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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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es so schwer. Im Schatten von jemandem wie Simon aufzuwachsen. Manchmal … da kommt er!«
    David kreuzte auf und schwang eine Tragetasche voller Bücher.
    »Und worüber habt ihr beiden euch unterhalten?«
    »Über die Eigenschaften, die den zehnjährigen Macallan vom achtzehnjährigen unterscheiden. Ich hab deiner Mutter just beschrieben, daß der zehnjährige, wiewohl billiger, der bessere Tropfen ist.«
    »Ganz deiner Meinung«, sagte David. Frechdachs.
    Während wir zum Parkplatz gingen, fragte ich ihn, was er sich aus der Bücherei geliehen habe.
    »Ach, nichts Besonderes.«
    Zufällig konnte ich einen der Titel erkennen, als er die Tüte im Range Rover verstaute.
    Stauntons Anatomie des Pferdes
lautete er. Haha! Im Moment beschließt das meinen Bericht über Lady Anne, obwohl ich gern die Gelegenheit fände, sie darüber auszuquetschen, was sie mit »im Schatten von jemandem wie Simon« meinte.
     
    5.
Laß um Himmels willen die Finger von Patricia. Sie ist etwas Besonderes und läßt nicht mit sich spaßen.
    Das ist Deiner in jeder Hinsicht unwürdig. Ich nehme an, ich sollte geehrt sein, daß Du Dir vorstellen kannst, Patricia würde mir überhaupt gestatten, sie »in die Finger« zu kriegen. Oder glaubst du, daß ich zum Vergewaltigen neige? Oder, in ihrem Fall, mich zum Vergewaltigen auf Zehenspitzen stelle?
    Ich bestreite nicht, daß sie »etwas Besonderes« ist. Wer ist das nicht, verdammt noch mal? Es ist nur ein kleiner Schritt von der Verwendung des Wortes »besonders« zur Beendigung von Telefongesprächen mit »Ich liebe dich« statt des üblichen und wünschenswerten »Wiederhören« oder »Na dann, verpiß dich«.
    Deine Warnungen gingen eh an die falsche Adresse, denn sie hat mich in die Finger bekommen.
    Nach dem Mittagessen fand sie mich in der Hängematte, wo ich es mir mit »Telegraph« und einem Gläschen vom Speziellen gemütlich gemacht hatte.
    »Eine Runde Krocket, Ted?«
    »Nun«, entgegnete ich und ließ die Zeitung sinken, »ich kann die Tore sehen, aber wo sind Schläger und Kugeln? Oder sollen wir Flamingos und Igel nehmen?«
    »Sie werden in einem Kasten in der Hütte da aufbewahrt«, sagte sie und zeigte auf das Ebenbild der Villa Rotonda. Hütte, du meine Güte.
    Wie es sich so ergibt, bin ich im Krocket ganz gut. Ich weiß nicht, warum, denn sonst gibt es kaum ein Spiel, bei dem ich kein totaler Versager bin. Gestern haben Simon und ich Tennis gespielt: Der Bursche stand bloß ruhig mitten auf dem Court, tätschelte den Ball sanft übers Netz, und ich sauste schnaufend herum, schlug und knüppelte wie eine alte Dampflok um mich. Oliver sah zu und meinte hinterher, das Schauspiel habe ihn an eine Windmühle im Anrennen gegen Don Quijote erinnert.
    Die sanfte, boshafte Kunst des Krockets hingegen ist eher nach dem Geschmack meines tiefliegenden Schwerpunkts und meiner hochentwickelten Heimtücke. Wir spielten, was immer am besten ist, jeder mit zwei Kugeln, ich mit meinen faschistoiden Favoriten Schwarz und Rot, Patricia nahm Gelb und Blau. Meine Fertigkeit überraschte sie etwas, glaube ich; sie ist in dem Spiel durchaus bewandert, und die erste Umrundung des Rasens fand in konzentriertem Schweigen statt, einzig durchbrochen vom Tschucksirr, wenn getroffene Kugeln aus der Bahn kullerten.
    Als wir uns den letzten Toren näherten, gab Patricia jedoch alle Versuche auf, noch zu gewinnen, und verlegte sich aufs Plaudern. Anscheinend hatte sie, wie man so sagt, ein Anliegen.
    »Ted, warum hast du dich am Donnerstagabend so benommen?«
    »Wie benommen?«
    »Das weißt du ganz genau.«
    Donnerstag war der Tag des großen Abendessens. Wie Du meiner Chronik der Ereignisse entnehmen kannst, habe ich mich durchweg mustergültig benommen. So wie ich das sehe, habe nicht ich, sondern haben Oliver und in gewissem Maße Davey zu jenem Anlaß in den Salat gekackt. Ungefähr das sagte ich auch Patricia.
    »Was immer hier auch vor sich gehen mag«, sagte sie, »es kann durch deine Skepsis und Verachtung nur kaputtgemacht werden. Du findest das vielleicht alles sehr witzig, aber ich hätte wirklich gedacht, daß du deinem Patenkind mehr Respekt entgegenbringst.«
    Respekt für Dich, Jane, oder Respekt für Davey? Ich kam wirklich überhaupt nicht mehr mit.
    »Wie du dir denken kannst, Patricia«, sagte ich, »beginnen Gedanken in der Ursuppe meines Geistes zu knospen und Blasen zu werfen, rudimentär und chaotisch, protozoischen Lebensformen gleich. Einige der chancenreicheren Arten mögen sich

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