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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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atmete tief durch, mußte aber trotzdem sein Gesicht in der Armbeuge verbergen, um das Geräusch trockenen Würgens zu ersticken. Nach einer Weile stand er auf und wischte sich die Tränen aus den Augen.
    Am hinteren Ende der Küche befand sich eine Tür, die zur Waschküche und zu den Vorratskammern führte. David ging hinüber und knipste das Licht an.
    Die Anlage des Kühlraums summte, vom anderen Ende des Korridors kam eine große schwarze Katze auf ihn zu und dehnte beim Gehen die Beine.
    »Pst!« sagte David.
    Die Katze schmiegte sich an seine Beine und fing zu schnurren an.
    »Na, dann komm«, sagte David, und die Katze begleitete ihn zur Speisekammertür.
    Das zweite Regal der Speisekammer enthielt, ordentlich aufgereiht, Zucker, Mehl, Backpulverdosen, Hefepackungen, Gelatinebeutel, Gewürze, Tortendekorationen und Kartons mit Succade und Zitronat, alles in riesigen Großhandelspackungen. Auch Servietten für Kindergeburtstagegab es da, Schachteln für Baisergebäck, Konfettitüten, Geleeschalen aus Wachspapier und Keksdöschen für Spielzeugläden.
    David zog den Kissenbezug unter seinem Nicki hervor und begann ihn zu füllen. Für die Katze legte er ein Stück kandierte Angelika auf den Boden, aber die schnupperte nur, hob eine Pfote und stolzierte voller Ekel hinaus.
    Als der Bezug mit den richtigen Sachen voll war, verließ David die Speisekammer, schaltete das Licht im Gang aus und ging zurück in die Küche.
    Mit dem Bezug über der Schulter wie der Weihnachtsmann verließ er das Haus durch die Hintertür.
    Er ging durch die Nacht, vor Mund und Nase bildeten sich Kondenswölkchen. Er war glücklich und fühlte sich zum Bersten voll Energie und Vitalität.
    Das Nebengebäude, auf das er zustrebte, hatte einst zum Waschkomplex gehört und lag zwischen den Stallungen und dem Cottage des Wildhüters. Simon nannte es jetzt das »T und L«-Zimmer, für Treiber und Lader.
    Der Mond, der strahlend am sternenübersäten Himmel stand, schien auf die Tür und erleuchtete das eiserne Vorhängeschloß mit einem Silberschimmer. David holte den Schlüssel aus der Tasche und öffnete das Schloß.
    Weit entfernt im Gestrüpp und Unterholz regten sich Fasane in ihren Nestern. Kaninchen flohen vor belfernden Fähen, Eulen stießen auf umherhuschende Wühlmäuse herab, und hinten im Garten spielte die schwarze Katze, die, von David unbemerkt, mit ihm aus der Küche geschlüpft war, mit einer sterbenden Maus in den Pfoten.
    Auf einer Kiste mit der Aufschrift »Eley« saß David breitbeinig vor der Maschine. Er schob den Messinghebel zurück und summte eine Melodie vor sich hin, während er die Fußhebel bediente.

II
     
     
    Simon sprang gleichzeitig mit Soda, seiner Spanielhündin, aus dem Range Rover und suchte in den Treibermassen nach seinem Bruder. Endlich sah er David ein Stück abseits stehen, wie er einem Labrador über den Kopf strich. Auf einen Pfiff von Henry, dem Burschen des Wildhüters, drehte der Hund sich um und rannte zur Gruppe der Hundeführer, die sich auf den Aufbruch vorbereitete. David, der Gesellschaft beraubt, sah in Simons Richtung hoch. Sofort tat Simon so, als suche er den Himmel ab und schnuppere den Wind.
    Vor ihm lag das Schußfeld, ein langer Streifen, begrenzt von Buchen, Eichen und Ulmen. Simon schloß sein Gewehr, brachte es an der Schulter in Anschlag und zielte in die Luft über den Bäumen.
    »Peng!« flüsterte er. »Peng!«
    Eine riesige Hand legte sich auf seine Schulter. »Willst du gut als Waidmann werden, kann so manches dich gefährden. Niemals richte bloß zum Spaß …«
    Simon fiel ein: »… dein Gewehr wem auf die Nas. Mußt du Hecken überklettern, magst du ob der Pause wettern, doch ist raus erst die Patrone, dann ist Sicherheit dein Lohne.«
    Lord Logan nickte.
    »Tut mir leid, Dad«, sagte Simon und kippte sein Gewehr ab. »Ich wollte bloß … na ja.«
    Sein Vater zuckte schmunzelnd die Achseln. Verschwörerisch sah er über die Schulter und zog einen Taschenflakon aus dem Mantel. »Chivas Regal«, sagte er. »Aber nur einen Schluck. Und sag deiner Mutter nichts davon.«
    Der Whisky brannte Simon in der Kehle, und Tränen traten ihm in die Augen.
    »Puh!« sagte er. »Danke, Dad.«
    Lord Logan schraubte den Deckel wieder zu und sah auf Simons Hündin hinab. »Whisky mit Soda«, sagte er und zwinkerte.
    Simon lachte. Er war heute der einzige Schütze mit eigenem Hund: Alle anderen mußten sich auf die Vorstehhunde verlassen, um das von ihnen erlegte Federwild zu

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