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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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gelähmt. „Warum denn das?“
    „Sie kam unangekündigt und unangemessen spät. Dabei legte sie sonst größten Wert auf Umgangsformen. Sie hat mich auch nicht begrüßt, wie es sich gehört hätte. Stattdessen ist sie schnurstracks in die Außenanlage des Tempels marschiert, wo du nichts Dümmeres zu tun hattest, als in der Dunkelheit umherzuspazieren. Vielleicht wollte sie dir etwas mitteilen, und der Mörder wollte sie zum Schweigen bringen.“
    „Ja, so könnte es gewesen sein“, gestand ich. „Wie ich bereits sagte - in diesem Fall ist jeder verdächtig. Vielleicht war sie in irgendeiner Weise in die Sache verwickelt. Sobald sie hereingebracht wird, will ich, dass ihre Kleidung durchsucht wird. Vielleicht hatte sie irgendein Schriftstück dabei. Mit wem ist sie überhaupt gekommen? Sie wird ja wohl kaum unbegleitet und zu Fuß hierher gekommen sein.“
    „Ich lasse ich sofort klären.“ Julia ging hinaus und gab entsprechende Anweisungen. Wenn Julia Anweisungen gab, wurden sie auf der Stelle befolgt. Kurz darauf kehrte sie zurück.
    „Sie ist in einer Sänfte gekommen, die von einigen ihrer Gallier getragen wurde. Außerdem wurde sie von einem ihrer gallischen Gladiatoren begleitet, der als ihr Leibwächter fungierte. Ansonsten war nur dieser Mann bei ihr.“ Sie schnippte mit den Fingern, und ein grauhaariger Mann kam herein. Er trug eine kleine Kiste.
    „Wer bist du?“, fragte ich ihn.
    „Ich bin Eteocles, der Verwalter meiner Herrin“, stellte er sich vor. Ich erinnerte mich vage, ihn auf dem Gelage gesehen zu haben. „Praetor, stimmt es, dass meine Herrin tot ist?“
    „Ich fürchte, ja. Sie wurde getötet, als jemand versucht hat, mich umzubringen.“ Ich sah keinen Anlass, ihm unseren Verdacht mitzuteilen. Er schnappte nach Luft und wurde kreideweiß. Ich gab ihm Zeit, sich zu fassen.
    „Deine Herrin hat sich mit kleinem Gefolge auf den Weg gemacht, Eteocles. War sie oft in so dürftiger Begleitung unterwegs?“
    „Nein, Praetor. Normalerweise verließ sie ihr Haus nie ohne stattliches Gefolge. Heute war sie jedoch in großer Eile und hat nur nach ihren schnellsten Trägern, ein paar Wachen und mir verlangt.“
    „Warum nach dir?“, fragte Julia.
    „Sie hat mich angewiesen, das hier zusammenzupacken“, bei diesen Worten hob er den kleinen Kasten hoch, „sie zu begleiten und die Kiste unter keinen Umständen aus den Händen zu geben. Es war alles sehr geheimnisvoll, und sie hat auf dem ganzen Weg hierher kein einziges Wort gesprochen.“
    „Was ist denn da drin?“, fragte ich und zeigte auf die Kiste.
    Statt zu antworten, stellte er sie auf einen Tisch. Sie, schien so schwer, dass er sie kaum länger halten konnte. Dann öffnete er den Deckel. Die Kiste war etwa einen Fuß lang und einen Fuß tief und bis zum Rand mit Goldmünzen gefüllt. Ein beträchtliches Vermögen.
    „Lass uns allein“, wies Julia ihn gebieterisch an. Der Mann verbeugte sich und verließ den Raum. Als er außer Hörweite war, drehte Julia sich zu mir um. „Wie ist das zu verstehen?“
    Ich nahm eine der Münzen und musterte sie. Es war eine makellose alexandrinische Prägung, auf deren Vorderseite das Profil des Ptolerneios Auletes prangte. Ich warf die Münze zurück in die Kiste. „Das, meine Liebe, ist Bestechungsgeld. Die Frau ist zu mir gekommen, um einen Handel mit mir abzuschließen. Ihr war zu Ohren gekommen, dass hier etwas im Gange ist, und da hat sie sich ausgerechnet, dass über kurz oder lang alles herauskommen würde. Deshalb wollte sie mit mir reden, bevor jemand anders auf die gleiche Idee käme, und mich bestechen, damit ich sie irgendwie aus der Sache heraushielt.“
    „Dann muss sie eine ziemlich geringe Meinung von römischen Praetoren gehabt haben.“
    „Bei so viel Geld wären die meisten Praetoren nur zu bereitwillig schwach geworden. Ich hingegen bin unbestechlich. Jetzt musste sie für ihren Bestechungsversuch mit dem Leben bezahlen.“
    Eine Sklavin steckte den Kopf durch die Tür und informierte uns, dass Sabinillas Leiche hereingebracht worden war. „Gut, sehen wir uns die Tote an“, sagte ich resigniert.
    Sie war auf einen Tisch gelegt und noch nicht gereinigt worden. Der erste Pfeil hatte ihre Luftröhre und eine Jugularvene durchstoßen. Im Sterben hatte sie beinahe ihr ganzes Blut verloren. Die Vorderseite ihres Gewandes war völlig durchtränkt, als wäre es gerade frisch rot gefärbt worden. Der zweite Pfeil wäre gar nicht nötig gewesen, da der erste sie binnen weniger

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