Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
nach dem Gleichen. Was auch immer das sein sollte.
Trotz Nick Carvers diverser Spionagesatelliten und sonstiger Hightech-Ausrüstung waren und blieben die Mönche unauffindbar. Und mit ihnen Lorenzo und Silvio Moretti. Alles in allem waren also die uralten Hinweise die einzigen Anhaltspunkte, die wir hatten.
III
Die Offenbarung des Johannes hat mich schon immer fasziniert. In ihr finden sich die dramatischsten Szenen der Weltliteratur. Die Apokalypse. Der Weltuntergang. Die Endzeit.
Und die letzte Lösung des Rätsels, das Nostradamus hinterlassen hatte.
»Nostradamus hat sich umständlich ausgedrückt, um etwas Überdeutliches zu verschleiern«, erklärte ich.
Um mich herum standen Nick Carver, William Blackmore, Bernardo Caccini und Fabrizio Biniscotti und lauschten aufmerksam meinen Ausführungen. Aufgeregt hatte ich sie geweckt und verkündet, ich hätte eine Theorie, wie man das Geheimnis des Kodex lüften könnte. Jetzt stand ich mit einer viel gelesenen Ausgabe des Neuen Testamentes in der Hand vor ihnen.
»Das Wort, nach dem wir gesucht haben, Blutregen , kommt nicht in der Bibel vor. Genauso wenig wie dort steht, dass es Blut regnet. Nicht explizit.«
Ich schlug die Offenbarung des Johannes auf.
»›Und der erste Engel blies seine Posaune; da kam Hagel und Feuer, mit Blut vermengt, und fiel auf die Erde‹. 33 Und wenn Hagel und Feuer mit Blut vermischt auf die Erde fallen«, sagte ich, »kann man sagen, dass es Blut regnet.«
»Unglaublich!«, platzte Bernardo Caccini heraus. »Sie haben recht! Blutregen! Wie wahr!«
Er konsultierte ein Register über die Verteilung der Bibelstellen im Codex Amiatinus , ehe er behutsam die entsprechende Seite der Offenbarung in der alten Bibel aufschlug. Aber wo stand dort irgendein Hinweis auf die Bundeslade? Es gab keine Randnotiz. Und definitiv keinen konkreten Hinweis auf die Gesetzestruhe.
Nichts. Hatte ich mich geirrt?
Nein.
Es brauchte einen schwachsichtigen Dozenten aus Norwegen, um das zu entdecken, was alle Experten übersahen.
Nicht im Text. Aber in der Illumination. In dem farbigen, vergoldeten Bild, das den ersten Buchstaben in der linken Spalte schmückte: vor zwei der mächtigen Engel des Herrn schimmerte die Bundeslade.
Aber es waren weder die zwei Seraphim noch die Abbildung der Bundeslade, die mich in begeistertes Lachen ausbrechen ließen.
Es war der Hintergrund.
Die Sphinx in Ägypten.
IV
Nick Carver sah mich fragend an. Ein erhebendes Gefühl.
»Ich verstehe nicht, wie die Abbildung der Sphinx uns einer Lösung näherbringen soll«, sagte er. »Darf ich in Erinnerung rufen, dass der Codex Amiatinus eine northumbrische Bibel aus dem 8. Jahrhundert ist. Wie soll die Zeichnung der Sphinx in einer 1300 Jahre alten Bibel Licht auf etwas werfen, das sich viele tausend Jahre zuvor in Ägypten ereignet hat? Woher sollten die Mönche in Northumbrien wissen, wo die Steintafeln in der Bundeslade versteckt waren? Und wieso malten sie die Sphinx in den Codex Amiatinus , der ein Geschenk für den Papst war?«
»Sie machen einen Denkfehler«, sagte ich. »Ein logischer Fehlschluss. Die Mönche haben überhaupt nichts gewusst.«
»Und wie konnten sie dann den Hinweis einbauen?«
»Es war umgekehrt. Es war Nostradamus – nicht die Mönche –, der wusste, dass das Geheimnis in der Sphinx verborgen ist. Nostradamus hat im Codex Amiatinus geblättert und sich gedacht, dass er die Zeichnung als Hinweis nutzen kann. Finde den Bogen, wo Blut regnet . Die Mönche hatten die Pyramide, die Sphinx und die Lade als Illustrationen gemalt. Nostradamus hat beschlossen, sie als Hinweis für Cosimo I . und seine Nachfolger zu nutzen.«
Nick Carvers Gesicht war abzulesen, wie es ihm zu dämmern begann.
»Die Mönche haben nichts gewusst«, murmelte er. »Sie haben die Sphinx nicht als Hinweis gemalt. Nostradamus hat die Illumination als Hinweis genutzt – achthundert Jahre später.« Er schlug sich mit dem Handrücken gegen die Stirn. Dann packte er mich recht unerwartet an den Oberarmen. »Wir müssen nach Ägypten.«
»Wir?«
»Es muss noch viel vorbereitet werden!«
Es hörte sich fast so an, als wollte er auf der Stelle das Geheimnis lüften, das die Sphinx seit fast fünftausend Jahren hütete.
V
Angeregt und sehr zufrieden mit mir trat ich aus der Bibliothek auf den Platz vor der Basilika San Lorenzo und setzte mich auf die Steintreppe. Florenz erwachte. Die Sonntagsstille wurde von ersten Geräuschen durchbrochen: einem Ruf, einem Kläffen,
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