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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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würden all die Sünden der Welt verschwinden. Wenn wir nur alle die Hände erheben und sagen würden: »Ich bin schuld an all diesen Problemen«, dann gäbe es keine Probleme.
Simon ist dieses Semester zum Hauspräfekt geworden und ist unter den ersten XV, wir sind also alle sehr stolz auf ihn. Nach der Schule will er zur Armee gehen, aber Daddy möchte, daß er versucht, nach Oxford zu kommen. Ich weiß noch nicht, was ich machen möchte, aber auf keinen Fall zur Armee. Am allerliebsten, wirklich lieber als alles andere, möchte ich ein Dichter werden wie Du. Was sonst ist es schließlich wert, getan zu werden?
     
    Die Welt ist uns zu nahe; früh und spät;
    Im Tausch und Kauf ist unsre Kraft geschwunden.
    Nichts haben wir in dir, Natur, gefunden
    Wie feile Mitgift unser Herz verschmäht!
     
     
Mit den Hausaufgaben bin ich fertig und habe gerade eine fantastische Zeile in den
Vier Quartetten
gefunden, wo es darum geht, daß die Steine eines Gebäudes das Licht nicht zurückstrahlen, sondern geradezu
absorbieren.
Ich finde, das sagt sehr viel über die Liebe Gottes.
Ich hoffe, daß Du meine Liebe absorbierst, und danke Dir für ein wunderbares Geschenk.
Herzliche Grüße,
David
XXXX
     
     
    Ich tat mein Schlechtestes, mich zu erinnern, ob ich in dem Alter auch so ein Frömmler, so ein kleiner Scheißer gewesen war, dem man in einem fort nur die Fresse polieren wollte. Ich erinnerte mich, daß ich verbotenen Jazz gehört hatte und Leitern hochgeklettert war, um zu spechten, wie die Tochter des Hausvorstehers sich auszog. Ich erinnerte mich an alle Gefechte, Fürze und Fummeleien, die zu einer britischen Erziehung von Scheißhausstandard und Scheißhausqualität dazugehören. Ich erinnerte mich, daß ich über Ungerechtigkeit maulte, vor Leidenschaft jaulte und vor Einsamkeit faulte; ich erinnerte mich natürlich daran, daß ich Vorträge über Lyrik gehalten und versprochen hatte, die Dichter der Zukunft würden die Menschheit bei den Eiern packen und so übel zurichten, daß die gesamte menschliche Rasse um Gnade winseln würde. Aber so eine Hirnwichserei von wegen Gnade und Sünde? So ein Dünnsäureverklappenüber Wordsworths Sonette? Nicht daß ich wüßte. »Vorher hat der Bischof von St. Alban’s mit uns allen gesprochen und uns an die Feierlichkeit dieses Anlasses gemahnt«, meine Güte. Wollte der scheinheilige Laffe einen Brief an seinen Patenonkel schreiben oder einen Besinnungsaufsatz für die Schülerzeitung? »Am allerliebsten, wirklich lieber als alles andere, möchte ich ein Dichter werden wie Du.« Meinte er nun, daß er, wie ich, den Beruf des Dichters ergreifen wollte? Oder war er so ein Kriecher (und Idiot), daß er ein Dichter von meiner Sorte werden wollte? Beim kalten Christus und der verhedderten Dreifaltigkeit, was für ein Anus.
     
4 Butler’s Yard
St. James’s
LONDON SW 1
Lieber David,
welch ein bemerkenswerter Brief. Ich bin entzückt, daß mein kleines Geschenk so sicher ins Schwarze getroffen hat.
 
Auch ich fand es schade, daß ich bei Deiner Konfirmation nicht zu den Gästen zählen konnte. Ich erinnere mich der meinen mit außergewöhnlicher Klarheit. Chichester ist nicht gerade die schönste unter unseren großen Kathedralen – pummelig und häßlich wie eine Kröte, um die Wahrheit zu sagen –, aber geheiligt sei sie dem Gedächtnis. Der Gottesdienst fand an einem jener Nachmittage statt, die uns nur in der Vergangenheit begegnen. Das Sonnenlicht liebkoste den Altar, die Kelche, Patenen und Kerzenleuchter, die Mitra des Bischofs und unsere Neophytenhäupter mit einem goldenen Schimmer,der darauf abzielte, auch den unbeugsamsten Atheisten unter uns in bedingungslosem Glauben wiehern zu lassen.
 
     
    Der letzte Scheiß natürlich. Das einzige, was an jenem Nachmittag im Licht schimmerte, war der Tropfen an der Nase vom Bisch.
     
     
Welche Haltung man zu diesen Angelegenheiten auch einnehmen mag, es kann doch wohl keinen Zweifel daran geben, daß das Numen, welches von einer Menschenversammlung erschaffen wird, die ein gemeinsames spirituelles Ziel eint, so greifbar ist wie der Boden, auf dem sie knien. Ob dies in einer anglikanischen Kathedrale nun aufrichtiger ist als in einem buddhistischen Tempel oder einer Salonseance bekloppter Esoteriker, das zu beurteilen schlägt nicht in mein Fach. Aber es freut mich, daß Dir der alte Tom Eliot etwas gibt, den ich tatsächlich noch gekannt habe. Er hat mich als blutigen Anfänger bei Faber and Faber veröffentlicht. Sagte

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