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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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einer Wand glotzte Scott der ausgestopfte Kopf eines Hirschs mit Glasaugen entgegen. An einem seiner Geweihenden war ein T-Shirt aufgehängt. Er versuchte sich vorzustellen, wie es in den Jahren ausgesehen hatte, als O’Connell noch hier lebte, und erkannte das Potenzial eines nor malen Zuhauses. Wenn man das Gerümpel aus dem Garten räumte, drinnen den ganzen Müll wegwarf, das Sofa reparierte, Stühle beschaffte, ein paar Poster an die Wände hängte und alles mit Farbe auffrischte, wäre es halbwegs akzeptabel gewesen. Der ganze Unrat sagte ihm viel über den Vater und wenig über den Sohn. Wahrscheinlich hatte der Senior seine tote Frau und seinen abwesenden Sohn durch dieses Chaos ersetzt.
    Scott setzte sich auf einen Stuhl, der gefährlich knarrte und zusammenzubrechen drohte, bevor er sich an O’Connells Vater wandte.
    »Ich habe die Leute hier befragt, weil Ihr Sohn etwas hat, das der Person gehört, die ich vertrete. Mein Klient will es wiederhaben.«
    »Dann sind Sie ’n Anwalt?«
    Scott zuckte die Achseln.
    O’Connell ließ sich auf einen Polstersessel fallen und legte sich den Axtstiel über die Beine. »Und wer mag wohl dieser Boss von Ihnen sein?«
    Scott schüttelte den Kopf. »Namen tun wirklich nichts zur Sache.«
    »Na schön, Mr. Smith. Dann sagen Sie mir wenigstens, womit er sein Geld verdient.«
    Scott setzte das gemeinste Grinsen auf, das er zuwege brachte. »Mein Klient verdient einen Haufen Geld.«
    »Legal oder illegal?«
    »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen raten kann, diese Frage zu stellen, Mr. O’Connell. Und falls ich sie beantworten würde, dann wäre es ohnehin eine Lüge.« Scott hörte sich reden und war über die Leichtigkeit, mit der er eine Figur und eine Geschichte dazu erfand, um den Senior reinzulegen, selbst entsetzt. Gier, dachte er, ist eine starke Droge.
    O’Connell lächelte. »Sie wollen also mit meinem eigensinnigen Bengel Kontakt aufnehmen. Können ihn in der Stadt nicht auftreiben, wie?«
    »Nein, er scheint abgetaucht zu sein.«
    »Und da schnüffeln Sie hier herum.«
    »Nur eine von mehreren Möglichkeiten.«
    »Meinem Jungen gefällt es hier nicht.«
    Scott hob die Hand, um O’Connells Vater das Wort abzuschneiden. »Halten wir uns nicht mit dem Offensichtlichen auf«, sagte er gespreizt. »Können Sie uns dabei helfen, Ihren Sohn zu finden?«
    »Wie viel?«
    »Wie viel Hilfe können wir von Ihnen erwarten?«
    »Kann ich nicht sicher sagen. Wir reden nicht viel miteinander.«
    »Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«
    »Vor’n paar Jahren. Wir verstehen uns nicht allzu gut.«
    »Und während der Feiertage?«
    O’Connell schüttelte den Kopf. »Ich sag ja, wir verstehen uns nicht gerade toll. Was hat er denn geklaut?«
    Scott lächelte. »Noch einmal, Mr. O’Connell, solche Informationen würden Sie in eine, wie soll ich sagen, prekäre Lage bringen. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Ich bin ja nicht blöd. Sicher verstehe ich Sie. Und wie prekär genau, Mr. Jones?«
    »Spekulationen sind unergiebig.«
    »Ich meine, wie tief sitzt er in der Scheiße? So tief, dass er mit ’ner Menge Prügel zu rechnen hat? Oder mit ’ner Ladung Blei?«
    Scott holte Luft und überlegte fieberhaft, wie weit er die Geschichte treiben durfte.
    »Sagen wir mal, er kann den Schaden, den er angerichtet hat, wiedergutmachen. Aber das erfordert Kooperation. Es geht um eine heikle Angelegenheit, Mr. O’Connell. Und wenn wir noch länger warten müssten, könnte es wirklich problematisch werden.« Scott fühlte sich innerlich eiskalt.
    »Was, Drogen? Hat er jemandem Drogen geklaut? Oder Geld?«
    Scott lächelte. »Mr. O’Connell, ich will es einmal so sagen. Sollte Ihr Sohn versuchen, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen, und Sie würden uns darüber in Kenntnis setzen, dann würden wir uns dafür erkenntlich zeigen.«
    »Wie viel?«
    »Das fragten Sie bereits.« Scott stand auf, ließ den Blick durchs Zimmer schweifen und entdeckte einen Flur, der zu den Schlafzimmern im hinteren Teil des Hauses führte. Er war schmal, stellte er fest, und bot wenig Bewegungsspielraum. »Verständigen wir uns einfach darauf, dass es ein hübsches Weihnachtsgeschenk wäre.«
    »Falls ich den Jungen finde, wie krieg ich dann Sie zu fassen? Haben Sie ’ne Telefonnummer für mich?«
    Scott sprach so überheblich wie möglich. »Mr. O’Connell. Ich hab’s nicht so mit Telefonieren. Man hinterlässt Spuren, kann zurückverfolgt werden.« Er deutete auf den Computer »Können Sie mir eine

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