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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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plebejischen Familie adoptieren, da ihm als Patrizier dieses Amt versperrt war.
    „Darf ich dich daran erinnern, dass gerade diese Adoption im Senat auf breite Ablehnung stieß.“
    „Gut, das war zugegebenermaßen ein extremes Beispiel. Aber am Ende kam die Adoption zustande, und die des jungen Octavius durch Julius Caesar macht in politischer Hinsicht wesentlich mehr Sinn.“
    „Mag ja sein“, seufzte ich. Mein Interesse an dem Thema war erloschen. „Zu vererben hat er schließlich nicht viel. Die Ämter jedenfalls nicht, die muss sich jeder selbst erkämpfen. Andererseits ist da natürlich das Prestige eines sehr alten patrizischen Namens. Also dürfte Octavius im Falle einer Adoption zumindest für eines der Priesterämter nominiert werden.“
    „Decius, Neid schickt sich nicht für dich! „ „Neid? Wieso sollte ich neidisch sein?“
    Julia sah mich kurz an, erwiderte aber nichts mehr.
    An diesem Morgen hielt ich Gericht. Normalerweise hätte ich mein Tribunal in einer der nahe gelegenen Städte aufgeschlagen, doch, wie es schien, war die Bevölkerung des Umlands stattdessen zu mir gekommen, und so tagte ich auf dem Tempelgelände. Da dort inzwischen ein Lärm herrschte wie bei einer griechischen Bestattung, befahl ich meinen Liktoren, für Ruhe zu sorgen. Als der Lärm ein wenig verebbte, wandte ich mich an die Menschenmenge.
    „Heute ist kein Feiertag, auch wenn das etliche der hier Versammelten offenbar zu denken scheinen. Es ist ein normaler Tag, der für die Verrichtung offizieller Amtsgeschäfte vorgesehen ist. Ich werde eurem Treiben keinen Riegel vorschieben, aber ich verlange schickliches Benehmen und Ruhe. Jede Störung meiner Amtsgeschäfte wird mit einer saftigen Geldstrafe belegt.“ Die Drohung, den Leuten ans Portemonnaie zu gehen, zeigt normalerweise mehr Wirkung als die Androhung körperlicher Bestrafung. Ich rief, beinahe wie an jedem gewöhnlichen Gerichtstag, die ersten Fälle auf: Ein syrischer Händler war angeklagt, einen minderwertigen Farbstoff als das pure Sekret der Murex-Schnecke verkauft zu haben (ich stellte das Verfahren mangels Beweisen ein); ein kretischer Sklavenhändler beschuldigte seinen Geschäftspartner mit Bürgerstatus der Unterschlagung (ich erurteilte den Bürger zum Verkauf in die Sklaverei Und hätte dem Kreter am liebsten die gleiche Strafe aufgebrummt).
    Ich wollte die Fortsetzung der Gerichtsverhandlung gerade auf den Nachmittag vertagen, als ich eine merkwürdige Gruppe von Männern erblickte, die auf mein Podium zukam. Es waren etwa ein Dutzend, und sie trugen allesamt Togen. Einige hatten Senatorenstreifen an ihren Tuniken, einige trugen rote Sandalen mit dem bei Patriziern üblichen, in Knöchelhöhe angebrachten Halbmond aus Elfenbein. Der Mann, der den Zug anführte, ging barfuss. Er trug keine Tunika, nur eine altmodische Toga, die er um seinen kräftigen, muskulösen Körper geschlungen hatte.
    Ich hielt mir die Hand vor die Augen und stöhnte. „Die Götter haben mich im Stich gelassen. Cato ist im Anmarsch.“
    „Hast du vergessen, ihnen ein Opfer zu bringen?“, fragte Hermes.
    „Nein, ich muss mich eines schlimmeren Vergehens schuldig gemacht haben, sie derart zu erzürnen.“ Marcus Porcius Cato war seit Clodius' Tod der Senator, den ich am wenigsten mochte, wenn nicht sogar der mir am meisten verhasste Römer überhaupt. Die Männer, die ihn ständig begleiteten, hatten sich bei uns die Bezeichnung „Catoianer“ eingehandelt. Sie bewunderten Catos schroffe, raue Art oder beteuerten zumindest, sie zu bewundern. Die meisten von ihnen suchten in Wahrheit nur nach einer Rechtfertigung für ihr unflätiges Benehmen.
    „Sei gegrüßt, Praetor!“, brüllte Cato und salutierte. Er legte größten Wert darauf, öffentlichen Amtsträgern die gebührende Ehre zu erweisen.
    „Dir auch einen schönen Nachmittag, Marcus Porcius. Ich denke, es ist an der Zeit, zu Mittag zu essen. Willst du mir Gesellschaft leisten?“ Mein Essen war bereits nahe meinem Podium unter einem Sonnensegel bereitgestellt. Da ein Praetor gewöhnlich Gäste zum Essen mitbringt, reichten die Portionen immer für mindestens zwanzig Personen. Kaum hatte ich das Podium verlassen, erhob sich der Rummel wieder in voller Lautstärke.
    „Ich hatte nicht damit gerechnet, dich hier zu sehen“, sagte ich, während wir Platz nahmen. Bei einem informellen Mittagessen wie diesem standen keine Liegen bereit.
    „Und ich hatte nicht damit gerechnet, dich als Vorsteher eines Jahrmarkts

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