Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
begegnet, ein Römer Jupiter. Hindus und Buddhisten hätten das Nirwana erlebt. Und das Orakel von Delphi und Nostradamus? Die haben gar keine Götter vor sich gesehen. Sie haben die Zukunft geschaut. Genau wie bei den Propheten waren die Halluzinationen mit ihrem Glaubensapparat verknüpft.«
Halluzinationen, dachte ich bei mir. Die Kraft des Meteoriten … William Blackmore und Nick Carver sprachen von Göttern und Kräften, die nicht irgendwo im Himmel existierten, sondern nur in uns selbst, in unserer eigenen Vorstellungswelt.
»Mein gesamtes Berufsleben habe ich dem Studium des menschlichen Gehirns und dem Einfluss von Religion und Göttern darauf gewidmet«, sagte William Blackmore. »Das Gehirn ist disponiert für den Glauben. Wir glauben nur an verschiedene Dinge, verschiedene Götter. Christen, Juden und Muslime. Hindus, Buddhisten und Sikhs. Alle haben sie einen komplexen und ausgeklügelten Glaubensapparat. Andere glauben an das Paranormale, das Fantastische, Okkulte, Magie, New Age und Astrologie. Sie glauben mit der gleichen Überzeugung daran wie die Religiösen. Und all diesen Gefühlen, diesen Überzeugungen, können ganz konkrete Bereiche des Gehirns zugeordnet werden. Das Gehirn ist das komplizierteste und komplexeste Organ des menschlichen Körpers. Eine Kommandozentrale für all unsere rationalen und irrationalen Handlungen, Gedanken und Gefühle.«
Er sah uns einen nach dem anderen an. Ich versuchte, mir mein eigenes Gehirn vorzustellen – das gerade arg gefordert wurde.
»Manche Gehirne gehören Genies und großen Denkern. Andere Gehirne schaffen Despoten. Manche Gehirne bringen große Kunst hervor, andere die schrecklichsten Grausamkeiten. Und das Gehirn lässt sich manipulieren. Einfach. Die meisten von uns tun das jeden Tag. Indem wir eine Tasse Kaffee trinken. Eine Zigarette rauchen. Eine Pille nehmen. Wir trinken ein Glas Wein oder Bier, einen Drink. Warum? Um unser Gehirn und unseren Sinnesapparat zu stimulieren und zu manipulieren. Drogen haben einen noch stärkeren Effekt. Manches macht einen schlapp. Anderes hebt die Stimmung. Manche Stoffe lösen Halluzinationen und Wahnvorstellungen aus, andere haben einen psychedelischen, bewusstseinserweiternden Effekt. Wir hören und sehen Dinge, die nicht da sind. Wir werden in tranceartige Zustände versetzt, in denen die Wirklichkeit sich auflöst. Halluzinationen. Illusionen. Visionen. Religiöse Offenbarungen.«
William Blackmore machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr.
»Und genau diesen Effekt haben die chemischen Stoffe in diesem Meteoriten auf das menschliche Gehirn. Stellen Sie es sich als Sauerstofftrip vor. Die Zusammensetzung der Stoffe in dem Meteoriten beeinflusst das Gehirn aller, die ihm nahe kommen. Wie eine Dosis LSD . Der Meteorit ruft Halluzinationen und religiöse Visionen hervor, die als göttliche Offenbarungen gedeutet wurden.«
Wir saßen da, sahen uns an und versuchten, die Reichweite dieser Enthüllung zu erfassen.
»Haben sie ihn deshalb in die Sphinx eingemauert?«, fragte Angelica. »Um diese Kräfte … loszuwerden?«
»Die Ägypter mussten sich vor dem Meteoriten schützen«, sagte Blackmore. »Den Schmuckstein konnten sie kontrollieren, weil er so klein war. Die Steintafeln ebenfalls. Man musste nur dafür sorgen, dass die Leute sich weit genug entfernt hielten. Und das ist ihnen ja gelungen … Aber die Kräfte des großen Meteoriten waren zu stark. Darum haben sie ihn in der Sphinx eingemauert. Als Selbstschutz, sozusagen.«
»Von was für Kräften sprechen wir eigentlich?«, fragte ich. »Strahlung?«
»Das wollen wir herausfinden«, sagte Blackmore. »Möglicherweise handelt es sich um Strahlung, aber wahrscheinlicher um Partikel, die der Meteorit abgibt. Mikroskopisch feiner Staub. Die Kombination der Elememte in dem Meteoriten beeinflusst das Gehirn auf eine Weise, die nicht ohne Weiteres erklärbar ist. Warum hatte ich wohl einen Schutzanzug an, als wir das Delphi-Amulett in der Medici-Kapelle geborgen haben? Wir wollten kein Risiko eingehen. Schließlich wussten wir, was für eine Wirkung das Amulett haben kann.«
»Inwiefern die Stoffe aus dem Meteoriten das menschliche Gehirn beeinflussen, ist uns bislang noch unbekannt«, fuhr Nick fort. »Forscher aller möglichen Fachrichtungen warten nur darauf, den Meteoriten auf den Tisch zu kriegen, um ihre Messungen und Experimente durchzuführen. Astrophysiker, Partikelphysiker, Kernphysiker, Atomphysiker, Festkörperphysiker, Plasmaphysiker,
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