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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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angeht, darüber möchte ich nicht richten. Es ist fast Mitternacht, Watson, und ich denke, wir machen uns auf den Weg zu unserer bescheidenen Wohnstatt.«

    Es ist allgemein bekannt, daß dieser einmalige Zwischenfall glücklicher endete, als Sir Robert es nach seiner Handlungsweise verdient hätte. Shoscombe Prince gewann das Derby tatsächlich, sein Sieg trug dem Eigentümer achtzigtausend Pfund an Wettgewinnen ein, die Gläubiger hielten sich bis nach dem Rennen zurück. Dann wurden sie bis auf den letzten Penny bezahlt, und es blieb für Sir Robert genug übrig, um sich wieder angemessen im Leben einzurichten. Die Polizei wie auch der Coroner betrachteten die Angelegenheit mit Nachsicht, und abgesehen von einer milden Rüge wegen des Versäumnisses der rechtzeitigen Meldung des Todes der Lady ging der glückliche Pferdebesitzer ohne Schaden aus dieser seltsamen Affäre hervor. Seither hat er zu einem Leben gefunden, das bald die Schatten vergessen machte und er

    warten läßt, daß er sein Dasein in einem geehrten hohen Alter beschließen wird.

Der Farbenhändler im Ruhestand

    Sherlock Holmes befand sich an jenem Morgen in einer melancholischen und philosophischen Stimmung. Seine lebhafte, aktive Natur war solchen Reaktionen manchmal ausgesetzt.
      »Haben Sie ihn gesehen?« fragte er.
      »Sie meinen den alten Knaben, der eben hi
    nausging,«
      »Genau den.«
      »Ja, ich traf ihn an der Tür.«
      »Was halten Sie von ihm?«
      »Eine rührende, nutzlose, gebrochene Kreatur.«
      »Exakt, Watson. Rührend und nutzlos. Aber ist nicht das ganze Leben rührend und nutzlos? Wir kommen an. Wir ergreifen Besitz. Und was halten wir am Ende in den Händen? Einen Schatten. Oder Ärgeres als einen Schatten – das Elend.«
      »Ist er einer Ihrer Klienten?«
      »Nun, ich nehme an, ich darf ihn so nennen. Der Yard hat ihn geschickt. So wie manchmal Ärzte ihre Unheilbaren zu einem Quacksalber schikken. Sie begründen das damit, daß sie nichts mehr tun können und daß es dem Patienten, was auch immer geschieht, nicht übler ergehen kann, als es ihm schon ergeht.«
      »Worum handelt es sich?«
      Holmes nahm eine ziemlich schmuddelige Visitenkarte vom Tisch, »Josiah Amberley. Er sagt, er war Juniorpartner von Brickfall & war Juniorpartner von Brickfall & Amberley, einer Firma, die Künstlerbedarf herstellt. Sie können die Namen auf Malkästen lesen. Er hat ein bißchen was zurückgelegt, zog sich mit einundsechzig vom Geschäft zurück, kaufte ein Haus in Lewisham und ließ sich nieder, um von einem Leben in unaufhörlicher Plackerei auszuruhen. Man sollte annehmen, daß seine Zukunft leidlich gesichert war.«
      »Ja, in der Tat.«
      Holmes überflog einige Notizen, die er auf die Rückseite eines Umschlags gekritzelt hatte.
      »Zurückgezogen hat er sich 1896, Watson. Zu Anfang des Jahres 1897 heiratete er eine zwanzig Jahre jüngere Frau, die überdies gut aussah, wenn die Fotografie nicht schmeichelt. Ein Auskommen, eine Frau, Muße – eine gerade Straße schien vor ihm zu liegen. Und doch war er binnen zweier Jahre, wie Sie gesehen haben, so gebrochen und elend, wie ein Geschöpf unter der Sonne nur sein kann.«
      »Aber was ist passiert?«
      »Die alte Geschichte, Watson. Ein verräterischer Freund und ein wankelmütiges Weib. Wie es scheint, gibt es in Amberleys Leben ein einziges Hobby, das Schachspiel. Nicht weit von ihm in Lewisham wohnte ein junger Arzt, ebenfalls ein Schachspieler. Ich habe den Namen als Dr. Ray Ernest notiert. Ernest war häufig im Hause, und als natürliche Folge ergab sich, daß er und Mrs. Amberley miteinander intim wurden; denn Sie müssen zugeben, unser unglücklicher Klient hat ein wenig anziehendes Äußeres, was er auch für innere Werte besitzen mag. Das Paar hat sich letzte Woche davongemacht – mit unbekanntem Ziel. Mehr noch: die treulose Gattin ließ die Dokumentenschatulle des alten Mannes als ihr persönliches Reisegepäck mitgehen, in der sich ein Großteil seiner Ersparnisse für den Lebensabend befand. Können wir die Lady finden? Können wir das Geld sicherstellen? Ein alltäglicher Fall, was sich bis jetzt sagen läßt, und doch ein lebenswichtiger für Josiah Amberley.«
      »Was wollen Sie tun?«
      »Nun, die unmittelbare Frage, mein lieber Watson, muß eigentlich lauten: Was wollen Sie tun? – Wenn Sie so gut sein wollen, mich zu unterstützen. Sie wissen, daß ich vollauf mit dem Fall der beiden koptischen

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