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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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»Was weißt du sonst noch über sie?«
    »Nichts.« Der Einäugige zog die Schultern hoch. »Sie hatte uns damals gebeten, niemandem von den Artefakten zu erzählen.« Er schenkte sich den restlichen Whiskey ein, rieb seinen Rücken an der Stuhllehne und fügte hinzu: »Kürzlich habe ich sie in der Gesellschaft eines einflussreichen Tschuden gesehen. Santiago wird es bestimmt interessieren, dass der Orden mit Humos mauschelt. «
    »Ich werde ihm von deiner Geschichte berichten.«
    »Danke, Cortes.« Der Imperator trank hastig seinen Whiskey aus. »Und sag ihm, dass die Rothauben immer für die Interessen der Verborgenen Stadt einstehen. Wir sitzen doch alle in einem Boot.«
    »Ich werde es ihm ausrichten.« Cortes erhob sich und wollte sich bereits zum Gehen wenden, als ihn eine plötzliche Eingebung zurückhielt. »Sag mal, Säbel, der Tschud, mit dem du Kara gesehen hast, war nicht zufällig Bogdan le Sta?«
    »Doch, er war es«, bestätigte der Einäugige baff. »Wie hast du das erraten?«
    »Ich habe einfach mein Gehirn angestrengt«, verkündete Cortes, klopfte sich mechanisch die Hosen ab und schaute den Fötido abermals an. »Weißt du was, Säbel? Wenn sich mein Verdacht bestätigt, dann schenke ich dir eine Flasche Whiskey vom Feinsten und trinke sie vielleicht sogar mit dir aus.«
    »Eine zweifelhafte Ehre«, erwiderte Säbel. »Und vergiss nicht, Santiago zu sagen, dass ich persönlich das alles herausgefunden habe.«
     
     
     
    Grüner Hof, Hauptquartier des Herrscherhauses Lud
Moskau, Lossiny Ostrow
Samstag, 16. September, 14:42 Uhr
     
     
    Bislang hatte Artjom erst einmal die Ehre gehabt, im Hauptquartier des Herrscherhauses Lud zu verweilen. Damals brachten ihn Drushina-Soldaten des Barons Metscheslaw dorthin, nachts und mit einem Sack über dem Kopf, weshalb es ihm nur eingeschränkt möglich war, sich an der majestätischen Schönheit des altehrwürdigen Palasts zu erfreuen, den die Luden vor einigen hundert Jahren in einem entlegenen Winkel des Parks Lossiny Ostrow errichtet hatten. Diesmal wollte er sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, den Grünen Hof ausgiebiger zu besichtigen.
    Die asphaltierte Allee, die sich durch den dichten Wald schlängelte, führte den Söldner zunächst zu einer Schranke, an der mehrere stämmige Drushina-Soldaten Wache schoben. Der furchterregendste von ihnen kontrollierte gewissenhaft Artjoms Papiere und winkte ihn dann durch.
    »Fahr weiter, Humo, aber steig nicht aus dem Wagen aus – das Gelände wird von Weißen Morjanen bewacht.«
    »Und was ist, wenn ich mir einen Platten fahre?«, erkundigte sich der Söldner spitzfindig.
    »Dann rufst du uns an, und wir helfen dir«, erwiderte der Soldat trocken – offenbar verstand er keinen Spaß.
    Einige Kurven weiter erreichte Artjom eine ausgedehnte Lichtung, auf der sich der Palast des Grünen Hofs erhob. Trotz seiner beeindruckenden Ausmaße strahlte der aus Stein und Holz bestehende Gebäudekomplex eine spielerische Leichtigkeit aus und wirkte wie die Dekoration zu einem aufwendigen Märchenfilm: verschachtelte Strukturen mit zahlreichen Türmchen und grünen Kegeldächern, Nebengebäude, die sich unter gigantische alte Bäume duckten, als Einfriedung eine hohe Palisade und am Eingang ein geschmiedetes Eisentor. Im Unterschied zu den anderen Herrscherhäusern, die ihre Hauptquartiere gelegentlich wechselten oder umbauten, hielten die Luden ihrem Palast die Treue und verzichteten auf jegliche bauliche Veränderung.
    Artjom parkte den Jeep vor dem Palasttor, zeigte abermals seine Papiere vor und wurde von einem wortkargen Soldaten in einen der Gebäudeflügel geleitet. Schwere Holztüren, knarzende Holzböden, holzverkleidete Wände und geschnitzte Möbel – das Interieur des Palasts bestand ausschließlich aus natürlichen Materialien. Eine Ausnahme machte lediglich das Notebook, das auf dem Schreibtisch der Frau stand, zu der man Artjom brachte.
    »Tritt ein und setz dich.«
    Während der Soldat sich zurückzog und lautlos die Tür hinter sich schloss, nahm Artjom auf einer Holzbank Platz und musterte die Frau, die mit hoch erhobenem Kopf und ernster Miene hinter ihrem Schreibtisch saß und ihn mit einem geschäftsmäßigen »Guten Tag« begrüßte.
    »Guten Tag«, erwiderte der Söldner höflich.
    Aus dem betont würdevollen Gebaren der Frau und dem Medaillon, das an einer filigranen Goldkette um ihren Hals hing, schloss Artjom, dass er es mit einer Fate zu tun hatte. Die unbekümmerten Feen des Grünen

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