Das Opfer
stieg, auf Scott gestützt, über die Leiche von O’Connells Vater. »Ich brauche Hilfe.« Sie legte einen Arm um seine Schulter, und er ging langsam mit ihr Richtung Tür. »Die Pistole«, flüsterte sie. »Die Pistole, die muss mit.«
Scott sah sich um und entdeckte die Waffe auf dem Boden. Er hob sie auf und holte auch Hopes Rucksack. Er ließ die Waffe wieder in den Plastikbeutel fallen, machte ihn zu und warf sich den Beutel über die freie Schulter.
»Gehen wir«, sagte er.
Sie stolperten durch die Tür, und Scott half Hope in den Schatten des Carports. Dort setzte er sie mit dem Rücken an die Wand. »Ich muss überlegen.«
Sie nickte und sog die kalte Luft ein. Es half ihr, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Der Gedanke, wie knapp sie dem Tod entronnen war, gab ihr Kraft. Sie rappelte sich ein wenig hoch. »Ich kann laufen.«
Scott schwankte irgendwo zwischen Entsetzen, Panik und Entschlossenheit. Er wusste, dass er klar und effizient denken musste. Er nahm Hope die Maske ab und begriff plötzlich, wieso sich Sally in sie verliebt hatte. Es war, als hätte sich der Schmerz dessen, was sie getan hatte, ihrem Gesicht in kühnen Zügen eingeprägt. In dieser Sekunde wurde ihm klar, dass sie es ebenso für ihn wie für Sally und Ashley getan hatte.
»Ich muss geblutet haben, auf dem Boden. Wenn die Polizei …«
Scott nickte. Er dachte angestrengt nach, dann wusste er, was er zu tun hatte.
»Warte hier. Geht das?«
»Ja, es ist nicht so schlimm«, sagte Hope, auch wenn es offensichtlich nicht stimmte. »Ich bin angeschlagen, nicht richtig verletzt«, fügte sie im altbekannten Sportlerjargon hinzu.
Wenn man nur angeschlagen ist, kann man noch spielen. Wenn man verletzt ist, nicht.
»Bin gleich wieder da.«
Scott huschte gebückt um die Ecke des Carports und ging in die Hocke, um sich, so gut es ging, zu verstecken, während er das Durcheinander aus Maschinenteilen, verstreuten Werkzeugen, leeren Farbdosen und stapelweise Dachschindeln inspizierte. Er wusste, dass irgendwo in seiner Reichweite das sein musste, was er brauchte, die Frage war nur, ob er es in dem schwachen Licht entdecken würde.
Hab Glück, flüsterte er.
Dann sah er, was er suchte. Es war ein roter Plastikkanister.
Bitte, sagte er. Sei nicht leer.
Er nahm den Kanister, schüttelte ihn und fühlte, wie im unteren Drittel eine Flüssigkeit schwappte. Er schraubte den Deckel ab und hatte den unverwechselbaren Geruch von altem Benzin in der Nase.
Scott beugte sich vor und lief schnellstmöglich aus dem Schatten des Carports ins Licht und zur Tür hinein.
Einen Moment lang war er kurz davor, sich zu übergeben, und musste gegen den Brechreiz ankämpfen. Bei seinem ersten Betreten des Hauses hatte er nur Augen für Hope gehabt und sich darauf konzentriert, sie aus ihrer verzweifelten Lage zu befreien. Diesmal war er mit der Leiche von O’Connells Vater allein, und zum ersten Mal schaute er hin und sah das ganze Blut und das fratzenhaft entstellte Gesicht des Mannes. Er keuchte und mahnte sich zur Ruhe, was fruchtlos war. Er fühlte sein Herz bis zum Hals schlagen, und alles um ihn her schien plötzlich erleuchtet. Das Chaos nach dem Kampf und das Blut schienen zu glänzen, als sei es in grellen Farben gemalt. Er dachte, dass bei einem gewaltsamen Tod alles heller, nicht dunkler aussieht.
Scott kämpfte um jeden Atemzug, während er unsicher weiterging.
Er sah sich die Stelle, an der er sie unter O’Connells Vater gefunden hatte und wo ihr Blut sein musste, an. Tatsächlich entdeckte er einige rote Spritzer auf dem Boden. Er goss etwas von dem Benzin auf die Stelle. Dann kippte er den Rest über Hemd und Hose des Vaters. Er sah sich um, entdeckte ein Geschirrtuch und tunkte es in die Mischung aus Blut und Benzin auf der Brust des Mannes. Das steckte er sich in die Tasche.
Wieder wurde ihm schlecht, und er wollte sich irgendwo festhalten, zögerte aber im letzten Moment. Mit jeder Sekunde, die er hier drinnen am Tatort war, dachte er, wuchs die Wahrscheinlichkeit, verräterische Zeichen zu hinterlassen. Er stand auf, warf den Kanister in die Pfützen Benzin und trat an den Herd. Neben den Brennstellen lagen Streichhölzer auf der Arbeitsplatte.
Er ging nahe an die Tür, zündete die ganze Schachtel an und warf sie auf die Brust der Leiche.
Das Benzin explodierte und loderte zu einer hohen Flamme auf. Einen Moment lang blieb Scott wie gelähmt stehen und sah zu, wie sich das Feuer ausbreitete, dann machte er kehrt und lief
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