Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
bearbeitet, ebenso die Briefe und Aufzeichnungen von Männern wie Marcello Cervini degli Spannochi und Francesco Franciotto. Und dann möchte ich Ihnen noch einige Briefe, Notizen und Tagebucheinträge zu lesen geben, die in Archiven und Museen in Griechenland, der Türkei, Frankreich und Italien zusammengetragen wurden. In der Summe erzählen sie die geheime Geschichte der Johanniter, der Medici-Familie und des Nostradamus. Gehen wir aber zuerst zurück ins Jahr 1480. Die Johanniter hatten die Kontrolle über Rhodos, aber der türkische Sultan Mehmet II . hatte seinen gierigen Blick auf die Insel gerichtet. Am 23. Mai griffen die Türken schließlich an. Mit Katapulten und Kanonen beschossen sie den ganzen Juni und Juli die Stadt. Tag und Nacht.«
Fabrizio Biniscotti schob den Stapel Dokumente zu mir herüber.
26 1. Könige, Kap. 8, Vers 9.
27 2. Buch Mose, Kap. 16, Vers 33–34.
28 4. Buch Mose, Kap. 17, Vers 7–11.
29 Brief an die Hebräer, Kap. 9, Vers 2–5.
Die geheime Geschichte
der Johanniter
Rhodos,
28. Juli im Jahre des Herrn 1480
Meinem verehrten und höchst respektierten Freund,
dem unbestrittenen Oberhaupt der Stadt Florenz,
dem hochwohlgeborenen Lorenzo il Magnifico –
Freund und Exzellenz! Demütig und mit allem Respekt schreibe ich Euch. Ich bringe diese Zeilen mit zitterndem Stift zu Papier. Es ist Morgen. Wie ein nie enden wollendes Donnern, ja wie Vulkane dröhnen die Kanonen der Türken. Die Angriffe nehmen einfach kein Ende. Schon den ganzen Sommer schlagen Kanonenkugeln ein, und es regnet Steine und Feuer. Unsere Burg erzittert von den einschlagenden Felsbrocken, wie von Fausthieben aus der Hölle. Erschlagene Soldaten und die Leichen einfacher Bürger werden auf Wagen durch die schmalen Gassen der Stadt gezogen. Die türkische Armada liegt draußen vor dem Hafen vor Anker. Tagelang haben sie versucht, den St.-Nikolaus-Turm an der Hafeneinfahrt zu erobern. Sultan Mehmet hat ein Riesenheer aus Janitscharen und Söldnern zusammengetrommelt, ja sogar Christen aus dem Balkan kämpfen auf seiner Seite. Es sind Tausende und Abertausende. Wo sind all meine Verbündeten? Hier sind sie nicht. Sie müssen weit entfernt sein. Wir sind allein, verehrtester Lorenzo il Magnifico, allein mit Christus gegen die Übermacht der Türken, die von dem gefürchteten Großwesir Gedik Ahmet Pascha angeführt wird, der bereits 1453 Konstantinopel erobert hat.
Die Armee, über die ich in diesen Mauern verfüge, zählt nur 387 Johanniterritter und 2141 Turkopolen (unsere verdienten Söldner und Bogenschützen, die uns auch schon im Heiligen Krieg zur Seite gestanden haben). Dazu noch eine Handvoll ältere Mönche und Prioren, gute Diener des Herrn, die für den Kampf aber natürlich unbrauchbar sind. Unsere Flotte umfasst 15 Kriegsschiffe, die ich aber längst in Sicherheit gebracht habe, damit sie von den Türken nicht versenkt werden können, und die wir brauchen werden, sollte Gott uns über die Türken siegen lassen.
Mein Herr, ich mache mir Sorgen um die Schriften, die von manch einem Papst – Gott bewahre ihre heilige Einfalt – als »Bibliothek des Teufels« bezeichnet worden sind, und um das magische Amulett, über das wir gesprochen haben, als ich das letzte Mal die Ehre hatte, Euch unter vier Augen sprechen zu dürfen. Ihr habt Euch damals großmütig angeboten, den Schatz gegen die Muslime und andere böse Kräfte zu schützen. Jetzt erkenne ich, gleich den Tempelrittern, als sie uns den Schatz überließen, dass die Zeit gekommen ist. Ich habe Kriegsrat gehalten und listige Pläne geschmiedet. Ohne Nutzen. Die Übermacht der Türken erstickt alles schon im Keim. Die Gesandten des Sultans haben uns aufgefordert, uns zu ergeben. Aber das kommt gar nicht in Frage. Die Bedingungen sind heidnisch und indiskutabel. Meine Ablehnung hat Mehmet wütend gemacht, sodass die Türken eine letzte Offensive auf die Jüdische Mauer begonnen haben. Sie füllen den Graben mit Steinen und Lockermaterial, um ihn überwinden und in die Stadt vordringen zu können. Sie sind dermaßen in der Überzahl, dass ich nicht sicher bin, ob unser Festungswall sie aufhalten kann. Der Sohn des Satans, Mehmet II ., erträgt den Gedanken nicht, dass Rhodos in den Händen von uns Christen ist. Schon seit ich vor vier Jahren zum Großmeister gewählt wurde, hetzt er mir seine Horden auf den Hals. Doch so zahlreich und entschlossen wie jetzt waren sie noch nie. Mein Freund und Herr, noch habe ich es nicht gewagt, den Heiligen
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