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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Paneelen, gewirkten Tapeten und alten Gemälden, auf denen man kaum noch etwas erkennen konnte – ein Haus der Schatten und der Geheimnisse. Sie haben einen Butler, den alten Ralph, der fast so alt zu sein scheint wie das Haus selbst, und seine Frau ist womöglich noch älter. Sie war Godfreys Amme, und ich wußte von ihm, daß er ihr nach der Mutter die meiste Zuneigung entgegenbrachte, und so fühlte ich mich von ihr angezogen, trotz ihres seltsamen Äußeren. Die Mutter gefiel mir auch – eine sanfte kleine graue Maus von Frau. Es war nur der Colonel, den ich nicht leiden konnte.
      Gleich anfangs schon hatten wir eine Kabbelei, und ich hätte gleich wieder abfahren sollen, wenn da nicht das Gefühl gewesen wäre, ich täte ihm damit einen Gefallen. Ich wurde direkt in sein Arbeitszimmer geleitet, und da traf ich ihn, einen sehr großen Mann mit gekrümmtem Rücken, dunkler Haut und einem spärlichen grauen Bart; er saß an einem unordentlichen Schreibtisch. Die von rötlichen Äderchen durchzogene Nase stach hervor wie ein Geierschnabel, und glühende Augen unter buschigen Brauen starrten mich an. Jetzt begriff ich, warum Godfrey selten von seinem Vater gesprochen hatte. ,
      ›Nun, Sir‹, sagte er mit , krächzender Stimme, ›mich würde interessieren, warum Sie wirklich hierhergekommen sind.‹
      Ich antwortete, daß ich das schon in meinem Brief an seine Frau dargelegt hätte.
      ›Ich weiß, ich weiß. Sie sagten, Sie kennen Godfrey von Afrika her. Da müssen wir uns natürlich ganz auf Ihr Wort verlassen.‹
      ›Ich habe Briefe von ihm in der Tasche.‹
      ›Kann ich die bitte mal sehen?‹
      Er warf einen Blick auf die zwei, die ich ihm gegeben hatte, und reichte sie mir dann zurück.
      ›Worum geht es also?‹ fragte er.
      ›Ich mochte Ihren Sohn Godfrey, Sir. Viele gemeinsame Erinnerungen verbinden uns. Ist es da nicht nur natürlich, daß ich mich über sein plötzliches Schweigen wundere und wissen möchte, was aus ihm geworden ist?‹
      ›Mir scheint, Sir, als hätte ich Ihnen schon geschrieben und Ihnen mitgeteilt, was aus ihm geworden ist. Er befindet sich auf einer Reise rund um die Welt. Nach seinen Erlebnissen in Afrika war es um seine Gesundheit schlecht bestellt, und seine Mutter und ich kamen zu der Überzeugung, daß völliges Ausspannen und ein Wechsel vonnöten seien. Bitte, teilen Sie das auch anderen Freunden mit, die sich dafür interessieren.‹
      ›Das werde ich tun‹, antwortete ich. ›Aber vielleicht könnten Sie mir freundlicherweise den Namen der Linie des Dampfers, auf dem er sich be findet, mitteilen und auch den Tag der Abreise. Ich bin überzeugt, daß ich ihm einen Brief zukommen lassen könnte.‹
      Meine Bitte schien den Gastgeber zu verwirren und zu verärgern. Seine schweren Brauen runzelten sich und senkten sich über die Augen, und er trommelte ungeduldig mit den Fingern auf der Tischplatte. Schließlich sah er mich mit einem Blick an, mit dem man einen Gegner beim Schach bedenkt, der einen gefährlichen Zug gemacht hat, nachdem man zu einer Entscheidung gekommen ist, wie man dem begegnen kann.
      ›Manch einer, Mr. Dodd‹, sagte er, würde sich von Ihrer verfluchten Hartnäckigkeit beleidigt fühlen und denken, daß Ihre Beharrlichkeit die Grenze zu verdammter Unverschämtheit überschritten hat.‹
      ›Sie müssen es, Sir, meiner Zuneigung zu Ihrem Sohn zuschreiben.‹
      ›Sie sagen es. Und ich habe dem auch schon soweit wie möglich Rechnung getragen. Trotz allem muß ich Sie bitten, Ihre Nachforschungen einzustellen. Jede Familie hat ihre Intimitäten und Motive, die Außenstehenden nicht immer klargemacht werden können, so freundlich auch deren Beweggründe sein mögen. Meine Frau brennt darauf, etwas aus Godfreys Vergangenheit zu erfahren, und Sie können ihr Auskunft geben. Aber ich möchte Sie bitten, seine Gegenwart und seine Zukunft in Ruhe zu lassen. Derartige Nachforschungen sind nutzlos, Sir, und bringen uns nur in eine heikle und schwierige Lage.‹
      Da war ich denn mit meinem Latein am Ende, Mr. Holmes. Es ging einfach nicht weiter. Mir blieb nichts übrig, als so zu tun, als akzeptierte ich die Situation, und ich leistete im Innern den Schwur, nicht zu ruhen, bis das Schicksal meines Freundes aufgeklärt sein würde. Es war ein unerfreulicher Abend. Wir drei dinierten schweigend in einem düsteren, alten Raum mit verblaßten Vorhängen. Die Dame befragte mich eifrig nach ihrem Sohn, der alte

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