Das Opfer
die Hand. »In zehn Minuten haben Sie alle gewünschten Informationen.« Der Kellner verschwand. »Wenn Sie mir nun bitte in die Waffenabteilung folgen wollen …«
Die Schatyren mochten keine Waffen und verstanden auch nicht viel davon. Niemand konnte sich einen Schatyren als Soldaten oder Offizier vorstellen, ja noch nicht einmal als Jäger. Auch Kampfsportarten wie Boxen oder Judo waren ihnen zutiefst fremd. Allein der Gedanke an physische Gewalt war diesen eingefleischten Kaufleuten zuwider und dank der Protektion des Dunklen Hofs blieben sie auch weitgehend davon verschont. Andererseits war der Waffenhandel ein äußerst lukratives Geschäft, und die Aussicht auf fette Gewinne half Bidjar Hamzi dabei, die innere Abneigung zu überwinden und sein wahrlich beeindruckendes Sortiment an Mordinstrumenten mit leuchtenden Augen anzupreisen.
Die Waffenabteilung des Warenhauses befand sich in einem mindestens vierhundert Quadratmeter großen Raum. Zwei Verkäufer, die sich dort aufhielten, verscheuchte Hamzi mit einer herrischen Handbewegung. Er ließ es sich nicht nehmen, Jana persönlich zu bedienen.
»Kann ich mit Klingenwaffen dienen?«
»Ich werde wohl eine brauchen«, erwiderte Jana naserümpfend. »Aber ehrlich gesagt mag ich sie nicht besonders. «
»Aber warum denn?« In Bidjars Gesicht spielte ein Anflug von Enttäuschung. »Mit diesen Waffen hat doch alles angefangen. Sie haben uns den Geschmack des Blutes nahegebracht, die Perspektiven der Kriegsführung aufgezeigt und sind bis zum heutigen Tag praktisch unverändert geblieben. Sehen Sie sich zum Beispiel diese edlen Stücke an. Mit solchen Klingen haben die Garkonen des Dunklen Hofs vor Tausenden von Jahren den Assuren die Bäuche aufgeschlitzt. Und nichts hat sich geändert.«
»Finden Sie?«, entgegnete Jana. »Von den Assuren hat man seither jedenfalls nichts mehr gehört.«
Die Vitrinen mit den Klingenwaffen standen direkt am Eingang des Verkaufsraums, und Jana verschaffte sich einen Überblick über das Sortiment: Streitäxte mit Einfach- und Doppelklingen, die im Grünen Hof immer noch sehr gefragt waren; rasiermesserscharfe Yatagane, eine Lieblingswaffe der Rothauben; gerade Schwerter für die traditionsbewussten Ritter des Ordens; Wurf-und Nahkampfmesser; Dolche für rituelle Zwecke und solche für kaltblütigen Mord; Bajonette und Multifunktionsmesser. Die Waffen stammten aus russischen, deutschen, englischen, schweizerischen und amerikanischen Waffenschmieden, dazu kamen die Erzeugnisse des Herrscherhauses Tschud und nicht zuletzt die sündteuren Klingen des Dunklen Hofs, die in einer eigenen Vitrine aufbewahrt wurden. Die perfekt ausbalancierten Messer und Stilette, die im Herrscherhaus Naw aus schwarzem Stahl gefertigt wurden, galten als das Nonplusultra auf diesem Sektor. Jana hatte selbst gesehen, wie einem Ritter des Ordens mit einem einzigen Hieb einer solchen schwarzen Klinge durch Panzerschiene und Kettenhemd hindurch der Arm abgetrennt wurde. Die Nawen gewährten unbegrenzte Garantie auf diese verheerenden Waffen und ihr einziger, jedoch schwerwiegender Nachteil bestand darin, dass sie unverschämt teuer waren.
»Ein fantastisches Sortiment«, schwärmte Jana. »Ich nehme ein Katana mit Scheide, am besten aus Nawscher Fertigung.«
»Eine ausgezeichnete Wahl.«
»Außerdem benötige ich ein Scharfschützengewehr mit Nachtsichtgerät.«
»Die haben wir dort hinten.«
In der Verborgenen Stadt wurden keine Feuerwaffen hergestellt – ihre Bewohner hatten es nicht so mit der Technik. Aus diesem Grund war dieser Bereich der Waffenabteilung ausschließlich mit Errungenschaften der menschlichen Zivilisation bestückt.
Den Anfang machten Pistolen und Revolver aus der ganzen Welt, wobei die Schatyren den Schwerpunkt auf bewährte Qualität legten. Zur Auswahl standen zum Beispiel die weit verbreitete Makarow und die zuverlässige Tokarew-TT, die Gjursa und die schwere Stetschkin APS. Wer etwas Ausgefalleneres bevorzugte, konnte sich für eine Browning oder Beretta entscheiden.
Mit jeder weiteren Vitrine nahm die Feuerkraft zu. Im nächsten Glasschrank lagen Maschinenpistolen wie SR-3 Wichr, PP-19 Bison und Heckler & Koch, dann folgten Repetierflinten und Sturmgewehre wie Remington, Mossberg 500, Kalaschnikow … Der Vielfalt schienen keine Grenzen gesetzt.
Für Kunden, die daran interessiert waren, ihre Waffen diskret mitzuführen, boten die Schatyren einen Sonderservice an: Sie konnten das erworbene Produkt – egal, ob Messer oder
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