Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
Angelica übergab, löste sich etwas in ihm. Er begann zu schluchzen.
»Oh, Silvio! Silvio! Silvio!« Angelica drückte ihren Sohn weinend an sich.
Der Kampf im Bus war vorbei. Der Fahrer und der an der Hand verletzte Mönch standen mit erhobenen Händen da. Ein Schrank von einem Mann hatte die Hände hinter dem Nacken verschränkt. Hoch erhobenes Haupt. Wie ein stolzer König inmitten einer Revolution.
Einer der Soldaten führte Professor Moretti aus dem Bus.
Hinter ihnen verließen die Mönche in Reih und Glied den zerschossenen Kleinbus. Ich zählte sechs. Glassplitter im Haar. Einige bluteten. Der größte ging vorweg. Was für ein Riese. Die Soldaten brachten sie zu den Polizisten, die ihnen Handschellen anlegten und sie in die Polizeiwagen verfrachteten.
Ich sah mir das Wiedersehen zwischen Angelica und dem Professor aus der Distanz an.
Sie hatten sich in ein stilles Eckchen unter einem Laternenpfahl zurückgezogen. Mehrere Minuten standen sie dort in inniger, stummer Umarmung. Eng umschlungen drückten sie sich aneinander. Sie hatten Silvio zwischen sich auf dem Arm. Er wollte seine Mutter nicht mehr loslassen. Sie wiegten hin und her. Wie Schilf im Wind. Sie weinten leise. Kein Wort. Nur diese Umarmung. Dann setzten sie den Jungen ab, sahen sich tief in die Augen und küssten sich.
Ein Neuanfang, dachte ich.
33 Offenbarung des Johannes, Kap. 8, Vers 7.
Epilog
Herr der Wahrheit, Vater der Götter,
Schöpfer der Menschen und Tiere. […]
Du hast Himmel und Erde erschaffen.
HYMNE ZU EHREN DES GOTTES AMUN-RE
ÄGYPTISCHES TOTENBUCH
(2400 V. CHR.)
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
Und die Erde war wüst und leer,
und es war finster auf der Tiefe;
und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.
SCHÖPFUNGSGESCHICHTE
1. BUCH MOSE
(950 V. CHR.)
S o wie jede Geschichte einen Anfang hat, hat sie auch einen Schluss.
Ich fuhr von Florenz heim nach Oslo – meine graue und schöne Stadt –, in einem merkwürdigen Zustand von Euphorie und Traurigkeit. Ich freute mich über alles, was wir herausgefunden hatten, alle Rätsel, die wir gelöst hatten, und über die Tatsache, dass wir Professor Moretti und Silvio gerettet hatten. Zugleich belasteten mich die Morde an Regina Ferrari und Theophilus de Garencières. Außerdem war ich erfüllt von der unterdrückten Sehnsucht nach einer unerreichbaren Frau.
Ich saß in meinem Büro in der Universität, als Nick Carver mich von einem Satellitentelefon aus einer ägyptischen Wüste anrief. Seine Stimme verschwand immer wieder zwischendurch. Er wollte, dass ich käme. Ich hätte mit Angelica und Professor Moretti zur Lösung des Rätsels beigetragen, sagte er, darum sei es nur recht und billig, dass wir den Fund eher zu sehen bekämen als der Rest der Welt.
»Fund? Was für ein Fund?«, fragte ich. Ich war nun mal ein neugieriger Mensch.
Ägypten
L UXOR,
D ONNERSTAG
Ich landete am späten Nachmittag in Luxor. Die Sonne hing schwer und träge am nachmittäglichen Himmel.
Luxor, oberes Ägypten … Amun-Res Stadt. Der mächtigste aller Götter, bis Jahve ihn mit göttlicher Allmacht vom Thron stieß und zunichtemachte. Ein Sonnengott. Kein Wunder, dass ich fast vor Hitze verging.
Ich war schon einmal hier gewesen, hätte also auf die erdrückende Hitze vorbereitet sein sollen.
William Blackmore erwartete mich am Flughafen. Nick Carver befand sich noch immer an einem Ort in der Wüste. Angelica und Professor Moretti waren früher am Tag aus Florenz eingetroffen.
Am Abend versuchte ich in unserem Hotel in Luxor, Blackmore das große Geheimnis zu entlocken. Er wollte nichts sagen. Aber er gab uns eine kurze Zusammenfassung dessen, was uns die nächsten Tage erwartete. Morgen: die Wüste. Samstag: Gizeh und die Sphinx.
»Fahren wir nach Sinai?«, schlug ich vor. Immerhin hatte Moses dort die Steintafeln mit den Zehn Geboten überreicht bekommen.
»Falsche Richtung!«, sagte Blackmore.
Im Westen lag die riesige Sahara.
Der Kamil-Krater
U WEINAT- W ÜSTE,
F REITAG
Dieses Pantheon toter Götter …
Vor viertausend Jahren haben die Babylonier den mächtigen Marduk angebetet, die Ägypter den Sonnengott Amun-Re und seine Heerschar untergeordneter Gottheiten. Dann kam der ohne Namen , Elohim, der Jahve der Juden, und sagte: Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Er kriegte seinen Willen. Ein Gott nach dem anderen verkümmerte unter dem unbarmherzigen Mangel an Anbetung: die Götter der Babylonier, der Ägypter, der Griechen, der Römer. Ihre Tempel
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