliver einquartiert war. Ich zog mich fertig an, kämmte mich und trat auf den Korridor. Oliver kam zur selben Zeit heraus. Schuldbewußt sah er auf seine Zimmertür.
    »Ted, du Doppelbiest. Hast du eben zugehört?«
    »Zugehört? Wobei?«
    »Ich fürchte, Mutter gönnte sich einen Quickie aus dem Handgelenk. Ich bin ein lauter Liebhaber, wenn ich selbst im Mittelpunkt stehe.«
    »Mein lieber alter Oliver«, sagte ich. »Wenn mein Leben mal so sinnentleert ist, daß ich nichts Besseres mehr zu tun habe, als einem alten Mann beim Wichsen zuzuhören, dann jage ich mir eine Kugel durch den Kopf.«
    Aber ich hatte natürlich zugehört. Männer machen so was. Oben an der Treppe schied ich von Oliver.
    »Muß noch mal kurz zurück und was nachsehen«, sagte ich. »Hab, glaub ich, meine Rothies im Zimmer vergessen.«
    Ich eilte zurück durch den Korridor und zu dem Gang, wo die Kinder schliefen. Nachdem ich Clara einen Besuch abgestattet hatte, ein ergiebiges Gespräch, glitt ich die Treppe hinab und durch die Eingangstür hinaus. Ich sauste über die Einfahrt, hechelte wie ein Hund an heißen Tagen, überquerte den Vorderrasen, umging die Westauffahrt und erreichte den Park von der Seite. Schließlich wollte ich nicht noch einmal durch den verdammten Begrenzungsgraben klettern. Der Himmel verdunkelte sich kohlrabenschwarz, als sich neue Sturmwolken sammelten, aber obwohl das Licht für einen Juliabend düster war, konnte man doch noch gut sehen. Sorgfältig suchte ich mir einen Weg durch die einzelnen Haufen Pferdeäpfel, zuversichtlich, daß Tubby die Pferde in Anbetracht des schlechten Wetters in die Ställe gebracht hatte und kein losgelassener Hengst mich vergewaltigen oder niedertrampeln würde. Ich fand, wonach ich gesucht hatte, und bückte mich, um es genauer in Augenschein zu nehmen. Zufrieden grunzend richtete ich mich wieder auf und kehrte ins Haus zurück.
    Nur Max, Mary, Michael und Oliver waren im kleinen Salon, als ich dort ankam. Michael und Mary saßen aufeinem Sofa in der Ecke und unterhielten sich ruhig, während Oliver am Getränketablett den Vorsitz hatte.
    Max sah aus dem Fenster. Es ging in Richtung der Villa Rotonda und des Sees dahinter, und daher wußte ich, daß er nicht gesehen haben konnte, wie

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