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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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betrifft, ist das ein Wunder.«
    Mary sah zu Simon hinüber.
    »Hört mal …«, sagte er. Große Tränen rollten ihm über die Wangen. »Bitte … bitte seid nicht böse auf Davey. Er hates nur gut gemeint. Er wollte doch bloß helfen. Er ist nicht schlecht oder so was. Er ist echt bloß ein bißchen verwirrt.«
    Annie streichelte ihm den Arm.
    Oliver zitterte jetzt. »Was ist denn bloß los mit euch?« rief er. »Das Wichtigste von allem hast du nicht erklärt: Jane. Kannst du auch nicht, oder?«
    Ich hob bedauernd die Schultern. »Remissionen kommen nun mal vor, Oliver«, sagte ich.
    »Remissionen kommen nun mal vor! Brotlaibe verwandeln sich manchmal in Fische. Tote lernen manchmal gehen. Scheiß auf ›Remissionen kommen nun mal vor‹!«
    »Über Jane kann ich euch alles sagen«, sagte Michael mit so belegter Stimme, daß alle sich ihm zuwandten. »Bex, es tut mir furchtbar leid. Der Telefonanruf vorhin. Jane ist gestorben. Im Krankenhaus. Im Schlaf. Ich mußte warten, bis ich gehört hatte, was Ted sagen wollte.«
    Ich starrte in mein Weinglas. Ich glaube, irgendwie war mir klargewesen, daß etwas nicht stimmte. Wenn ich an die schrillen, grellen Sätze dachte, mit denen sie ihren letzten Brief beendet hatte. »Lächle! Wir werden geliebt. Wir werden geliebt. Alles wird wundervoll ausgehen. Alles leuchtet. Alles ist, wie es nur sein kann und sein soll.« Einfältiges Kind.
    »Gehen wir nach nebenan«, sagte Anne. »Ich glaube, keiner möchte mehr etwas essen.«
    Schweigend erhoben wir uns von der Tafel und schritten in den Salon. Michael tröstete Rebecca, die an seiner Schulter schluchzte, und ich legte einen Arm um Patricia.
    Merkwürdigerweise machte ich mir Vorwürfe, als hätte ich, indem ich Daveys Bann brach, Janes Tod und den plötzlichen Kummer im Haus verursacht. Wir saßen auf den im Kreis aufgestellten Sofas und starrten düster die große Ottomane in der Mitte an, um uns zu ersparen, den anderen in die Augen sehen zu müssen. Mit dem ums Haus peitschendenWind und dem auf die Fensterscheiben prasselnden Regen ähnelte unsere zusammengedrängte Gruppe verängstigten Höhlenmenschen, die sich ums Feuer scharen.
    »Sie hatte heute morgen einen Rückfall«, sagte Michael endlich. »Sie hat es für einen Irrtum gehalten. Sie hat den Ärzten bis zuletzt erzählt, es gehe ihr prima und sie müsse nach Norfolk fahren. Sie ist heute abend um zehn vor acht gestorben.«
    Zehn vor acht. Genau der Augenblick, als mir die Whiskyflasche im Eimer durch den Kopf schoß. Ach, halt doch den Rand, sagte ich mir. Reiß dich zusammen.
    »Und die ganze Zeit«, sagte Michael, »die ganze Zeit dachte sie, sie sei gesund. Hat nie Lebewohl gesagt, weil sie dachte, sie sei geheilt.«
    »Aber
ich
!« sagte Oliver und konnte es nicht länger für sich behalten. »Was ist mit mir? Ich bin doch geheilt, oder nicht?«
    »Ach, Oliver«, sagte ich. »Hast du deine Tabletten wirklich weggeworfen?«
    »Ich brauch sie nicht. Ich
brauch
keine verdammten Tabletten. Kannst du das nicht begreifen?«
    »Warum hast du dann heute abend in deinem Zimmer vor Qualen geschrien?«
    »Ich habe nicht vor Qualen geschrien, ich habe …«
    Armer alter Kerl.
    »Ich habe vor Qualen
geächzt
«, sagte er endlich in dem Versuch, seine Würde zu wahren. »Das ist ein großer Unterschied.«
    »Ich schicke jemanden nach Norwich, der dir Tabletten besorgt«, sagte Michael.
    »Es ist bloß eine Angina«, sagte Oliver, »wenn ich mir genug Wodka reinkippe, um den Schmerz zu betäuben, kann das bis morgen früh warten.«
    Annie schlüpfte aus dem Zimmer, und Oliver sah mit geröteten Augen zu mir hoch.
    »Warum, Ted? Warum mußtest du alles verderben? Es hätte wahr sein
können
. Warum konntest du es nicht wahr sein lassen?«
    »Ach, Oliver, ich weiß nicht. Du bist der Priester, nicht ich. Gibt es da nicht etwas in der Art, daß der Mensch seine Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen soll?«
    »Aber es war eine so schöne Vorstellung. Sie gab uns Hoffnung.«
    »Glaub doch nicht«, sagte ich, »bloß weil du nicht durch Handauflegen oder das Einspritzen heiligen Samens geheilt werden kannst, daß das Leben und die Welt deswegen gleich hoffnungslos sind. Wenn du über den Akt der Gnade sprechen willst, warum sprichst du dann nicht über Simon?«
    »Ach, bitte …« Simon stand auf. »Onkel Ted, es wäre mir wirklich lieber, wenn du aufhören würdest, so über mich zu reden. Bitte.«
    Ich winkte ihm zu.
    »Tut mir leid, alter Knabe. Es muß dich sehr belastet

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