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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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über ihn schreiben. Ihn beispielsweise mit diesem widerlichen Bob Maxwell vergleichen. Ihn als Unternehmensaufkäufer oder Finanzpiraten oder Firmenausschlachter beschimpfen. Wenn sie bloß
wüßten
, Ted! Sie haben ihn nicht weinen sehen, wenn er Leute entlassen muß!«
    Haig pflegte über den Verlustlisten zu weinen, dachte ich. Hat ihn aber nie davon abgehalten, seine Soldaten in die nächste Salve zu schicken, oder?
    »Er kümmert sich, Ted. Er ist so anständig. Ich bin stolz auf ihn. Die Jungen sind stolz auf ihn.«
    »Das alles ist mir schon klar, meine Beste. Ich bin übrigens auch stolz auf ihn, was das angeht.«
    »Ich meine, Ted, es ist einfach genug für mich, wenn ich eine gute Frau und Mutter bin, oder nicht? Wenn man das schließlich sagen kann, daß man im Leben eine Familie gegründet hat, dann war es doch am Ende nicht umsonst. Es muß doch nicht jeder Sachen erschaffen wie Michael oder du.«
    In der Phase steckt Anne also, dachte ich. »Ich habe vielleicht nicht den
Ring
komponiert oder ICI gegründet, aber ich habe vier Kinder großgezogen.« Habe vier Kinder großgezogen mit der Unterstützung einer Unzahl von Mägden, Kindermädchen, Ammen und Hilfskräften, deren Arbeitskraft besser genutzt worden wäre, hätten sie ein mittelgroßes Internat geführt.
    »O du allerbester meiner lieben alten Schätze«, sagte ich und tätschelte ihr vielleicht sogar die Hand. »Als erstes mußt du eingestehen, daß du in Wirklichkeit sehr viel tust. Ich glaube, es gibt kaum Komitees, Stiftungen oder Wohltätigkeitsverbände, bei denen du nicht im Vorstand sitzt. Man lacht vielleicht über Lady Mildtätig, aber was du tust, muß getan werden, wird getan und könnte nicht ohne dich getan werden.«
    »Danke, daß du das sagst, Ted. Ich muß zugeben, daß man sich ab und zu nicht ausreichend gewürdigt vorkommt. Heutzutage sitzen in den Wohltätigkeitskomitees und Elternräten und Sitzungen so schreckliche Typen. So falsch und mäklig und spöttisch. Sie wollen bloß, daß ich lächle und nicke wie die Queen. Wenn ich mal etwas vorschlage, werde ich oft bloß ausgelacht, als ob mein Job einzig und allein darin bestünde, im Briefkopf zu stehen und einen großen Hut zu tragen.«
    Ich konnte mir diese Sitzungen sehr gut vorstellen. Die Nieten mit Ingwerteints, getönten Brillen, Anzügen von der Stange, Siegelringen und Segeltuchschuhen, die an Rasierbrand und schlechter Aussprache leiden, die koreanische Schaumlöffel importieren oder Golfplätze leiten und jetzt die Vorstände und Komitees und Ratssitze des Landes bevölkern, was sehen die wohl in dieser Lady Anne Ponsonby-Smythe-Twistleton-Dandy? Konservativ, Labour oder Liberal, für sie ist sie ein schlechter Witz.
    »Wäre es nicht herrlich«, stellte ich mir Annes glockenhelles Stimmchen vor, »wenn wir die Herzogin von Kent fragen, ob sie die neuen Duschräume im Erziehungsheim einweihen möchte?«
    Blicke unterdrückten Wieherns werden ausgetauscht, und Schuppen regnen auf Sitzungsunterlagen nieder, als Köpfe langsam und ungläubig geschüttelt werden.
    »Mit Verlaub, Frau Vorsitzende, das wäre der Situation kaum angemessen«, sagt ein Bauunternehmer für Managerwohnungen, womit er meint: »Das Denken erledigen wir schon, danke, Kleines. Du hältst am besten deine adlige Klappe und unterschreibst die blöden Schecks.«
    Der arme alte Schatz, dessen einziges Verbrechen darin bestand, nett sein zu wollen.
    »Was du tust«, sagte ich, »wird anerkannt. Meine Güte, allein deine Familie! Ich hätte wahrlich lieber vier feine Söhne, die darauf brennen, es in der Welt zu etwas zu bringen, als vier flaue Poeme, die im
Oxford Book of Modern Poetry
vor sich hin modern.«
    »Aber du hast doch auch Kinder!«
    »Helen hat sie. Ich bin der schlechte Einfluß. Ich glaube, ich kenn meine Patenkinder besser als Roman oder Leonora.«
    »Ted, es ist schrecklich, so etwas zu sagen. Ich weiß, daß du einfach ein fabelhafter Vater sein mußt, schon die Art und Weise, wie du mit Davey umgehst. Du behandelst ihn als einen Gleichgestellten.«
    »Das ist überheblich. Ich sollte ihn als überlegen behandeln.«
    »Ach je, ich weiß, was du meinst. Er fällt dir doch nicht zur Last, oder?«
    »Mein Gott, wie sollte er! Ich kann mir vorstellen, daß die Betragenszeugnisse des Kindes im Vergleich mit denen der heiligen Agnes gut abschneiden.«
    »Verstehst du jetzt, was ich meinte, als ich sagte, daß ich mir seinetwegen Sorgen mache? Bin ich einfach hysterisch? Schau mal, er hat

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