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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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verstümmeln, foltern und zerstören. Schlimme Sache das. Die Menschen hüpfen auch zusammen in die Heia und kuscheln sich aneinander. Gute Sache das. Aber wenn wir behaupten, Vögeln sei ein Zeichen moralischen Verfalls, dann spielen wir ein winziges bißchen plemplem, nicht wahr?«
    »Trotzdem sehe ich nicht ein, das wir uns
immerzu
damit beschäftigen müssen …«
    »Die Rezensenten kritisierten an
Geralds vierzehn Tage
…«
    »Wenn Sie wirklich gegen die Promiskuität der Jugendlichen angehen wollen«, sagte der Bischof, »dann sollten Sie eher dafür kämpfen, daß Sexszenen im Fernsehen realistischer werden. Zeigen Sie die ganze Sache mit Schauspielern, die wie normale Menschen aussehen und nicht wie Models. Wenn die Kinder das Geschiebe erst einmal kennenlernen, den Gestank und das ganze schwierige Durcheinander, dann sind sie vielleicht weniger erpicht darauf, es auszuprobieren, solange sie nicht müssen.«
    Nicht ganz fair gegenüber der Lady Bischof, fand ich, aber gut gegeben. Von dem schlüpfrigen Gerede erhitzt, fing Patricia an diesem Punkt bewußt oder unbewußt an, ihr Bein an meinem zu reiben. Es tat gut, einen weiblichen Schenkel zu spüren, der sich an meinen preßte, und als Opfer des Erbfluchs über den Männern, der in der Prahlerei vor Frauen besteht, raffte ich mich dazu auf, die Gesellschaft eine Zeitlang mit funkelnden Theorien über Kunst und Leben in meinen Bann zu ziehen.
    Oliver, der nun einmal ein Biest ist, versuchte unentwegt,mich mit sarkastischen kleinen Einwürfen zu untergraben. Natürlich hielt ich die Stellung, ließ aber nicht zu, daß die Konversation in eine fruchtlose Schlammschlacht ausartete.
    »Um noch mal einen Augenblick lang auf das Thema Sex zurückzukommen«, sagte Michael in eine Pause hinein, die auf eine Platitüde Simons folgte, die selbst seinen eigenen Standard unterbot. »Als ich Newsline Papers Ltd. kaufte, habe ich eine Konferenz interessierter Gruppen anberaumt, um herauszufinden, ob wir aufhören sollten, auf den Seiten unserer Regenbogenpresse nackte Frauen abzubilden.«
    »Als interessierte Gruppen galten zweifellos Maurer und picklige Teenager«, sagte Oliver.
    »Als solche galten Psychologen, Soziologen, Feministinnen, Moralisten und Vertreter verschiedener Religionen«, sagte Michael. »Mit dem Maurer und dem Teenager komm ich allein klar. Diesen Fachleuten sagte ich: ›Tun Sie so, als gehörte Ihnen diese Zeitung. Wenn Sie sie nicht binnen sechs Monaten in den schwarzen Zahlen haben, sind Sie Ihren Job los. Was tun Sie also?‹ Ihr habt im Leben noch kein so dummes Zeug gehört. ›Bringen wir mehr gute Nachrichten‹, ›Machen wir ein Blatt für die ganze Familie daraus‹, ›Frauen in besserem Licht zeigen‹, ›positives Denken‹, ›Familienwerte‹ … Ich knallte ihnen eine Ausgabe des Konkurrenzblatts auf den Tisch. ›Hier liegt die Konkurrenz‹, sagte ich. ›Die haben täglich eine Millionenauflage. Es enthält das Gegenteil all dessen, was Sie gerade ewähnt haben, aber es verkauft sich. Warum? Sagen Sie mir bitte, warum? Weil die Menschen dumm sind? Weil die Menschen grausam sind? Weil die Menschen keine Ahnung haben? Weil die Menschen roh sind? Warum?‹ Und sie antworteten: ›Weil es da ist. Es verkauft sich, weiles da ist.‹ – ›Der, Independent‘ ist auch da‹, sagte ich, ›und der, Christian Science Monitor‘ und die, Spare Rib‘ und der ,Morning Star‘. Sie sind auch da, verkaufen sich aber nicht. Geben Sie mir eine bessere Antwort.‹ Aber es kam keine bessere Antwort.«
    »Natürlich nicht. Denn eigentlich wollten sie sagen«, meinte Max, »daß Zeitungen von
ihnen
kontrolliert werden sollten. Sie wissen alles besser.«
    »Gut, aber wer wollte das bestreiten, Max?« sagte Michael. »Vielleicht wissen sie wirklich vieles besser. Aber beim Verkauf von Zeitungen wissen sie es nicht besser, darauf wollte ich hinaus. Ich hab’s ein paar Wochen lang ohne nackte Frauen probiert, und die Auflage sank. Wir haben die nackten Frauen wieder reingetan, und der Absatz stieg wieder. Was hätte ich sonst tun sollen?«
    »Du hättest in eine andere, nicht so beschissene Branche einsteigen können«, sagte David mit plötzlichem und außergewöhnlichem Ungestüm.
    Die gesamte Tafel erstarrte in bedrohlichem, tödlichem Schweigen. Solche Wildheit aus dieser Quelle hatte etwas Schreckliches. Es gibt selbst in besseren Zeiten wenig schließmuskelflatternd Peinlicheres als einen Familienkrach. Ich merkte, daß Patricia neben mir die

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