Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
apportieren. Soda gehörte Simon, und sie würde ihm seine Beute persönlich bringen.
    »Wir lösen acht Stände aus und gehen zu zweit!« rief Henry.
    Lord Logan sah in Richtung des Schußfeldes, wo die Auslosung stattfand. »Hast du gezogen?« fragte er.
    Simon schüttelte den Kopf.
    »Gut«, sagte sein Vater. »Laß es. Sollen die alten Kämpen es unter sich ausfechten, was? Wir postieren dich hinter Conrad.«
    Simon sah enttäuscht drein. »Aber ich will an die vorderste Front!«
    »Conrad ist ein lausiger Schütze. Da bist du gut aufgehoben.« Lord Logans Mund verzog sich in dem besonderen Widerwillen, den er für Heulsusen und Jammerlappen aufsparte.
    Simon wurde rot. »Danke, Dad.«
    »Also dann. Möge die Schlacht beginnen.«
    Simon blieb ein paar Schritte zurück, um den Eindruck beobachten zu können, den sein Vater bei den anderen hervorrief, als er sich jetzt zur großen Schützengruppe gesellte. Männer und Frauen wichen mit verstohlen in seine Richtung gleitenden Augen zurück. Alle lächelten. Simon wußte, daß einige von ihnen grinsten, weil sein Vater solachhaft perfekt gekleidet war, die blitzenden Purdey-Gewehre, das funkelnagelneue Leder, der perfekt sitzende Hut von Lock’s, die Pulswärmer, der Patronengürtel, der maßgeschneiderte Tweedrock und die hautengen Gamaschen, die sich unterhalb seines breiten Rumpfs verjüngten – dunkle Strümpfe über Beinlingen. Dad wußte das auch, und es war ihm egal. Er wollte von allem das Beste, das sagte er oft genug. Mummys Freunde und Verwandte trugen schäbigen alten Tweed und schmutzige Stiefel und waren auch noch stolz darauf. Dad ließ sie lächeln. Er wußte, daß sie auch aus anderen Gründen lächelten.
    David war mit den anderen Treibern in das Wäldchen hinter dem Schußfeld gegangen. Die Schützen und Lader, ausnahmslos Männer, nahmen ihre Positionen ein, zwei pro Schießstand. Simon ging zu einem der Lader.
    »Bleib man hier; bloß ’n paar Schachteln«, sagte er.
    Die Erwachsenen hatten jeder einen Lader und zwei Flinten, so daß sie mit der einen weiterschießen konnten, während die andere geladen wurde. Simon hatte zwei 12er-Schrotflinten, aber das eine war eine Bockdoppelflinte, ein Geschenk von Tante Rebecca, die als Frau keine Ahnung hatte, daß Bockflinten nicht angesagt waren; die taugten höchstens für Ausländer, bewaffnete Überfälle und Sonntagsjäger. Bei einer ordentlichen Schrotflinte mußten die Läufe nebeneinander liegen, das wußte doch jeder. Als ob das nicht schon schlimm genug war, hatte das Gewehr von Tante Rebecca ein Innenschloß statt eines Hahnschlosses, womit es endgültig unten durch war. Simon hatte es daher zu Hause gelassen, so schön und gut es für ein privates Probeschießen auch sein mochte. Er hoffte bloß, daß Tante Rebecca, die sich mit Onkel Ted und einigen Frauen und Zuschauern aus dem Dorf weiter hinten herumtrieb, nichts merkte. Simon hatte noch eine Schrotflinte, eine Vier-Zehner,mit der er aufgewachsen war und auf Krähen und Karnickel geballert hatte, aber nachdem er lange mit sich zu Rate gegangen war, hatte er sich entschieden, bloß seine zuverlässige alte Zwölfer-Flinte mitzunehmen und selbst zu laden.
    Er füllte die Taschen seiner Barbour-Jacke mit Patronenschachteln. Soda sprang um ihn herum und zeigte genau die Aufregung und Vorfreude, die Simon mühsam zu unterdrücken versuchte.
    Er sah seinen siebzehnjährigen Vetter Conrad, der Stand Nr. drei gezogen hatte, und stellte sich hinter ihm auf.
    »Ach du Scheiße«, sagte Conrad. »Stell dich bloß nicht hinter mich. Ich will nicht draufgehen.«
    Simon wurde rot.
    »Ich bin ein guter Schütze«, stieß er hervor.
    »Hast auch noch ’n verdammten Hund mitgebracht, ja? Also nicht, daß er mir in die Schußlinie läuft.«
    »Das wird sie nicht«, sagte Simon ungehalten.
    »Will ich ihm auch geraten haben.«
    »Pst!« Lord Draycott, ein älterer Herr weiter unten in der Reihe, funkelte Conrad unter einer ziemlich weit geschnittenen Schirmmütze an.
    Conrad schnaubte verächtlich. »Es geht um Fasane, Herrgott noch mal! Die sind so gut wie taub.«
    »Das hier sind Wildvögel, Conrad«, flüsterte der Mann neben Conrad, den Simon als Max Clifford erkannte, einen Freund seines Vaters. »Jagdvögel. Die sind schreckhaft. Nicht handzahm wie in Hampshire.«
    Irgendwie klang das Wort »Hampshire« in Max’ sanfter Stimme wie eine fürchterliche Beleidigung. Conrad wurde rot und wandte sich ab. Simon beruhigte sich. Soda saß brav neben ihm

Weitere Kostenlose Bücher