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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Angelegenheiten zusammen – eine Anleihe oder Aktien mögen sich in dem Kasten befinden.«
      »Und der Wolfshund mißbilligt zweifellos das Finanzgeschäft. Nein, nein, Watson, da steckt mehr dahinter. Nun, ich kann mir nur vorstellen…«
      Was Holmes sich gerade vorstellte, wird nie bekannt werden, denn in diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und eine junge Dame wurde ins Zimmer geführt. Bei ihrem Erscheinen sprang Mr. Bennett mit einem Schrei auf; er lief ihr mit ausgestreckten Händen entgegen und umfaßte ihre ebenfalls ausgestreckten Hände.
      »Edith! Liebes! Es ist doch hoffentlich nichts passiert?«
      »Ich mußte dir folgen. O Jack, ich hatte so fürchterliche Angst! Es ist schrecklich, allein dort zu sein.«
      »Mr. Holmes, das ist die junge Dame, von der ich gesprochen habe. Meine Verlobte.«
      »Allmählich wären wir selber darauf gekommen, nicht wahr, Watson?« antwortete Holmes lächelnd. »Ich nehme an, Miss Presbury, daß es etwas Neues gibt und daß Sie dachten, wir sollten davon wissen.«
      Unsere Besucherin, ein heiteres, hübsches Mädchen vom konventionellen englischen Typus, erwiderte Holmes’ Lächeln, als sie sich neben Mr. Bennett setzte.
      »Ich hörte, Mr. Bennett habe das Hotel verlassen, und da dachte ich, ich könne ihn hier finden. Er hat mir selbstverständlich gesagt, daß er Sie konsultieren wollte. Ach, Mr. Holmes, können Sie nichts für meinen armen Vater tun?«
      »Ich hoffe es, Miss Presbury, aber der Fall liegt noch im Dunkeln. Vielleicht kann das, was Sie zu sagen haben, ein neues Licht werfen.«
      »Es war in der vergangenen Nacht, Mr. Holmes. Den ganzen Tag über ist er sehr sonderbar gewesen. Ich bin sicher, daß er zeitweise keine Erinnerungen an das hat, was er tut. Er lebt wie in einem seltsamen Traum. Gestern zum Beispiel. Das war nicht mein Vater. Seine äußere Hülle war da, aber das war nicht wirklich er.«
      »Erzählen Sie mir, was geschehen ist.«
      »In der Nacht wachte ich vom wütenden Gebell des Hundes auf. Armer Roy, er ist jetzt beim Stall angekettet. Ich muß noch sagen, daß ich immer bei abgeschlossener Tür schlafe, denn, wie Jack – wie Mr. Bennett Ihnen bestätigen kann, haben wir alle das Gefühl drohender Gefahr. Mein Zimmer liegt in der zweiten Etage. Meine Jalousie war hochgezogen, und der Mond schien hell. Wie ich so dalag, die Augen auf das Lichtquadrat gerichtet, und auf das wilde Bellen des Hundes horchte, war ich bestürzt, als ich meinen Vater hereinschauen sah. Mr. Holmes, ich wäre vor Überraschung und Schrecken fast gestorben. Das Gesicht war gegen die Scheibe gepreßt, und er hatte eine Hand erhoben, als wollte er das Fenster hochschieben. Wenn sich das Fenster geöffnet hätte, ich glaube, ich wäre verrückt geworden. Das war keine Täuschung, Mr. Holmes. Lassen Sie sich von solch einer Überlegung nicht irreleiten. Ich glaube, ich habe ungefähr zwanzig Sekunden wie gelähmt gelegen und das Gesicht beobachtet. Dann verschwand es, aber ich konnte nicht – ich konnte nicht aus dem Bett springen und nachsehen. Kalt und zitternd lag ich bis zum Morgen. Beim Frühstück benahm er sich verletzend und grimmig und erwähnte das nächtliche Abenteuer mit keinem Wort. Ich sagte auch nichts, aber ich erfand eine Ausrede, um in die Stadt fahren zu können, und hier bin ich.«
      Holmes war von Miss Presburys Erzählung sichtlich überrascht.
      »Meine liebe junge Dame, Sie sagen, daß Ihr Zimmer im zweiten Stock liegt. Gibt es eine lange Leiter im Garten?«
      »Nein, Mr. Holmes, das ist ja das Erstaunliche an dem Vorfall. Es ist unmöglich, das Fenster zu erreichen – und doch war er da.«
      »Das war am 5. September«, sagte Holmes. »Das kompliziert die Sachlage.«
      Jetzt war es an der jungen Dame, verwundert dreinzusehen.
      »Dies ist das zweite Mal, daß Sie sich auf ein Datum beziehen, Mr. Holmes«, sagte Bennett. »Ist es möglich, daß das für den Fall eine Bedeutung hat?«
      »Es ist möglich – sehr wohl möglich – und doch, ich habe noch nicht alles Material beisammen.«
      »Sie denken möglicherweise an einen Zusammenhang zwischen Geisteskrankheit und den Phasen des Mondes?«
      »Nein, bestimmt nicht. Ich habe einen ganz anderen Gedanken. Vielleicht können Sie mir Ihr Notizbuch hierlassen, damit ich die Daten überprüfen kann. Jetzt, Watson, glaube ich, ist unser Plan völlig klar. Die junge Dame hat uns mitgeteilt – und ich habe das größte Vertrauen

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