Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel der Seherin

Das Orakel der Seherin

Titel: Das Orakel der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
Vom Netzwerk:
Königin waren anwesend. Der alte und gewitzte König saß auf seinem hohen Thron, und an seiner Seite befand sich Ory, sein hochgewachsener und muskulöser Ratgeber. Delar saß auf ihrem eigenen Thron, und ihr junges Gesicht wirkte hart. Es war sie, die uns bat, näher zu treten, und aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Ory mich beobachtete.
    Es war, als ob er mich schon zuvor einmal gesehen habe oder als ob ich ihm zumindest beschrieben worden sei. Ich fragte mich, ob seine gefürchtete Armee oder Geheimpolizei, Geschöpfe mit Augen wie Schlangen, schon auf meine nächtlichen Aktivitäten aufmerksam geworden waren. In seinem silbernen Gürtel trug Ory ein besonderes Messer, von dem es hieß, daß er damit seinen Feinden die Augen herausschnitt, bevor er sie aß. Zu der Zeit glaubte man, daß die Seele in den Augen eines Menschen wohne.
    Delar räusperte sich und begann zu sprechen.
    »Du bist Suzama. Dein Ruf eilt dir voraus. Aber wer ist die andere Person, die du mitgebracht hast?«
    Suzama verbeugte sich. »Dies ist Sita, meine Königin. Sie ist eine Arierin, daher ist ihre Haut heller als die unsere. Sie ist meine Freundin und Vertraute.
    Ich erbitte Eure Erlaubnis, daß sie während der Audienz an meiner Seite bleiben darf.«
    Delar blickte mich neugierig an. »Bist du aus Indien, Sita? Ich habe Geschichten über dieses Land gehört.«
    Ich verbeugte mich jetzt ebenfalls. »Ja, meine Königin. Ich bin fern von meiner Heimat, doch ich bin glücklich, Gast in Eurem großen Land zu sein.«
    »Was hat dich in unser Land geführt?« wollte Ory wissen. »Bist du vor einer Gefahr geflohen?«
    »Nein, mein Herr. Es war allein meine Liebe zum Abenteuer, die mich hergebracht hat.«
    Ory antwortete nicht und flüsterte Namok etwas ins Ohr. Der König runzelte die Stirn und nickte. Doch als er seine nächste Frage stellte, lächelte Ory, und mir fiel auf, daß seine Augen keine Tiefe hatten. Seine Hand bewegte sich nie außer Reichweite des Messers.
    »Es scheint nicht angemessen, daß eine junge Frau deines Alters allein so weit gereist ist«, sagte er. »Wer waren deine Gefährten auf der Reise, Sita?«
    »Kaufleute, mein Herr. Sie kennen den Weg nach Indien gut.«
    »Dann gehörst auch du zu den Kaufleuten«, erklärte Ory.
    »Nein«, sagte ich. »Ich habe keinen besonderen Titel oder Beruf.«
    »Aber du lebst im Hause von Sklaven«, sagte Ory. »Suzama ist eine Sklavin.
    Demnach mußt auch du eine Sklavin sein.«
    Ich hielt seinem Blick mit Stärke stand.
    »Niemand besitzt mich, mein Herr«, sagte ich.
    Meine Antwort schien Ory zu amüsieren. Er antwortete nicht, doch die Kraft in meinem Blick schien ihm nichts auszumachen. Vielleicht hat er das Gespräch mit Absicht auf diesen Punkt gebracht, dachte ich.
    Delar räusperte sich einmal mehr. »Kommt näher, Suzama und Sita. Ich werde euch meinen Traum erzählen. Wenn ihr in der Lage seid, ihn zu erklären, wird eure Belohnung beträchtlich sein.«
    Suzama verbeugte sich erneut. »Ich will es versuchen, meine Königin. Aber sagt mir zuerst: Hattet ihr diesen Traum zur Zeit des letzten Vollmonds?«
    Delar war beeindruckt. »Ich hatte ihn tatsächlich zu dieser Zeit. Woher wußtest du das?«
    »Ich war nicht sicher. Doch Träume, die man zu diesem Zeitpunkt hat, sind besonders vielversprechend. Jetzt erzählt mir bitte Euren Traum, meine Königin.«
    »Ich stand auf einem weiten Feld inmitten hochgewachsenen Grases, das von üppigen Hügeln umgeben war. Es war Nacht, doch der Himmel war von unzähligen Sternen erhellt, mehr noch als wir sonst in den klarsten aller Nächte sehen.
    Viele dieser Sterne waren von einem tiefen Blau. In der Ferne sah ich eine Gruppe von Leuten, die in ein Schiff hineingingen, das ein violettes Licht ausstrahlte. Auch ich hätte auf diesem Schiff sein sollen, das wußte ich, doch bevor ich dorthin gehen konnte, mußte ich noch mit einem wundervoll gekleideten Mann sprechen. Er stand ganz in der Nähe und hielt eine goldene Flöte in der Hand. Er hatte wunderschöne dunkle Augen, langes, dunkles Haar und trug ein blaues Gewand. Um den Hals hatte er an einer Kette einen faszinierenden Juwel, der in unzähligen Farben schimmerte und mich geradezu hypnotisierte.
    Während ich in sein Feuer hineinstarrte, fragte mich der Mann: ›Was ist es, das du wissen willst?‹ Und ich sagte: ›Nenn mir das Gesetz des Lebens.‹ Ich weiß nicht, warum ich diese Frage stellte, aber er sagte: ›Dies ist das ewige Gesetz des Lebens.‹ Und damit wies er mit dem

Weitere Kostenlose Bücher