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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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gebückt in die Nacht hinaus.
    Hope saß immer noch an den Carport gelehnt. Sie hatte die Hand mit dem Lederhandschuh am Griff des Messers, das ihr immer noch in der Seite steckte.
    »Du musst es irgendwie schaffen, hier wegzukommen«, sagte er.
    »Ich kann gehen.« Ihre Stimme klang krächzend.
    Sie hielten sich im Schatten, bis sie die Straße erreichten. Scott schlang seinen Arm um Hope, so dass sie sich bei ihm anlehnen konnte, und so dirigierte Hope sie zu ihrem Wagen. Keiner von beiden sah sich nach O’Connells Haus um. Scottbetete, dass das Feuer, das er gelegt hatte, ein paar Minuten brauchte, bis es richtig um sich griff und von einem der benachbarten Häuser aus zu sehen war.
    »Geht’s?«, flüsterte er.
    »Ich schaff das schon«, antwortete Hope, auf ihn gestützt. Die nächtlich klare Luft half ihr dabei, ihre Gedanken zu ordnen. Sie nahm all ihre Willenskraft zusammen, um sich von den Schmerzen nicht überwältigen zu lassen, auch wenn sie bei jedem Schritt ein brennender elektrischer Schlag durchzuckte. Zuversicht und Kraft wechselten mit Erschöpfung und Verzweiflung. Sie wusste, dass diese Nacht nicht so zu Ende gehen würde, wie von Sally geplant. Das Blut, das ihr deutlich spürbar aus der Wunde sickerte, machte ihr das unmissverständlich klar.
    »Halte durch«, redete Scott ihr gut zu.
    »Ein ganz normales Paar, das noch einen flotten nächtlichen Spaziergang macht«, scherzte Hope trotz der Schmerzen. »An der Ecke links, dann müsstest du den Wagen schon ein Stück die Straße runter sehen.«
    Jeder Schritt schien langsamer zu werden. Scott wusste nicht, was er tun würde, falls ein Wagen vorbeifuhr oder jemand herauskam und sie so sah. In der Ferne hörte er Hunde bellen. Als sie wie ein Paar, das beim Essen zu tief ins Glas geschaut hatte, um die Ecke wankten, entdeckte er ihren Wagen. Die Party in dem nahe gelegenen Haus hatte einen höheren Geräuschpegel erreicht.
    Hope brachte es fertig, sich gerade aufzurichten. Dabei fühlte sie sich, als müsse sie jeden Muskel in ihrem Körper anspannen und jedes Quäntchen Kraft aufbieten.
    »Setz mich hinters Lenkrad.« Sie versuchte, ihrer Stimme so viel Autorität zu verleihen, dass es keine Diskussionen geben würde.
    »Du kannst nicht fahren. Du brauchst einen Arzt und ein Krankenhaus.«
    »Das weiß ich auch. Aber nicht hier. Nicht irgendwo in der Nähe.«
    Hope rechnete und versuchte, einen kühlen Kopf zu bewahren, auch wenn die Schmerzen es ihr nicht leichtmachten. »Die verdammten Nummernschilder«, erinnerte sie sich. »Die müssen doch unbedingt ausgetauscht werden. Tu das.«
    Scott war verwirrt. Er sah nicht ein, wieso das dringender sein sollte, als die Blutung aus ihrer Wunde zu stillen und sie so schnell wie möglich in eine Notaufnahme zu bringen. »Hör mal …«, protestierte er.
    »Tu’s einfach!«
    Er folgte ihrer Bitte und half ihr auf den Fahrersitz. Er griff nach der Schultertasche mit den Nummernschildern, warf einen prüfenden Blick zu dem Haus, in dem die Party im Gange war, kauerte sich jeweils vor und hinter den Leihwagen und schraubte die ursprünglichen Schilder mit Kennzeichen von Massachusetts an. Dann nahm er die anderen und steckte sie zu der Pistole in den Rucksack. Als Letztes stopfte er das benzin- und blutgetränkte Geschirrtuch in den Plastikbeutel mit der Waffe.
    Er kehrte zum Fahrersitz zurück. Hope hatte den Zündschlüssel eingesteckt, und er sah, wie sie vor Schmerzen das Gesicht verzerrte, als sie sich das Isolierband von den Fuß- und Handgelenken riss sowie die zwei Paar Handschuhe auszog, um sie zusammen mit ihrer Mütze Scott zu übergeben. Er musste hilflos zusehen, wie sie sich die Messerklinge aus der Wunde zog.
    »Gott!«, keuchte sie. Ihr Kopf schlug an die Rückenlehne, und sie verlor beinahe das Bewusstsein. Doch so plötzlich sie die Woge überkam, wurde sie von der nächsten abgelöst – der Schmerz hielt sie wach. Sie schnappte nach Luft.
    »Ich muss dich unbedingt in ein Krankenhaus bringen.«
    »Das schaffe ich selbst. Für dich gibt es zu viel zu tun.« Sie deutete auf das Messer. »Das behalte ich.« Sie ließ es auf den Boden des Wagens fallen und schob es mit dem Fuß in eine Ecke, wo sie es nicht sehen musste.
    »Ich kann das für dich loswerden«, erbot sich Scott.
    Es fiel Hope schwer, logisch zu denken, doch sie schüttelte den Kopf. »Sieh zu, dass du die Sachen da loswirst und die Nummernschilder irgendwo entsorgst, wo man sie nicht mit diesem Wagen in Verbindung bringen

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