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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Fragen zu stellen.“
    „Das scheint mir auch so. Also bist du ihrem wohl geformten Hintern in das Innere eines dunklen und verlassenen Tempels gefolgt. Sehr verlockend, das muss ich zugeben. Die Aussicht auf eine >Erfrischung< bietet ja auch Raum für vielerlei Interpretationen. Wie ging es weiter, wenn ich so taktlos sein darf, eine derart delikate Frage zu stellen?“
    „Da gibt es leider nichts Delikates zu berichten“, erwiderte er niedergeschlagen wie jeder erfolglose Möchtegerneroberer. „Sie war sehr, äh, zuvorkommend und zog mich hinter eine Säule, und als ich gerade dabei war ... „ „Etwas Delikates vorzubereiten?“, stichelte ich.
    „Etwas sehr Delikates“, entgegnete er mit neuem Schwung, als er sich die Situation noch einmal vor Augen hielt. „Doch dann wich sie zurück und starrte die Statue des Gottes an, als ob sie fürchtete, dass er ihr Treiben missbilligte.“
    „Das verstehe ich nicht. Der gute alte Apollo war doch genauso wie alle anderen Götter ständig hinter sterblichen Frauen her, so dass sie sich auf der Flucht vor seinen Nachstellungen wie Daphne in Pflanzen verwandeln mussten.“
    „Genau das habe ich mir auch gedacht und ihr erzählt, nur dass ich das Beispiel Kastilias anführte, der Nymphe, die sich in Delphi in einen Brunnen verwandelte.“
    „Gut, aber einige erlagen auch der Zudringlichkeit Apollos. In jenen Zeiten, in denen sterbliche Frauen noch eine Chance hatten, mit einem wirklich erhabenen Liebhaber ins Bett zu steigen, beglückte dieser die Welt mit lauter kleinen, aus diesen Mischvereinigungen hervorgegangenen Halbgöttern. Und? Was hat das Mädchen zu deinem geistreichen Einwand gesagt?“
    „Dass es nicht mein brennendes Verlangen sei, das sie so durcheinander bringe, sondern die Erinnerung an das letzte Mal, als sie hinter jener Säule gestanden habe. Sie sei Zeugin von etwas geworden, das sie sehr verstört habe.“
    „Und dabei handelte es sich um den Zwischenfall, von dem sie uns erzählt hat.“
    „Genau.“
    „Dann bleibt dir ja noch Hoffnung, was die Wirkung deines männlichen Charmes angeht. Bring mich zu der Säule, hinter der ihr während deiner fehlgeschlagenen Verführung gestanden habt!“
    Er zeigte mir die Säule, und wir traten dahinter. „Es war die gleiche Tageszeit wie heute, oder?“ Er bestätigte es.
    Im Inneren des Tempels war es dunkel, wie immer in Tempeln, die nur Eingänge und keine Fenster haben. Ich konnte zwar die Statue des Gottes erkennen, aber der Sockel unter seinen Füßen lag in tiefer Dunkelheit. Ich fragte mich, wie es wohl bei Nacht ausgesehen haben mochte, als nur die flackernden Fackeln etwas Licht gespendet hatten.
    „Sie hat behauptet, dass sie nicht näher herangegangen ist, richtig?“
    „Das waren ihre Worte.“
    „Und trotzdem hat sie inmitten all der verzierten Steine genau die Meißelarbeit erkannt, hinter der sich der verborgene Mechanismus zum Offnen des geheimen Zugangs verbirgt.“
    „Das ist der Scharfsinn, für den du so berühmt bist, habe ich Recht?“, fragte Vespillo. „Tatorte und Umstände zu untersuchen und Widersprüche aufzudecken.“
    „Es ist eine recht simple und logische Vorgehensweise“, erwiderte ich. „Menschen lügen nun einmal, und manchmal tappen sie dabei ungewollt in eine Falle und verraten sich. Leider kann ich das Mädchen wegen dieser Ungereimtheit nicht mehr verhören. Vermutlich war genau das der Grund für ihre Ermordung.“
    Wir verließen den Tempel. Auf dem Podium mit meinem kurulischen Stuhl erwartete uns eine Frau. Sie hatte sich mit ihrem stattlichen Hintern auf der Armlehne niedergelassen. Wie es schien, erfreute der Stuhl sich allgemeiner Beliebtheit, wenn das Gericht nicht tagte. Als sie uns erblickte, lächelte sie und winkte uns zu. Es war Porcia, die Tochter des wohlhabenden Freigelassenen.
    „Praetor!“, rief sie so laut, dass sich hunderte Köpfe zu uns umdrehten. „Und wenn das nicht der hübsche junge Vespillo ist! Wisst ihr schon, wo ihr zu Mittag speisen wollt?“
    Ich ging zu ihr, damit ich nicht schreien musste. „Nein, wir haben noch keine konkreten Pläne.“
    „Dann müsst ihr auf einen Happen mit zu mir kommen. Es ist ganz nah.“
    „Vespillo hat erst kürzlich eine solche Einladung angenommen- mit ziemlich bösem Ergebnis.“
    „Wenn ich ihr nicht gefolgt wäre, würdest du immer noch nach den verschwundenen Priestern suchen“, wandte er ein.
    „Da hast du auch wieder Recht. Nehmen wir die Einladung also an. Nach dir,

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