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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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daß man die Sekunden genau zählen konnte, wenn man zwischen zwei Zahlen immer das Wort »Alligator« einschob.
    »Zehn Alligator, neun Alligator, acht Alligator, sieben Alligator, sechs Alligator …«, sagte David bei sich.
    Simon nahm die Hände von den Ohren.
    »Dad!« sagte er vorwurfsvoll. Er hatte erst in diesen Ferien von Daddy zu Dad gewechselt und gefiel sich dabei, das neue Wort so oft wie möglich zu benutzen.
    »Seht ihr?« Lord Logan hüpfte vor Vergnügen auf und ab.
    In welchem Winkel sie auch zur Uhr standen, es bestand kein Zweifel mehr daran, daß es jetzt deutlich eine Minute nach zehn war.
    »Aber ich
mochte
das Schlagen«, sagte Simon.
    »Ja, versteht ihr denn nicht? Wir haben einen Mechanismus eingebaut. Tagsüber schlägt sie weiterhin, aber nicht nach Einbruch der Dunkelheit.«
    »Klasse! Das ist klasse, Daddy!«
    »Jemand mußte ja was machen. Die Zwillinge sind pünktlich zu jeder vollen Stunde aufgewacht.«
    »Wem sagst du das, Dad«, sagte Simon. »Du weißt doch, mein Zimmer liegt auf demselben Flur.«
    »Ja, richtig«, sagte Lord Logan, stand auf und klopfte sich mit dem Handrücken die Knie ab. »Da ist noch etwas.Komm, David, du bist nicht zu schwer … hepp!« David sprang seinem Vater auf die Schultern, und sie gingen zum Haus zurück. »Jetzt, wo du dreizehn bist, Simon, sollten wir dich aus dem Kinderzimmer rausholen und dir ein ordentliches Schlafzimmer besorgen, findest du nicht?«
    »Oh, Mann«, sagte Simon.
    »Ich meine, wenn du Weihnachten zu den Schützen gehörst.«
    »Daddy!« Simon trat vor Begeisterung nach Kieselsteinen. »O Mann, Mannomann!«
    Lord Logan rückte David im Huckepack zurecht.
    »Puh! Ich werd langsam zu alt für so was, Davey.«
    Aber David wußte, daß er, obwohl er bald zwölf wurde, klein und leicht war für sein Alter und daß sein Vater ihn, ohne zu murren, fünf Meilen weit hätte tragen können.
     
    Vierzehn Tage später lag David auf seinem Bett und starrte an die Decke, genauso wie in der vorigen Nacht. Die vorige Nacht war der Weihnachtsabend gewesen, wenn alle Kinder wach liegen, um ihre Väter zu überraschen. Obwohl Simon behauptete, daß Lord Logan gar nicht selbst kommen würde.
    »Podmore muß sich umziehen und sie in unsern Zimmern abladen.«
    »Nein, ich wette, es ist Daddy. Dem macht das Spaß.«
    David hatte es nicht geschafft, lange genug wach zu bleiben, um das herauszufinden. Aber heute nacht würde er auf jeden Fall wach bleiben. Er mußte einfach.
    Der nagelneue Wecker, ein Weihnachtsgeschenk von Tante Rebecca, tickte auf seinem Nachttisch.
    Halb zwei.
    Das wichtigste war, daß die Zwillinge nicht wach wurden. Die waren jetzt ein gutes Jahr alt und hatten, nachdemdie Stalluhr zum Schweigen gebracht worden war, angefangen durchzuschlafen, wie das Kindermädchen es nannte. Aber bei den Zwillingen wußte man nie. Die waren immer imstande, Lärm zu machen. Damit sie besonders müde würden, hatte David am Vorabend eine Stunde damit verbracht, sie in ihren Bettchen zu vergnügen. Er hatte Grimassen gezogen und mit Buntstiften Bilder für sie gezeichnet, Lieder gesummt und war wie blöde durchs Zimmer gehopst, bis die Zeit für den Gutenachtkuß gekommen war.
    »Sie wirken so erhitzt, Sheila.«
    »Ja, Lady Anne. David hat sie aufgeregt.«
    »Davey?«
    »Ich hab ihnen bloß was vorgelesen, Mummy.«
    »Aha. Komischer Junge. Macht nichts, dann schlafen sie wenigstens. Nicht wahr, meine Lieblinge? Gute Nacht, Edward. Gute Nacht, James.«
    Viertel vor zwei.
    David stand auf, zog eine dunkelbraune Kordhose über seinen Schlafanzug und schlüpfte in den marineblauen Rollkragennicki, den er in der Schule beim Sport trug, schließlich noch eine Wollmütze und schwarze Turnschuhe, auch aus der Schule.
    Als er sich im Spiegel sah, überlegte er, ob er sein Gesicht mit Schuhcreme einschmieren sollte, entschied sich aber dagegen. Es wäre einfach katastrophal, wenn er sie nicht wieder abkriegte und am nächsten Morgen alle die Spuren sähen.
    Zwei Uhr.
    Er sah aus dem Fenster. Immer noch trocken. An sich eine klare Nacht, fast kein Nebel. Das bedeutete ordentlich harten Frost, und das bedeutete keine Fußabdrücke. Gott war auf seiner Seite. Gott und die Natur.
    David ging zum Bett zurück, schüttelte ein Kopfkissenaus dem Bezug, legte diesen sauber zusammen, schob ihn sich unter den Nicki und befestigte ihn unter dem Gummiband von Schlafanzug und Hose.
    Er ging zur Tür und schlich hinaus auf den Flur.
    Die gegenüberliegende Tür zum Zimmer der

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