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Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)

Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)

Titel: Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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den Jahren hat er psychische Probleme bekommen. Sowohl persönlicher als auch religiöser Art. Er war besessen von der Pazzi-Verschwörung gegen die Medici. Eine Psychose. Vermutlich hat er sich deshalb so genannt – er fühlte sich wie ein Verräter, ein Judas. In mir hat er so etwas wie einen Medici gesehen. Nicht ohne Grund. Einen Tag, nachdem wir Moretti und Silvio geholt hatten, ist er aus dem Kloster geflohen. Er hatte wohl die abstruse Idee, sie befreien zu können und uns zu verraten. Aber es war leicht, ihn aufzuspüren. Bei Ihnen war das viel schwerer. Unsere Leute standen bereit, als er sich vor den Glockenturm gestellt hat, um Sie zu treffen. Francesco war eine tickende Zeitbombe. Wer in unseren Orden eintritt, trifft damit eine Entscheidung fürs ganze Leben. In unserem Einweihungsritual geloben wir mit der Hand auf der Bibel und im Namen Gottes, bis zu unserem Tode ein Ordensbruder zu bleiben. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Brüder, die sich entscheiden, die Bruderschaft und den Orden zu verlassen – im Laufe der Geschichte waren das nicht viele –, treten damit nicht nur aus unserer heiligen Bruderschaft, sondern auch aus der Gnade Gottes.«
    »Und kaltblütig wie ein Mafiaboss ließen Sie ihn töten, weil er aus Ihrer ›Gemeinschaft‹ ausgebrochen war?«
    »Wir weihen unsere Leben Gott! Ein heiliges Gelöbnis kann man nicht einfach so brechen. Die Treueschwüre der Mafia binden die Mitglieder an die Gemeinschaft und die ökonomischen Interessen der Bande. Unser Treueschwur bindet uns an Gott. Selbst ein Ungläubiger wie Sie muss doch wohl eingestehen, dass es da einen gewissen Unterschied gibt, Herr Beltø. Aber wir haben ihn nicht getötet.«
    »Nicht? Sie meinen, er hat sich freiwillig aus dem Palazzo Vecchio gestürzt? Mit einem Seil um den Hals?«
    »So ist es, ja. Francesco hat Selbstmord begangen. Glauben Sie mir. Er hat selbst die Entscheidung getroffen, aus dem Leben zu scheiden. Bruder Francesco ist in den Palast geflüchtet, als er uns gesehen hat. Dort verschanzte er sich in einem leeren Saal, der gerade restauriert wird. Die Arbeiter machten gerade Pause. Francesco stand im Fenster, als unsere Leute den Raum betraten. Da ist er gesprungen.«
    »Und Ihr Vorgehen hat den Segen des Papstes?«
    »Auch wenn ich dem Heiligen Vater Bericht erstatte und mein Orden über ein kleines Büro hier im Vatikan verfügt, heißt das nicht, dass ich Seine Heiligkeit in alle Details unseres Wirkens einweihe. Er muss nicht alles wissen.«
    »Dann weiß der Papst nicht, dass Sie verantwortlich für die Entführung von Professor Moretti und seinem Sohn sind?«
    »Nein.«
    »Und er weiß auch nicht von Angelica und mir?«
    »Natürlich nicht. Gewisse Dinge enthalten wir dem Heiligen Vater lieber vor.«

K APITEL 22 Der letzte Medici
    V ATIKAN,
D ONNERSTAGNACHMITTAG
    I
    Die Decke der Zelle war gewölbt wie in einem Weinkeller. Unter dem weiß gekalkten Putz erahnte ich das Mauerwerk.
    Ein einfaches Bett, eine leere Kommode, ein Nachttischchen mit einer Bibel. An der Wand ein Kruzifix. Sonst nichts.
    Meine Zelle.
    Sie lag im Keller eines abgelegenen Flügels des Vatikans. Nach dem Gespräch mit dem Kardinal war ich durch ein Netz von Fluren und Treppen hierhergebracht worden. Zu guter Letzt waren wir zu einem kurzen Quergang mit fünf soliden Türen gekommen. Draußen vor der Tür zum Zellengang stand eine Wache der Schweizergarde.
    Wofür brauchten sie diese Zellen eigentlich? Für ungehorsame Kardinäle? Widerspenstige Pfarrer oder verrückt gewordene Bischöfe?
    Oder für Heiden wie mich?
    Männer. Macht. Missbrauch derselben. Der Kardinal, dieser verblendete Misanthrop, war nur ein Beispiel dafür, wie sehr das schiefgehen kann. Judentum, Christentum und Islam basieren auf den Werten des Patriarchats. Da gibt es keinen Platz für Frauen. Nicht einmal für Göttinnen. Lange bevor Jahve mit seinen breiten Schultern und spitzen Ellenbogen in der Welt des Glaubens Einzug hielt, betete die Menschheit ein Pantheon warmblütiger Göttinnen an – fruchtbare Symbole des Lebens selbst. Doch Jahve wollte die Macht mit niemandem teilen, und ganz sicher nicht mit einer Frau. Weder mit Inanna noch mit Astarte. Nicht mit Isis, Aphrodite oder Aschera. Aus Wut auf eine Frau, die ihm vielleicht einmal nahestand? Auf dreitausend Jahre alten Tontafeln, die in der historischen Stadt Ras Schamra in Syrien gefunden worden sind, wird Göttin Aschera als Partnerin des mächtigsten aller Götter genannt. In archäologischen

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