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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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um unsere Kosten zu bestreiten. Das genügt mir. Ich beobachte lieber Hirsche und Füchse, als den ganzen Tag schwitzenden Menschen bei der Arbeit zuzusehen. Und von Zeit zu Zeit gehe ich auf die Jagd. Das habe ich von meinem Vater übernommen. Er war ein leidenschaftlicher Jäger.“
    „Wenn doch alle Menschen so vernünftig wären.“ Schließlich gelangten wir zu einer kleinen Senke, die im dichten Schatten von Bäumen und Büschen lag und an der sich die kreisförmigen Überreste einer einstigen Bauernhütte befanden.
    „Weiter können wir nicht getragen werden“, erklärte Porcia, als die Sänfte abgesetzt wurde. „Den Rest müssen wir zu Fuß zurücklegen wie Legionäre.“ Ich rüttelte Vespillo wach, und wir stiegen aus. Porcia führte uns an den Ruinen vorbei zu dem kleinen Tal. Sie schwankte nur leicht. Im Schatten war es angenehm kühl, und hin und wieder nippte ich an meinem kalten Wein. Einige Sklaven folgten uns mit der Eisschale und dem gekühlten Weinkrug.
    Wir kamen zu einem Altar in Form einer niedrigen, dicken Säule, um die sich eine eingemeißelte Schlange wand: der übliche dem Genius Loci gewidmete Schrein. Jemand hatte Kuchen und einen Holzbecher mit Wein auf den Altar gestellt. Daneben lagen ein paar kleine Pfeile.
    „Ist das von dir?“, fragte ich Porcia und deutete auf den Altar.
    „Nein, ich komme nur äußerst selten hierher. Aber die Einheimischen pflegen ihre Traditionen. Die Opfergaben sind vermutlich für irgendeine Gottheit bestimmt, von der fünf Meilen weiter noch nie jemand gehört hat.“
    „Was haben die Pfeile zu bedeuten?“, fragte Vespillo. „Keine Ahnung. Vielleicht stammen sie von einem Jäger, der damit um reiche Beute bittet.“
    Wir stießen weiter in das Tal vor, das im Grunde nur eine großer Schlucht war, die durch ein solides Felsmassiv führte. Überall spitzte der blanke Stein durch das Dickicht wie die gezackten Zähne eines schon lange toten Drachen.
    „Hier muss es irgendwo sein“, sagte Porcia und stocherte in dem Gestrüpp herum. „Ah, hier ist es.“
    Sie stand am Rand eines runden Schachtes, der vielleicht einen Durchmesser von zehn Fuß hatte. Er machte sehr viel mehr her, als ihre Beschreibung von einem Loch im Boden hatte vermuten lassen. Der Rand des Schachts bestand aus sorgfältig bearbeiteten Steinen, die zwar nicht verziert waren, denen man jedoch ansah, dass sie einst aufwändig poliert gewesen waren. Sorgfältig auf meine Kleidung achtend, kniete ich mich vorsichtig auf den Rand und beugte mich über den Schacht. Nach ein paar Fuß endete der bearbeitete Stein. Weiter unten war der Schacht aus dem Fels gehauen worden. Die Wände waren glatt und das Ende nicht zusehen.
    „ Ich denke, es ist ein alter Brunnen“, erklärte Porcia. Wahrscheinlich ist er irgendwann ausgetrocknet und wurde aufgegeben.“
    „Für einen Brunnen ist er viel zu breit“, wandte Vespillo ein.
    „ Ein heiliger Brunnen findet jedenfalls mehr Aufmerksamkeit als ein gewöhnlicher. In Rom gibt es eine Reihe solch kunstvoll gearbeiteter Brunnen.“ Ich sah mich um, fand einen schwarzen Stein mit grünen Grasstreifen von der Größe meiner Faust und warf ihn in den Schacht. Kurz darauf ertönte ein dumpfer Aufprall.
    „ Siehst du“, sagte Porcia. „Er ist ausgetrocknet.“
    „Offensichtlich“, entgegnete ich. „Haben die früheren Besucher diesem Ort irgendwelche außergewöhnlichen Dinge zugeschrieben?“
    „Nicht dass ich wüsste. Es ist ein Mundus, kein Orakel.
    Soweit ich weiß, haben sie ihren Verstorbenen nur Opfergaben und gute Wünsche hinterlassen und für sie gebetet.“ Ich war irgendwie enttäuscht und unbefriedigt. Als wir auf dem Rückweg zu unserer Sänfte erneut den kleinen Altar passierten, fragte ich mich, warum jemand ausgerechnet dort Pfeile geopfert hatte.

Kapitel V
    Zum Frühstück aßen wir Kirschen mit Sahne und frisches, noch warmes Brot, auf das ich jeden Morgen bestand. Kirschen waren erst vor etwa siebzehn Jahren nach Italia eingeführt worden, weshalb sie immer noch als ein wenig exotisch und dekadent galten. Lucullus hatte nach seinen Siegen über Mithridates und Tigranes als Teil seiner Siegesbeute Kirschbäume aus Asien mitgebracht und eine weitläufige Plantage angelegt, so dass Setzlinge und Ableger inzwischen zu bezahlbaren Preisen erhältlich waren.
    Julia verputzte eine ganze Schale der kleinen Früchte und verlangte nach mehr. „Wenn die Leute längst vergessen haben, wer Mithridates war, werden sie Lucullus immer noch

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