Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
Besitz von Professor Morettis Kopie«, sagte er. »Für das Original war Fräulein Ferrari bereit zu sterben. Entweder sie hat den Brief an Sie weitergegeben oder sie hat ihn selbst versteckt. Ihre Standhaftigkeit kann man wirklich nur bewundern. Ihr Tod war eine bedauerliche Konsequenz ihrer eigenen Entscheidung. Wir haben ihr eine Chance gegeben, die sie nicht ergriffen hat.«
»Und Sie sind nicht einmal auf die Idee gekommen, dass sie die Wahrheit sagen könnte? Dass der Brief ihr tatsächlich gestohlen worden ist?«
Es klopfte an der Tür. Ein kleiner Engel von Kirchendiener brachte Tee und Gebäck. Er schenkte uns in zwei weißen Tassen ein.
»Was wollen Sie von mir?«, fragte ich, als der Engel wieder davongeflogen war.
»Wir kennen Ihre Aktivitäten.« Er sah mich mit seinem Priesterblick an. Dann fügte er etwas Seltsames hinzu: »Wenn irgendjemand in der Lage ist, die heiligen Steintafeln in der Bundeslade zu finden, dann Sie, lieber Beltø.«
»Ich glaube nicht, dass die Bundeslade existiert. Ich habe also ganz sicher nicht vor, nach ihr zu suchen.«
»Sehen Sie denn nicht, dass der Herr in seiner Güte uns den Weg gewiesen hat?«
»Ich glaube nicht einmal an Gott.«
»Zum Besten der Menschheit. Das müssen doch selbst Ungläubige erkennen.«
»Zum Besten der Menschheit?«
»Was ist Gerechtigkeit?«, fragte er. »Können Sie mir das sagen? Hängen die Gerechtigkeit und das Spiel des Zufalls zusammen? Seit fünfhundert Jahren suchen wir nach Nostradamus’
Testament. Nach der Bundeslade. Nach Cäsars Schatz. Fünfhundert Jahre! Zielgerichtet und systematisch! Dass wir einen Mann bei dem Kongress im Castello Catullus hatten, war kein Zufall. Wir überwachen alle Kongresse und Seminare, die uns weitere Informationen liefern könnten. Sie werden sich also vorstellen können, welch ein Ruck durch unseren Mann ging, als Professor Moretti den codierten Brief von Nostradamus an Großherzog Cosimo vorgelegt hat. Leider war er nicht gerade einer unserer besten Männer. Das Erste, was er tat, war noch nach Protokoll: Er hat uns informiert. Aber der Einbruch in Morettis Zimmer war amateurhaft. Er hat zwar die Papierkopie des Briefes mitgenommen, aber es ist unverzeihlich, dass er nicht erkannt hat, dass Morettis Computer sich im Zimmer eines Kollegen befunden hat. Und ebenso unprofessionell war es, dass er das Hotelzimmer verlassen hat, ohne es aufzuräumen und alle Spuren zu beseitigen. Erst einen Tag später hat eines meiner professionelleren Teams die Sache wieder geradegebogen. Sie haben den Professor geholt. Eine andere Einheit stieß bei Regina Ferrari auf Sie und Frau Moretti. Das war wirklich ein Zufall. Meine Männer waren einzig und allein dort, um den Originalbrief zu holen. Genau wie Sie. Manchmal entstehen einfach Situationen, in denen sich die Rücksicht auf einzelne Menschen einer größeren, wichtigeren Aufgabe unterordnen muss. Wie im Krieg. Im Krieg ist das Individuum weniger wichtig als das Ziel: der Sieg. Die Konsequenz sind zahlreiche Tote. Für die Generäle repräsentieren die Truppen Zahlen, nicht Einzelindividuen. Die Kritiker der Kirche haben die Kreuzzüge immer als ein Beispiel für den Machtmissbrauch der Kirche angeführt. Dabei führten die Kreuzritter nur den Missionsbefehl Jesu aus. Jesus hat seine Apostel aufgefordert, alle Völker zu seinen Jüngern zu machen.«
»Dann ist die Jagd auf die Bundeslade so etwas wie ein heiliger Krieg?«
»Ein heiliger Auftrag. So wichtig, dass die Rücksichten, die wir sonst genommen hätten, hintangestellt wurden. Ob das rechtens war, ist eine offene Frage. Unser guter, gerechter Gott wird uns richten. Im Gegensatz zu allen anderen Geschöpfen wird der Mensch von Gott gerichtet. Das ist unsere Auszeichnung, die uns aus der Schöpfung hervorhebt.«
»Bis es schließlich Blut regnet?«
»Wie bitte?«
»Ein Ausdruck im Brief des Nostradamus. Finde den Bogen, wo Blut regnet. Ich nehme an, Sie wissen, wo das ist?«
»Ach das. Die Formulierung ist mir auch aufgefallen. Ich hoffe, dass Professor Moretti gerade diese Passage entschlüsseln kann.«
»Warum haben Sie Theophilus de Garencières getötet?«
Der Kardinal machte eine Bewegung mit der Hand, als wollte er die Frage einfach wegwischen.
»Und warum Francesco de’ Pazzi?«
»Hat er sich wirklich so genannt? De’ Pazzi? Eine traurige Geschichte. Er hieß Francesco Alfieri. Den Namen de’ Pazzi muss er sich selbst zugelegt haben. Er hatte die Verantwortung für unsere Bibliothek. Mit
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