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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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ich den Vorderrasen überquert hatte.
    »Simon hatte recht«, teilte er dem Zimmer mit. »Da ist noch mehr Sturm im Kommen.«
    »Joujou, dat Landvolk, woll, dat weiß, wat Sache is«, krächzte Oliver.
    »Das ist der schlimmste Norfolker Dialekt, den ich je gehört habe«, sagte ich.
    »Dann hast du noch keine echten Norfolker reden hören, Schatz. Deren Dialekt ist noch
viel
weniger überzeugend als meiner, das kannst du mir glauben. Darf ich dir ’n Whisky einschenken?«
    »Je größer, desto besser«, sagte ich.
    Ich ging zu dem Sofa, auf dem Michael und Mary saßen.
    »Aber Michael,
alle
sollten es wissen«, sagte sie.
    »Mary, glaub mir, ich bin entzückt. Entzückt. Das reicht doch wohl.«
    »Aber Michael, findest du nicht, daß es deine Pflicht ist? Ich meine, diese Gabe ist doch ganz bemerkenswert, etwas, das
genutzt
werden muß.«
    Ich stellte mich hinter das Sofa, wollte sie nicht unterbrechen.
    »Ich weiß nicht, Mary, ich weiß einfach nicht. Schau mal, Annie mag es nicht …«
    »Was mag Annie nicht?« sagte die in Rede Stehende von der Tür her. Das verdammt schärfste Gehör, dem man je begegnet ist.
    Die Pause dauerte Bruchteile von Sekunden – zu kurz für die Geschworenen, um etwas hineinzulesen, aber langgenug, um Michael peinlich zu sein –, bis Oliver ihm zu Hilfe kam.
    »Woddie, Schatz, den magst du nicht. Du bist ein Ginmädchen. Woddie macht dich grantig. Also gieß ich dir eine volle Jilly Gill der lieblichen Jenny Gin ein.«
    »Danke, Oliver.«
    Anne warf mir einen bittenden Blick zu, den ich nicht zu deuten vermochte. Sie wies in eine Zimmerecke, weit weg von den anderen. Dort gesellte ich mich zu ihr, und wir taten so, als betrachteten wir ein Oakshett-Acrylporträt der Loganfamilie.
    »Ich war gerade bei Davey«, sagte sie mit unterdrückter Stimme. »Was ist mit ihm los?«
    »Ach«, sagte ich. »Bißchen fertig, das ist alles. Ich kann’s dir genausogut gleich sagen, daß er … er hat sich heute Nachmittag mit Clara getroffen.«
    »O nein.«
    »Sie wurden vom Regen überrascht. Beiden geht’s gut. Bloß ein bißchen müde. Ach übrigens, Max glaubt, Clara gehe es insgesamt viel besser.«
    »Wirklich?« Annie schüttelte traurig den Kopf. »Davey erwähnte etwas von einem Streit mit Simon, aber mehr wollte er nicht verraten. Was war denn los?«
    »Mach dir doch nichts vor, Anne. Sträuben ist zwecklos. Der Junge ist ein Wundertäter. Daran besteht überhaupt kein Zweifel. Findest du nicht auch?«
    Sie wollte etwas sagen.
    »Findest du nicht auch?« wiederholte ich langsam.
    Sie sah mich an und holte Luft.
    »Oh, Ted!« flüsterte sie. »O Ted, du bist einfach großartig!« Sie zog mich am Ärmel wie ein Kind. »Ich wußte, daß ich mich auf dich verlassen kann. Ich wußte es!«
    »Auf Ted verlassen?« Olivers Stimme überrumpelte uns.»Das finde ich einigermaßen unglaublich«, sagte er und präsentierte Annie ihren Gin.
    »Ted ist ein Engel und hat gerade versprochen, daß er die Zwillinge morgen nach Brockdish zu einem Ballonflug mitnimmt«, sagte Annie fröhlich. »So lieb von ihm.«
    »Ballonfahrer in Brockdish? Die nähen das eine Ende von Teds Hose zusammen und füllen sie dann mit heißer Luft, ja?«
    »Nein, Oliver«, sagte ich. »Sie nehmen eine lebensgroße Nylonkopie deines Egos und bitten dich, sie mit irgendeinem Thema vollzuquatschen. So läuft das.«
    »Esprit ist nicht gerade deine starke Seite, Liebling«, sagte Oliver. »Einfach ein bißchen zu schwerfällig, weißt du.«
    Rebecca, Patricia und Simon kamen als letzte, Patricia lächelte mich verstohlen an, als sie hereinkam. Sie hat sich mein Angebot überlegt, dachte ich. Wie entzückend.

II
     
     
    »Wir sollten heute abend eigentlich zwölf Personen beim Essen sein«, verkündete Annie, als wir ins Eßzimmer schritten. »Aber Jane ist noch nicht angekommen, und Davey und Clara sind früh ins Bett gegangen. Also werden Max, Oliver, Mary und Simon auf der Seite sitzen und Rebecca, Ted und Patricia auf dieser.«
    »Es ist dunkel wie im Winter«, sagte Michael und schloß die Fensterläden.
    »Gemütlich«, sagte Oliver.
    »Bedrückend«, sagte ich.
    Der erste Gang war geräucherte Gänsebrust, und die Konversation lief glatt, bis Patricia fragte, ob Lilac noch gesund und munter sei.
    »Es geht ihr gut«, sagte Simon. »Alles okay.«
    »Wirklich wunderbar«, sagte Patricia. »Ich meine, der Tierarzt war sich doch so absolut sicher, oder nicht? Kreuzkrautvergiftung. Ich hab’s in der Bibliothek nachgeschlagen. Das

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