Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
die Tempelritter und Johanniter werden abgehandelt.«
»Wird auch Blutregen in dem Text erwähnt?«, fragte ich.
»Blutregen?«
»Ja. Wenn man nach etwas sucht, wo es Blut regnet – wo schaut man dann am besten nach?«
»Oh je«, sagte Carlo Cellini. »Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. An einer Stelle schreibt er von den treuen Hütern, die den Pfaden des Blutes folgen , was immer das heißen mag, und weiter, dass die Kundigen und Eingeweihten Anleitung finden würden in seinem letzten Almanach, den Prophezeiungen, den prophetischen Enthüllungen der frommen Heiligen und im Kodex des Hieronymus.«
»Apropos Verschwörungstheoretiker«, bemerkte ich. »Haben Sie schon einmal von dem Mönchsorden Vicarius Filii Dei gehört?«
»Stellvertreter des Sohnes Gottes. Ein fiktiver Orden. Wie die Bruderschaft vom Berg Zion. Ganz zu schweigen von den Illuminati. Der Illuminatus-Orden war zwar ganz richtig ein Geheimbund, der 1776 gegründet wurde, um in einer Welt voller selbst ernannter und vorurteilsbelasteter Autoritäten für die Ideale der Aufklärung zu kämpfen. Und da kommen die Verschwörungstheoretiker ins Spiel, die behaupten, die Illuminati würden noch heute unter uns leben, ganz im Geheimen, und die Weltgeschicke mit Hilfe von Staatsoberhäuptern und internationalen Konzernen lenken.«
Angelica seufzte demonstrativ. »Wie ist das also alles zu verstehen?«
»Lassen Sie es uns wie die Ingenieure halten«, sagte Carlo Cellini, »und die Probleme in möglichst kleine Einheiten aufteilen. Eine gigantische Hängebrücke zu bauen kommt einem anfangs als völlig unmögliches Unterfangen vor. Teilt man aber die Arbeit in kleinere Abschnitte auf, wird es plötzlich überschaubar.«
»Schießen Sie los!«, sagte ich.
»Also … Orus Apollo ist Nostradamus’ eigene Nachdichtung des griechischen Altertumswerkes Hieroglyphica . Mirabilis liber ist eine prophetische Schrift aus dem 16. Jahrhundert mit Heiligenvisionen und Prophezeiungen. Corpus Hermeticum ist ein Werk über Magie und Alchemie, das angeblich gegen Ende des 3. Jahrhunderts geschrieben wurde und 1455 in Florenz zirkulierte, mit Unterstützung von Cosimo de’ Medici und einigen Schriftgelehrten an seinem Hof. Codex Amiatinus ist die Version der Vulgata-Bibel, die in der Bibliothek Laurenziana liegt. Uralte Texte, mit anderen Worten.«
»Was ist mit den kryptischen Hinweisen?«
»Mit der Formulierung die treuen Hüter, die den Pfaden des Blutes folgen sind vermutlich die Kundigen und Eingeweihten gemeint. Und mit den prophetischen Enthüllungen der frommen Heiligen kann er eigentlich nur auf das Mirabilis liber anspielen. Der Kodex des Hieronymus verweist offensichtlich auf den Codex Amiatinus . Der Almanach war Nostradamus’ jährlich herausgegebenes Buch der Weissagungen. Er hatte 1550, nach einer langen Italienreise, damit begonnen. Der Erfolg des Almanachs war enorm. Kein Wunder also, dass er sich entschloss, jedes Jahr einen herauszugeben, teilweise sogar mehrere pro Jahr. Insgesamt umfassen die Almanache 6338 Prophezeiungen. Dazu kommen noch die Weissagungen in Les Prophéties und die Vorhersagen, die er für private Auftraggeber schrieb.«
III
Carlo Cellinis Zusammenfassung verwirrte mich vollends, ich kam nicht mehr mit. Wie um alles in der Welt sollte ich an all die uralten Schriften kommen? Wo sollte ich mit der Suche beginnen? Und wo war der Zusammenhang zwischen den unzähligen Schriften der Vergangenheit und dem Drama, in dem wir uns gegenwärtig befanden?
In Ermangelung einer ordentlichen Frage zeigte ich Carlo Cellini auf meinem iPad das Foto mit den zwei ungelösten Chiffren von Theophilus de Garencières.
δέκα Mei
ϢϪϪϪϯϯϮϤϦϭϧ
»Sagt Ihnen das was?«
Cellini setzte sich eine runde Nickelbrille auf und legte die Stirn in Falten. »Hm. Griechische, lateinische und koptische Buchstaben …«
»Ist Ihnen das schon mal untergekommen?«
»Noch nie.«
Carlo Cellini überhörte Angelicas und meinen gemeinsamen Seufzer und las weiter in dem Brief von Nostradamus an Katharina.
»Nostradamus schreibt hier, dass er Männer von Ehre in ganz Europa kontaktieren will. Männer von Ehre können alles sein, Mönche, Adelige oder Könige, aber ich schätze mal, er meint damit den gleichen Bund, auf den er früher im Text verweist – die Eingeweihten .«
»Wer soll das sein?«, fragte Angelica.
»Ein Bund …«, wiederholte ich. » Männer von Ehre . Was, wenn es den heute noch gibt?«
»Nicht sehr wahrscheinlich«,
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