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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Porcia.“
    Sie führte uns zu einer stattlichen Sänfte, die neben einem Brunnen abgestellt war. Die Träger hockten daneben und genossen die kühlende Gischt, die vom Brunnen herüberwehte. Wir stiegen ein und wurden angehoben. Dann setzten sich die Träger in Bewegung und eilten durch das bunte Gewimmel der Gaffer, von denen die eine Hälfte in Feststimmung war, während die andere eher mürrisch dreinschaute.
    Bis zu ihrem Haus war es von der Tempelanlage nur eine Meile. Es war eine große Villa, die von Obstplantagen und liebevoll angelegten Gärten umgeben war. Wir wurden die Stufen zum Haupthaus hinaufgetragen, weiter durch eine besonders hohe und breite Tür und schließlich in einem Atrium abgesetzt, das mit zahlreichen Büsten geschmückt war. Sie sahen alle wie italische Bauern aus, und jeder Versuch, aristokratische Sitten nachzuäffen - etwa durch das Aufstellen einer Truhe voller unechter Totenmasken angeblicher Vorfahren -, war unterlassen worden. Ich hatte genug Emporkömmlinge kennen gelernt, die gezielt Nachlassauktionen abgeklappert und sich einen kompletten Stammbaum angeblicher Vorfahren zugelegt hatten, um mit ihnen ihrem Atrium mehr Würde zu verleihen.
    „Willkommen in der Villa des Mundus, wie mein Vater diesen Ort genannt hat.“
    „ Ihr habt hier einen Mundus?“, fragte ich. „Gibt es denn in Campania keinen einzigen Ort, der nicht mit der Unterwelt in Kontakt steht?“
    Sie lachte heiser. „Es ist nur ein Loch im Boden! Ein alter Bauer, dem ein Teil dieses Landes gehörte, hat behauptet, dass jeder, der in seinem Mundus Opfergaben hinterlasse, mit seinen verstorbenen Angehörigen in Verbindung treten könne. Wie du sicher inzwischen herausgefunden hast, glauben die Leute in dieser Gegend nahezu alles. Bis er abgekrazt ist, hat er mit dem Aberglauben der Menschen einen Haufen Geld gescheffelt. Normalerweise hat er für jede Opfergabe einen Denar kassiert, aber er hatte ein untrügiches Gespür dafür, wie viel sich jemand leisten konnte, weshalb er bei seiner Preisgestaltung sehr flexibel war. Wenn er überzeugt war, dass aus einem seiner Opferwilligen nicht mehr herauszupressen war, hat er sich auch mit einem Kupferas begnügt.“
    „Ein geschäftstüchtiger Mann“, stellte ich fest. „Ein Beispiel für die Tatkraft und Initiative, die Italia im Vergleich zu anderen Ländern groß gemacht haben. Wir sollten uns an diesem Bauern ein Beispiel nehmen.“
    Porcia brach in höhnisches Gelächter aus. „Praetor, dein Humor ist wirklich einzigartig! Kommt, euch muss der Magen knurren. Ich habe am Teich eine Kleinigkeit bereitstellen lassen.“
    „Hoffentlich nichts allzu Opulentes“, entgegnete ich und hoffte das Gegenteil. „Schließlich konntest du nicht wissen, dass du mich gerade zur Mittagszeit aufgabeln würdest.“
    „Oh, ich lasse immer etwas vorbereiten - für den Fall, dass ich jemanden aus der Stadt mitbringe, was ich eigentlich fast immer tue.“ Wir betraten einen geräumigen, von einem Säulengang umgebenen Innenhof, in dessen Mitte sich ein Teich befand.
    „Jetzt verstehe ich, warum du so viele Verehrer hast“, stellte ich beim Anblick der langen Tische fest, auf denen alle nur erdenklichen Delikatessen und unzählige Weinkrüge standen. Halb nackte junge Ägypterinnen vertrieben mit riesigen Fächern aus Straußenfedern die Fliegen. Wir machten es uns auf den Liegen bequem, und sofort erschienen asiatische Sklaven, zogen uns die Sandalen aus und wuschen unsere Füße in der östlichen Weise, was hieß, dass sie nach dem Waschen mit wohlduftenden Ölen eingerieben wurden.
    Als Nächstes wurden uns große Becher aus solidem Gold gereicht, gefüllt mit einem wunderbaren Wein, den ich als einen koischen Tropfen erkannte. Vespillo, der noch nicht in der Legion gedient hatte, nippte an seinem Becher und verzog das Gesicht. Ich kostete ebenfalls, zog eine Augenbraue hoch und sah Porcia an.
    Sie grinste. „Wie ich bei Duronius' Abendgelage mitbekommen habe, magst du stark gewässerten Wein nicht besonders. Mein bevorzugtes Mischungsverhältnis lautet: gar kein Wasser.“
    „Ich sehe schon, wir werden uns bestens verstehen“, lobte ich ihren guten Geschmack und leerte den Becher bis zur Hälfte.
    Da es sich um ein ungezwungenes Mittagessen handelte und nicht um ein förmliches Abendgelage oder ein formelles Bankett, wurden die Speisen nicht in der üblichen Folge serviert, bei der zuerst die Eier aufgetragen und zum Abschluss die Früchte gereicht werden. Stattdessen

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