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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Freunden, aber wie lange ließ ein solcher Zustand sich aufrechterhalten?
    Ermutigt von der Entdeckung, daß Ted unwissentlich und unschuldig in diese Angelegenheit geschlittert war, und plötzlich schmerzhaft gewahr, daß ein bester Freund ein bester Freund bleibt, egal, wie oft er dich belügt und betrügt, beschloß Michael, seiner ursprünglichen Bitte nachzukommen und diesem alten Banditen Edward Lennox Wallace seine Lebensgeschichte zu erzählen. Vielleicht war es der beste und schnellste Weg, Ted auf Trab und auf die eigene Seite zu bringen.
    Am zweiten Tag ihrer Unterhaltung, als Michael merkte, daß es ihm ungeheuren Spaß machte und Ted sich als überraschend aufmerksamer Zuhörer entpuppte, traf die Nachrichtvon Lilac ein, und die Dringlichkeit und Bedeutung ihrer Zusammenarbeit stand Michael immer klarer vor Augen. Es gab keine
Beweise
, daß David hinter Lilacs Genesung stand, über die der Tierarzt sich verwundert am Kopf kratzte, aber für Michael bestand absolut kein Zweifel über die Herkunft dieses Wunders, und anscheinend war auch niemand anders im Haus darüber im unklaren. Als der Vorfall mit Lilac kam, zerstörte er Michaels letzte Illusionen, daß er die Situation etwa unter Kontrolle habe. Er gab jegliche Zurückhaltung auf und erzählte Ted alles, ließ seine Meinungsverschiedenheiten mit Lady Anne ebensowenig aus wie die Einzelheiten seiner unerquicklichen Beteiligung an der Lektüre von Teds Briefen an Jane. Seit jenem Tag, an dem er den Brief seines Onkels Amos aus Jerusalem gelesen hatte, der ihn über den Tod seines Vaters aufklärte, hatte Michael sich niemandem mehr auf Gedeih oder Verderb ausgeliefert. Jetzt tat er es.
    »Da hast du es, Tedward. Die unverblümte Wahrheit. Also was soll ich tun? Ist Davids Gabe für die Welt bestimmt? Soll ich sie von den Zinnen herabbrüllen? Oder ist sie ein Fluch, der voller Scham verborgen werden sollte? Rufen wir einen Geistlichen? Einen Arzt? Einen Psychofritzen? Du bist der Patenonkel des Jungen. Was rätst du?«
    »Ähm«, sagte Wallace. »Ähem.«
    »Also?«
    »Ich brauche einige Zeit. Ich denke mir so einiges. Im Moment empfehle ich, ruhig zu bleiben und nichts zu tun.«
    »Nichtstun.«
    »Ist oft das klügste. Was mich betrifft, ich muß nachdenken.«
    »Nachdenken? Ja, worüber denn nachdenken?«
    »Also, um die Wahrheit zu sagen, Michael, es ist nichtleicht, wenn man mit sechsundsechzig Jahren erfährt, daß alles, woran man immer geglaubt hat, keinen Sinn ergeben soll.«
    »Und woran hast du je geglaubt Edward Wallace?«
    »Och, weißt du, Kleinkram. Zum Beispiel, wie schwer es ist, ein Gedicht zu schreiben.«

SIEBEN
     
     
    12a Onslow Terrace
    28. Juli 1992
    Lieber Ted,
    ich glaube, jetzt hast Du’s geschafft. Patricia hat erzählt, Du hättest Dich mit Onkel Michael »stundenlang eingeschlossen«.
    Es wird Zeit, daß ich dazukomme. Die Früchte Deiner Unterhaltungen mit Onkel Michael kannst Du mir überreichen, wenn ich morgen nach meinen letzten Untersuchungen ankomme. Verstehst Du jetzt, warum ich so aufgeregt war? Ich freue mich so sehr, daß Du mit mir zusammen daran teilgehabt hast.
    Patricia und Mummy gegenüber kannst Du jetzt offen sein und ihnen erzählen, was Du die ganze Zeit im Schilde geführt hast. Aber natürlich kein Wort zu irgendwem außerhalb von Swafford.
    Und kümmere Dich um Davey. Sorge dafür, daß er fit bleibt und sich nicht isoliert oder benutzt vorkommt.
    Als Davey mir erstmals erzählte, wie er Edward geheilt hat, wußte ich, daß meine Entscheidung gemeint war, nach Swafford zu kommen. War »Wunder« wirklich ein zu großes Wort? Ich glaube nicht. Du inzwischen bestimmt auch nicht mehr. Wenn Du mir jetzt erzählst, daß das Dein Leben nicht verändern wird, Ted, dann nenne ich Dich einen Lügner.
     
    Ganz viel Liebe
    Jane
    P. S.: Meine dringendste und endgültigste »These«, wie Du sie so gerne nennst, ist diese: Lächle! Wir werden geliebt. Wir werden geliebt. Alles wird wundervoll werden. Alles leuchtet. Alles ist, wie es nur sein kann und sein soll.

II
     
     
    Aus dem Tagebuch des Oliver Mills:
29. Juli 1992, Swafford Hall
     
    Alles spitzt sich zu, liebste Tanja Tagebuch. Ich schreibe dies in verwirrter Hast. Es ist dreiundzwanzig Uhr, und in drei Stunden werde ich … also, ich weiß nicht, was werden wird, aber es wird sein das Graun der Welt, soviel ist sicher.
    Gestern erwähnte ich, daß die Herzigen Heten des Haushalts irgendeines Gaules wegen ganz trübsinnig wurden, ein Jagdpferd, im

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