Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
und hechelte leise mit heraushängender Zunge. Ruhe senkte sich über sie.
    Simon flüsterte sich weiter den »Rat eines Vaters« vor.
    »Halt den Mund und bleib still stehen, Wild kann hören, Wild kann sehen. Gier nicht, lieber unlädiert laß den Vogel als halbiert.«
    Ein Fasanenhahn stolzierte aus dem Wäldchen ins Schußfeld auf sie zu und gackerte laut. Jemand lachte.
    Simon griff in die Tasche und holte zwei Patronen heraus.
    »Wenn vor deines Nachbarn Nest ein Fasan sich sehen läßt, laß von der Maxim’ dich leiten: Nie die Linie überschreiten!«
    Der Fasan kam weiter durch den Streifen und ruckte mit dem Hals blasiert vor und zurück.
    Simon schob die Patronen in die Läufe und schloß die Flinte.
    »Treiber bleiben ungesehen oftmals hinter Büschen stehen. Ruhig stets und wachsam bleib, nie schieß bloß zum Zeitvertreib.«
    Der fröhliche Lauf des Fasans verlangsamte sich. Voller Zweifel spähte er umher und schien langsam eine Reihe rosiger Gesichter wahrzunehmen, braunen, grünen und rostroten Tweed und funkelnden, auf ihn gerichteten Waffenstahl. Er hielt im Stolzieren inne und reckte den Hals in glotzender Ungläubigkeit, die Simon an den schielenden Barkeeper in den Laurel-und-Hardy-Filmen erinnerte.
    Simon atmete heftig durch die Nase und schluckte.
    »Magst du fehlgehn, magst du töten«, flüsterte er sich zu, »ist die Einsicht stets vonnöten: Die erlegten Vogelquoten lohnen keinen einz’gen Toten.«
    Der Fasan warf einen Blick zurück ins Gehölz, das er gerade verlassen hatte. Simon dachte, dem Vogel schwane etwas. Mit einem aufsteigenden, ermutigenden Ton in der Kehle, als wolle er seiner Familie und seinen Freundenhinten im Wald ein verzweifeltes Warnsignal schicken, stieg der Fasan in die Luft.
    In dem Moment brachte Lord Logan ein silbernes Horn an die Lippen und stieß hinein. Tief im Wald erklang ein mächtiges Gebrüll, und die Treiber begannen zu stampfen und auf den Boden zu schlagen.
    Simon leckte sich die Lippen, stieß seine Füße in eine feste Zwei-Uhr-Stellung und verlagerte das Gewicht aufs Vorderbein. Sein rechter Daumen entsicherte das Gewehr. Die anderen Schützen erhoben sich von ihren Sitzstöcken. Soda setzte sich auf.
    Plötzlich war die Luft angefüllt mit Schwadronen aufsteigender Fasane. Wie heiseres Husten ertönten überall Gewehrschüsse, und Rauchwölkchen erblühten in der Luft.
    Im Kopf war Simon das so oft durchgegangen. Die Vögel stiegen steil auf, um über die Bäume hinwegzusetzen, was die Position der Schützen bestimmte. Aber sie kamen so schnell: drei- oder vierhundert auf einmal. Als Simon sie sichtete, waren sie schon direkt über ihm. Er folgte einem Vogel aus der Deckung nach oben und schoß den ersten Lauf ab, kurz bevor sein Gewehr die Senkrechte erreichte. Er senkte das Gewehr auf fünfzig Grad, nahm einen weiteren Vogel ins Visier und schaffte es erneut zu feuern, wobei er auf den Schnabel zielte.
    Er hatte sein Gewehr gebrochen und wollte gerade mit fahrigen Bewegungen nachladen, als ein Ruf aus dem Wald scholl.
    »Ruhig, Jungs: halt, halt! Wartet mal!«
    Die letzten paar Fasane flatterten vorbei, und Simon hörte Echos der letzten Salven, die von den Fenstern und Ziegelmauern des eine halbe Meile hinter ihnen liegenden Hauses zurückgeworfen wurden. Die erste Welle hatte vielleicht vierzig Sekunden gedauert, und er hatte es gerademal geschafft, seine beiden Läufe abzufeuern. Conrad hatte vierzehn Schüsse abgegeben. Bellen und Kläffen ertönte zwischen den Bäumen.
    »Such, Soda!« rief Simon. »Such, Mädchen!«
    Soda lief los und sauste ins Gehölz: Simon glaubte mit dem zweiten Schuß einen Vogel erlegt zu haben. Soda hatte es bestimmt gesehen.
    Ein Ruf erklang.
    »Seht! Seht doch!«
    Als der Gewehrrauch sich langsam verzog, sah Simon, daß die Luft vor ihnen anscheinend voll fallender Blütenblätter war. Die Hundeführer standen verwirrt da, ihre Hunde umkreisten sie und winselten im sie umgebenden bunten Wirbelsturm.
    Hinter sich hörte Simon die Stimme von Tante Rebecca. »Das ist … meine Güte … das ist ja
Konfetti

    »Bravo! Reizend!« sagte Onkel Ted.
    »Schöner Mist!« sagte Conrad.
    Soda trottete mit einem Fasan im Maul aus dem Gebüsch und ließ ihn zu Füßen ihres Herrchens fallen.
    Simon sah angewidert hinab. »Das ist ein Geflügelter«, sagte er. Der Vogel lebte noch, sein Schnabel öffnete und schloß sich, seine krummen, gerunzelten Beine scharrten ungestüm. Simon hob ihn auf und drehte ihm den Hals um, bis

Weitere Kostenlose Bücher