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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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daß er da sicher war. Ich wäre nicht damit klargekommen, wenn er behauptet hätte, er sei ein Engel.
    »Und als ein menschliches Wesen«, fuhr er fort, »fühle ich Hunger und Kälte und Schmerz wie jeder andere. Allen möglichen Hunger.«
    Aha. Mir dämmerte langsam, worauf er hinauswollte. Er brauchte Unterstützung, hier und jetzt, spürte ich. Mutter kam ihm mit eleganter Unbefangenheit zu Hilfe.
    »Du meinst, du machst dir Sorgen wegen deiner anderen Arten Hunger? Fleischlicher Hunger, sagen wir mal?«
    »Mhm, mhm.« Er nickte. »Als ich zum ersten Mal einen feuchten Traum hatte … das war erst vor einem Jahr, was eher spät ist, aber wen kratzt das?«
    Er spuckte diese peinliche Tatsache aus wie eine Herausforderung, woraufhin ich vermutete, daß er in der Schule ausgelacht worden war, weil er in seiner Entwicklung hinterherhinkte.
    »Das kratzt keinen. Ich bin in der Hinsicht auch nicht reif geworden, bevor ich sechzehn war«, log ich hilfsbereit.
    Davey interessierte Mutters genitale Entwicklung nicht. »Ich hab sowieso aufgeholt«, nuschelte er. Dessen warMutter gewahr. Mutter weiß doch hoffentlich, wie man eine sich ausbeulende Hose unter die Lupe nimmt.
    »Egal«, sagte Davey, »ich hatte einen dieser Träume. Als ich aufwachte, wußte ich nicht, was ich machen sollte. Ich wußte, daß ich eine so schreckliche Verschwendung nicht zulassen durfte.«
    »Äh …«
    »Es geht nicht nur um meine Hände, weißt du. Ich wußte, daß jeder Teil von mir heilen konnte. Mein Blut und mein … meine …« Er brach ab, außerstande, das rechte Wort zu finden.
    »Saat?« schlug ich vor.
    »Mhm. Meine Saat. Ich durfte mir eben nicht erlauben, sie zu verschwenden mit billigem … du weißt schon.«
    Wow!
    »Möchtest du also vielleicht sagen, Davey«, sagte ich vorsichtig wie Sokrates, der mit Alkibiades ein Postulat untersucht, »daß dieses ›tief hinein‹ in den Körper eines anderen, von dem du vorhin gesprochen hast, streng genommen durch deine Saat stattfindet?«
    »Ja klar«, sagte David. »Aber nur, solange ich rein bin und ihre Gabe nur zur Heilung verwende. Ich darf sie nie benutzen, um mir selbst Befriedigung zu verschaffen.«
    »Also …«, erneut war offensichtlich äußerstes Feingefühl gefordert, »… also in Janes Fall bestand der einzige Weg, ihr zu helfen, darin …«
    David setzte sich auf und sah mir direkt in die Augen. Hypnotischer kleiner Fratz.
    »Wir haben lange darüber diskutiert«, sagte er. »Jane verstand meine Anregung. Sie beschloß, selbst wenn die Gabe nicht wirken sollte, wäre es zumindest etwas …«
    »Zumindest wäre es eine gute und hilfreiche Erfahrung für dich und ein wenig Trost und Freude für sie?«
    »Genau!« David lächelte. »Ich war nicht besonders … egal, spielt ja keine Rolle, es ging ausschließlich darum, Jane zu heilen, nicht in diesem Sinne ›mit ihr zu schlafen‹.«
    »Und so kam deine Saat in ihren Körper.«
    »Das war an meinem letzten Abend, bevor ich in die Schule zurückmußte. Wir hatten verabredet, daß ich sie nachts im Schlafzimmer besuchen sollte.«
    So gefesselt war ich von der Vorstellung der beiden Vettern, Tanja, die da in den stillen Stunden der Nacht zugange waren wie die Karnickel, daß der andere, offensichtliche Gedanke mir noch gar nicht bewußt geworden war.
    Lilac…
    Da würde ich vorsichtig vorgehen müssen.
    »Und wir wissen ja«, sagte ich, »wie wunderbar gerade diese … äh, Behandlung … in Janes Fall angeschlagen hat. Als es also dazu kam, Lilac zu helfen, hast du zweifellos …?«
    »Ganz dasselbe, genau.«
    Alle Zurückhaltung jetzt aufgegeben. So nüchtern dahingesagt, wie man nur wünschen konnte. Vanessa Verwunderung und Elsie Ekel war jeder Zugang zu meinen Zügen verwehrt, als ich es zur Kenntnis nahm. Wichtig war, so zu reagieren, als erzähle er mir nichts Bemerkenswerteres als von einer Fahrt ans Meer.
    »Und das war also heute nacht«, sagte ich.
    »Ja.
Letzte
Nacht.«
    Jetzt ein schmachtendes Lächeln, Versonnenheit der wahren Liebe.
    »Ich weiß, manche Leute würden das ekelhaft finden«, fuhr er fort. »Ein Mensch mit einem Pferd, meine ich. Aber sie verstehen das Band zwischen Leben und Natur und Gnade nicht. Es war wirklich das Natürlichste von der Welt.«
    Hastig stimmte ich ihm zu, und er lehnte sich wieder zurück, beruhigt, sein Geheimnis geteilt zu wissen.
    Wo kam bei alldem Mutter ins Spiel, wirst du dich fragen, liebste Tanja. Nun, Mutter wurde langsam heiß wie ein Milchtopf im Brennofen. Wenn

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