Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
gesagt. Nein.
Aber ich war längst verloren. Was für ein Idiot ich doch war. Ein Idiot! Natürlich helfe ich Ihnen!
Ich gebe es unumwunden zu: Natürlich hatte ich mich in Angelica Moretti verliebt.
Ob sie das wusste?
Selbstverständlich.
Frauen merken so etwas immer. Sie sind mit einem Gefühlsbarometer ausgestattet, das intuitiv einen verliebten Mann erkennt, wie sehr er sich auch hinter einer Mauer aus Lachen, aufgesetzter Gleichgültigkeit, Ironie oder lautem Rülpsen versteckt.
Ich selbst bin recht mittelmäßig darin, meine Gefühle zu verbergen. Gleichzeitig ging ich davon aus, dass Angelica Moretti es gewohnt war, Männer zu verhexen. Eine Frau, für die unsere Bewunderung eine Selbstverständlichkeit war, die sie mit etwas hochmütiger Nachsicht entgegennahm. Ja, ja, ja, da wären wir also wieder . Vielleicht blickte sie ja gnädig darauf, dass ich sie anbetete wie ein Welpe sein Herrchen. Sie war mit ganzer Seele Frau, doch leider auch die Frau eines anderen Mannes. Was mich nicht daran hinderte, mich in sie zu verlieben. Zu meinen vielen Schwächen gehört es, mich immer wieder in das Unerreichbare zu verlieben: Die viel zu schönen Frauen. Die viel zu klugen. Die, die einen anderen lieben.
Was an Angelica Moretti ließ mein Herz schneller schlagen? Die simple Antwort könnte lauten: das Offensichtliche. Ihre Schönheit, ihre Figur, ihr verspielter Blick, ihr Lachen. Aber das waren nur banale Klischees. Es muss noch etwas anderes gewesen sein. Etwas tiefer Liegendes. Ich erkannte etwas in ihr, das ich nicht in Worte fassen kann. Eine Verletzlichkeit hinter ihrer mondänen Eleganz und Weltgewandtheit. Etwas Unausgesprochenes. Als gäbe es unter der äußeren, sichtbaren Hülle Angelica Morettis eine andere Version von ihr. Eine Frau, die sie in Schach zu halten versuchte. Vermutlich projizierte ich meine eigenen inneren Widersprüche und Schwächen in sie hinein. Es passiert mir immer leicht, dass ich mich in anderen spiegele.
»Warum sehen Sie mich so seltsam an?«, fragte sie.
»Ich muss Sie etwas fragen.« Das sagte ich nur, um Zeit zu schinden, in der ich fieberhaft nach einer Frage suchte. Dann fiel mir etwas ein. »Als sie kamen, um Sie zu holen. Die Entführer, im Auditorium. Was ist da passiert?«
Sie zögerte einen Augenblick. »Sie waren doch dabei …?«
»Deshalb frage ich ja. Wie haben Sie das geschafft …?«
»Taekwondo.«
»Der Kampfsport?«
»Taekwondo ist eigentlich eher ein Gemütszustand. Kein Kampfsport. Eine Lebensanschauung. Aber natürlich geht es dabei auch um Selbstverteidigung.«
»Eine ziemlich effektive Lebensanschauung für solche Anlässe.«
»Ich habe den schwarzen Gürtel, und in meiner Freizeit arbeite ich auch als Trainerin.« Sie sah sich um und nahm das Wasserglas vom Nachttischchen. »Ist es okay, wenn ich das als Aschenbecher benutze?«
Ich stand auf und ging ans Fenster, betrachtete die Journalisten und Polizisten auf dem Parkplatz. Dann setzte ich mich wieder aufs Bett. Eine Sprungfeder der Matratze gab ein erwartungsvolles Knirschen von sich.
»Ich verstehe nicht, worum es überhaupt geht«, sagte ich.
Angelica sah mich fragend an. Als wartete sie auf eine Fortsetzung oder noch besser: ein Fazit. Das ich aber nicht hatte. Schließlich zuckte sie mit den Schultern. »Letzten Endes geht es vermutlich um Geld.«
»Na ja. Private Sammler werden kaum Hunderttausende für eine spektakuläre Entführung aus einem Kulturzentrum investieren.«
»Und für ein antiquarisches Kleinod ungeahnten Wertes?«, fuhr sie fort.
»Das Amulett von Delphi?«
»Das Amulett, das Testament des Nostradamus, die Bibliothek des Teufels. Vielleicht ist das noch gar nicht alles.«
»Die Bundeslade«, sagte ich und erzählte Angelica von dem alten Dorfpfarrer, der meinte, es ginge bei dem Ganzen einzig und allein um die Bundeslade und die Gesetzestafeln.
»Ich habe das Gefühl, der Brief von Nostradamus an Großherzog Cosimo ist eine Art verschlüsselte Schatzkarte«, sagte ich.
»Lorenzo war genau dieser Meinung.«
»Kein seriöser Forscher glaubt daran, dass es das Amulett von Delphi tatsächlich gibt. Oder das Testament des Nostradamus, die Bibliothek des Teufels, die Bundeslade. Und von Cäsars Schatz hat bis jetzt kaum jemand gehört. Das sind alles nur Legenden und Mythen, die einer Wahrheit entsprungen sind, die mit der Zeit total verdreht worden ist.«
Obwohl? Als ich so darüber nachdachte, warum sollte das Orakel von Delphi nicht ein Amulett auf der Stirn
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