Das Nilpferd
wetten.«
»Wenn’s Trüffeln gibt, erschnüffelt Oliver sie, da kannst du sicher sein.«
»Und Patricia denkt offensichtlich, daß ich eingeweiht bin, mir aber skeptisch ins Fäustchen lache.«
»Na ja, genauso hast du neulich beim Essen aber auch geklungen, nicht wahr?«
Rebecca spielt auf ein Gespräch über »Heilen« und »Therapie« an, das ich mit dem Bischof und anderen geführt hatte.
»Mein Schatz, du siehst doch, oder etwa nicht, daß dieses Gerede von Wundern lächerlich ist?«
»Also, ich weiß nur eins, Liebster, und das ist, daß Jane Ende Juni hätte tot sein müssen.«
»Warum hat mir keiner was davon erzählt? Warum erfahrich rein zufällig, daß meine einzige Patentochter Leukämie hat?«
»Als ob dich das gekratzt hätte. Es bedarf wohl mehr als einer sterbenden Patentochter, damit du deine roten Augen vom Whiskyglas wendest. Ich weiß doch, wie’s um dich bestellt ist. Oliver hat mir von deinen Heldentaten erzählt. Nicht, daß das nötig war – ich lese schließlich Zeitungen. Ein allseits bekannter Säufer, der durch Soho und das West End wütet, jeden beleidigt, der ihm vor die Flinte läuft, sich mit seinen genauso abgehalfterten Kumpanen den fetten Arsch auf Barhockern durchschwitzt, jeden unter fünfzig mit Galle bespritzt und aus den Händen derer, die ihn zu füttern wagen, große Stücke herausreißt.«
»Rebecca …«
»Aber jetzt bist du plötzlich gefeuert worden, was? Plötzlich brauchst du deine reichen, mächtigen Freunde, damit sie dir aus dem Tank verbitterter Pisse heraushelfen, in dem du seit zwanzig Jahren am Ersaufen bist. Du schleimst mit deinen Dackelaugen und gurrst vor väterlichem Mitgefühl – wirklich, mein Bester, du trinkst sogar weniger und gehst wie ein weißhaariger alter Heiliger mit deinem Patensohn Bötchen fahren –, solange du insgeheim derselbe alte Zyniker, derselbe bösartige alte Scheißer bleiben kannst, den die Welt kennt und liebt.«
So ist sie, Deine Mutter. Ich nehme an, ich bin der einzige Mann auf dieser Welt, der es je gewagt hat, sie zu verschmähen. Das alles mag zwei Jahrzehnte her sein, aber für einen Geist wie den ihren ist das, als wär’s gestern gewesen. Rache ist für Rebecca ein Gericht, das man eiskalt serviert, angerichtet an Vitriolpüree, garniert mit Belladonnablättchen und dem armen Opferschwein knallhart in die Fresse gedonnert.
Ich erhob mich, strich mir die Erdbeerstiele vom Schoß und ging wortlos meiner Wege.
Unterwegs ins Haus, kollidierte ich mit Clara, der schielenden Clifford.
»Guten Tag, Mr. Wallace«, sagte sie, »ich wollte Sie gerade holen.« Zumindest glaube ich, daß sie das gesagt hat. Ich möchte nicht versuchen, das Lispeln des armen Kindes nachzuahmen.
»Ach ja? Und worum geht’s?«
Standhaft sah sie mich an (sowie ein weiteres, unidentifiziertes Objekt hundertzwanzig Grad westlich von mir). »Onkel Michael möchte Sie in seinem Arbeitszimmer sehen.«
Ein Besucher des Arbeitszimmers von Lord Logan of Swafford sieht sich an das Hauptquartier von Ernst Stavro Blofeld gemahnt. Kontrollkonsolen, automatische Vorhänge und elektronische Projektionsflächen, Telekommunikationsapparate, Globen mit Whiskykaraffen und Videophone mit Großbildschirmen stellen allein die sichtbaren und erkennbaren Elemente der Vorrichtungen dar.
»Wählen Sie eine Stadt, die vernichtet werden soll, Mr. Bond. Welche darf es sein? New York? Leningrad? Paris? Nein, warten Sie! London! Natürlich! Wiedersehen, Piccadilly, Farewell, Leicester Square, wie die Briten so gerne sagen.«
»Ted!« Michael, Zigarre im Mund, erhob sich halb aus seinem Sessel. »Verzeih, daß ich dich wie einen unbotmäßigen Unteroffizier herbeordern lasse. Ich erwarte einen Anruf aus Südafrika.«
»Wirtschaft oder Politik?« Es ist kein Geheimnis, daß Michael seine Hände gern in die Angelegenheiten ganzer Nationen steckt. An allen Wänden hängen Fotografien, auf denen er in verschiedenen innigen Posen mit Staatenlenkern in die Kamera strahlt: ein Arm um Walesa, steif neben Mandela, Jelzin mit einem Gläschen Wodka zuprostend, aufeinem grotesk vergoldeten Sofa, vermutlich Louis XVI., gemeinsam mit Arafat, mit James Baker und George Bush auf dem Golfplatz.
»Macht das einen Unterschied? Mich interessiert eine Tabakfirma in Johannesburg. Südafrika ist schwer im Kommen, weißt du.«
»Ich bewundere deinen Optimismus.«
Michael wedelte eine Wolke Zigarrendunst fort und mit ihr die Vorbehalte aller Kleingeister, die seine Meinung
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