Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
LÜGNER
TOSKANA
FREITAGVORMITTAG
___________________________________
S ie sind auf einen einsamen Rastplatz bei Ginestrella zwischen Bologna und Florenz abgefahren. Draco, Bartholomäus und die übrigen Mönche sitzen an einem Picknicktisch im Freien. Sie haben eine Karte zwischen sich ausgebreitet und diskutieren, welche Route sie nehmen sollen. Lorenzo und Silvio sind in dem Kleinbus sitzen geblieben. Lorenzo hat die Mönche schon eine ganze Weile beobachtet. Sie sind ganz auf ihre Sache konzentriert. Er gibt Silvio ein Zeichen und legt den Zeigefinger an die Lippen. Silvio nickt. Er versteht. Hand in Hand schleichen sie sich aus dem Bus. Er ist schräg geparkt, sodass die Mönche die Tür nicht sehen können. Geduckt laufen sie vom Bus weg, zur Straße. Wenn sie Glück haben, kommt bald ein Auto. Sonst können sie in das Wäldchen laufen und sich zwischen den Bäumen und Büschen verstecken. Lorenzo schaut nach hinten. Noch verdeckt der Kleinbus ihre Flucht. Er würde gerne schneller laufen, aber das schafft Silvio nicht. Gleich haben sie die Straße erreicht.
Plötzlich: ein Ruf.
Bartholomäus.
Er kommt hinter ihnen hergestürmt. Lorenzo zieht Silvio hinter sich her, aber das nützt nichts. Sie sind zu langsam. Und ein Auto ist auch nicht in Sicht.
Bartholomäus stürzt sich auf Lorenzo, reißt ihn zu Boden. Mit einem dumpfen Schlag landen beide auf dem Asphalt. Bartholomäus liegt auf ihm.
Warum?, keucht Lorenzo und schnappt nach Luft.
Bartholomäus antwortet nicht.
Ich dachte, Sie wären unser Freund, redet Lorenzo weiter. Ich habe geglaubt, Sie wollten uns helfen.
Bartholomäus steht auf, wischt sich Sand und Dreck von den Kleidern.
Sie hätten es längst begreifen müssen. Sie sind schließlich Professor.
Was begreifen?
Haben Sie wirklich geglaubt, ich würde meine Aufgabe verraten? Meinen Orden?
Aber Sie haben doch gesagt …
Haben Sie geglaubt, ich würde meinen Gott und Herrn Jesus Christus verraten? Ihretwegen? Um irgendjemandes willen? Für einen Professor sind Sie sehr leichtgläubig.
Draco lächelt nur. Höhnisch.
Ich war nie Ihr Freund, Professor Moretti, sagt Bartholomäus.
Lorenzo antwortet nicht.
Ihr Auftrag ist Ihnen von Gott gegeben, sagt Draco zu Lorenzo.
Euer Gott ist ganz offensichtlich nicht meiner.
Sie erkennen es selbst nicht, aber Sie sind ein Instrument unseres Herrn. Sie sollen uns helfen, die Bundeslade zu finden, Professor. Das ist Ihre Berufung. Gott hat Sie in diese betrübliche Welt gesetzt, damit Sie uns im Kampf gegen den Antichrist beistehen.
Ehrlich gesagt …
Wir sind alle Werkzeuge des Herrn, Professor Moretti. Ob wir es wollen oder nicht. In diesem Kampf gibt es viele Feinde. Antichrist. Satan. Baphomet, Baal, Beelzebub und alle Dämonen der Hölle. Die Endzeit ist angebrochen. Jesu Christi Wiederkunft ist nah. Er kehrt zurück, zu richten die Lebenden und die Toten. So steht es geschrieben. Unsere Pflicht, Professor, ist es, ihm beizustehen. Koste es, was es wolle.
Grob zerren die Mönche sie zurück zum Kleinbus.
Silvio weint.
So!, sagt Draco. Wo müssen wir hin?
Mir fehlt nicht mehr viel, bis ich …
Wo müssen wir hin ?
Wenn Sie mir noch etwas …
Zum dritten und letzten Mal: Wo müssen wir hin?
Ich bin praktisch fertig mit …
Draco reißt Silvio zur Seite und zieht eine Pistole. Silvio kreischt hysterisch.
Professor Moretti, sagt Draco, ich glaube, Sie haben den Ernst der Lage nicht richtig verstanden.
Lassen Sie den Jungen los!
Wo müssen wir hin?
Tun Sie ihm nichts! Ich werde alles sagen!
Sagen Sie es!
Die eine Chiffre bedeutet: Michelangelo.
Stille.
Michelangelo?, fragt Draco.
Ja. Michelangelo.
Was soll das bedeuten? Michelangelo? Das kann doch alles bedeuten.
Darum hat Nostradamus auch zwei Codes verwendet. Sie hängen zusammen.
Und wie lautet der zweite?
Mit dem bin ich noch nicht ganz fertig.
Meine Geduld ist am Ende.
Ich stehe kurz vor der Lösung!
Jetzt!
Draco zielt mit der Pistole auf Silvio.
Lorenzo denkt: Er droht nur. Er tut das, um mich zu zwingen. Er macht niemals ernst. Natürlich nicht. Aber ich kann nicht riskieren, mich zu irren. Was, wenn er verrückt ist? Wenn er es doch ernst meint?
Mit dem Vigenère-Quadrat vor sich auf dem Tisch schreibt er die letzte Chiffre – GRNVLGFFCGQMFVNBP – unter das Schlüsselwort ORACLE .
Schlüsselwort: ORACLEORACLEORACL
Chiffretext: GRNVLGFFCGQMFVNBP
Was wird das?, fragt Draco.
Er sucht die Stelle, wo das erste O im Klartext auf ein G im Chiffretext stößt. Es
Weitere Kostenlose Bücher