Das Nilpferd
besten selbst. Wenn du einen heftigen Angriff gegen deine eigene Person vornimmst, dich ohrfeigst, in den Magen boxt, an den Haaren ziehst und dir das Gesicht zerkratzt, läßt das Tier von seinem Vorhaben ab, neigt den Kopf und kommt – wahrscheinlich – auf dich zu, streichelt und liebkost dich voll Mitleid, leckt dir die Wunden und wiegt dich wie ein Baby.
»Ich muß sagen, es war ein Schock, als ich gesehen habe, wie Rebecca heute abend reinkam«, sagte ich und nahm mir vor, Pulsifers Theorie auszuprobieren. »Wir haben uns bei Janes Taufe fürchterlich gestritten. Das heißt, das ist meine offizielle Version. In Wirklichkeit war ich betrunken und hab mich schlecht benommen. Ein paar Jahre davor hatte Rebecca, wie soll ich sagen,
tendre
für mich empfunden, weißt du. Für sie war ich mehr als bloß ein Bettgenosse. Meine erste Frau, Fee, war mit diesem amerikanischen Präriepoeten abgehauen, und ich hatte mich in ein trauriges und verfügbares Etwas verwandelt. Dann fing Patrick Burrell an, ihr an den Lenden zu schnüffeln und zuschlabbern, und sie setzte mir ein Ultimatum. ›Wenn du mich nicht heiratest, zieh ich los und heirate Patrick‹, sagte sie. ›Dann nimm den Einfaltspinsel‹, sagte ich. ›Mir doch scheißegal.‹ Das war übel. Äußerst übel. Sie hielt Wort, ehelichte die ölige Ratte, und dem entsprang Jane, für die ich als Patenonkel auserkoren wurde, unter anderem wohl, um mir zu beweisen, daß sie ›glücklich war! Jawohl! Unendlich, unendlich glücklich!‹, und ich nahm die Ehre an, um zu zeigen, daß auch ich ihr nichts nachtrug. Und dann, bei dem … wie nennt man das … beim Schmaus? Nee, kann nicht sein, also bei der Tauffeier … muß doch ’n Wort dafür geben … hab ich mich sehr dumm benommen.«
»Ach ja?« Max war jetzt völlig gefesselt und schien jegliches Interesse daran verloren zu haben, wie ich an sein kleines Geheimnis gelangt war.
»Ich fand Rebecca allein im Wintergarten. Ich sagte ihr, daß sie mir fehle. Ich sagte ihr, daß ich wünschte, ich hätte sie Patrick nicht heiraten lassen.«
»Oh, du Idiot.«
»Es stimmte. Hölle und Verdammnis, es stimmte.«
»Und was sollte ihr das noch nützen?«
»Ja, jetzt frag ich mich das auch, ne? In meinem Champagnernebel hatte ich gedacht, sie würde gerührt sein. Statt dessen zerschmiß sie vor Zorn fünfzehn Dach- und Fensterscheiben im Wintergarten. Ich verbreitete die Version, sie habe meine unerwünschten Annäherungsversuche zurückgewiesen.«
»Na, das erklärt jedenfalls eine Menge«, sagte Max. »Weißt du, ich habe mich immer gefragt, warum Rebecca so eisig wird, wenn dein Name fällt.«
»Jetzt weißt du es.«
»Herrgott, Ted, ich dachte echt, du könntest Frauen besser einschätzen, als wie ein derartiger Trampel aufzutreten.«
Diese ungeheuerliche Kumpligkeit eines Mannes von Welt galt nach meinem Dafürhalten nicht gerade als Kopfstreicheln oder Wundenlecken, aber verglichen mit dem eisigen Blick von vor fünf Minuten war es eine eindeutige Verbesserung.
»Nun bewegt euch mal an dieses Ende, ihr beiden«, rief Michael. »Wir wollen ein bißchen Spaß mit den Damen und diesen Ballons haben.«
Also füllten wir uns die Lungen mit Helium, krochen in den Salon und brachten die Frauen zum Juchzen.
Ein Spieleabend folgte, dessen Einzelheiten Du kaum wirst hören wollen. Ich glänzte ziemlich mit Scharaden, hielt alle zum Narren mit meinem anschaulichen Porträt eines Steins, dem drei Blumen entsprossen, und bedeutete ihnen, daß der Name gemeint war.
»Das
muß
einfach
Der Name der Rose
sein!« schrien alle.
Haha. Es war Gertrude Stein. Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose, verstehst Du?
Simon machte sich wieder einmal zum Gespött, als er bei einer Runde »Wenn ich so sagen darf« raten sollte und das Wort »schelmisch« noch nie gehört hatte. Ich glaube, der Bursche hat weniger Hirn als Ohrenschmalz.
Ich versuchte, Oliver allein zu erwischen, um unser zuvor unterbrochenes Gespräch fortzuführen, Du weißt noch, welches ich meine, ja?
»Patricia … wollte den sündigen Davey ganz für sich haben … Und wir wissen, warum, nicht wahr?«
»Wissen wir das?«
»Aber natürlich! Oder nicht? Ich meine, Liebling. Ich dachte, du wärst aus demselben …«
Aber Oliver wich weiterhin geschickt aus, und nachdem wir uns von den nicht über Nacht bleibenden Gästen verabschiedethatten, wankten wir alle unserer Wege in die verschiedenen Betten.
Und jetzt ist es Samstagmorgen, eine Reitpartie ist zu Trab,
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