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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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beschrieb mir den Weg zu Sabinillas Anwesen. Der Ritt war angenehm und verlief ohne Zwischenfälle so dass ich ungestört meinen fruchtlosen Gedanken nachhängen konnte. Von der Hauptstraße bog ein guter, gepflasterter Weg ab und führte zu Sabinillas Villa. Sie lag auf einer von Steilklippen gesäumten Landzunge, die ins Meer hinausragte, und bot nach allen Seiten atemberaubende Blicke. Eine spektakulärere Lage war kaum vorstellbar. Das Haupthaus stand auf der äußersten Spitze der Landzunge, so dass ein zu Selbstmord neigender Bewohner sich einfach von einer der hinteren Terrassen hinabstürzen konnte und all seiner Probleme ledig wäre. Gelegentlich erschien mir eine solch extreme Tat durchaus als attraktiver Ausweg. Wie ich befürchtet hatte, erwartete Julia mich bereits auf dem oberen Absatz der zum Haus hinaufführenden Treppe.
    Natürlich schrie sie mich nicht an. Dafür war sie eine viel zu traditionsbewusste patrizische Ehefrau.
    „Decius!“, fauchte sie. „Hast du den Verstand verloren?“ Ihr Fauchen war vermutlich bis nach Rom zu hören. Vielleicht sogar bis nach Gallien. „Was fällt dir ein, allein durch die Stadt zu streifen?“
    „Ich bin erwachsen, Liebste. Ich brauche kein Kindermädchen.“
    „Aber du brauchst Leibwachen! Eigentlich brauchst du einen Aufseher, wie die schwachsinnigen Kinder extrem reicher Familien! Weißt du denn nicht, in welcher Gefahr du bist? Abgesehen von den örtlichen Fehden, in die du dich einmischst, wimmelt es hier vermutlich von Verrückten, die glauben, dass dein Kopf ein schönes Geschenk für Pompeius oder Caesar wäre oder für sonst irgendeinen Mitstreiter um die Macht. Auf Jeden Fall ist es eines Praetors nicht würdig, sich wie ein unbekümmerter Junggeselle ohne Gefolge und ohne Liktoren herumzutreiben.“
    „Andererseits“, entgegnete ich mit einem breiten Grinsen, das für diejenigen bestimmt war, die uns möglicherweise beobachteten, „erfährt man auf diese Weise Dinge, die man sonst nie erführe. Komm, ich erzähle dir, was ich erlebt habe.“
    „Das will ich dir auch geraten haben“, zischte sie. Dann führte sie mich in unsere Gemächer, mehrere luxuriös ausgestattete Räume mit Balkonen, die auf eine der Klippen hinausgingen. Die Form der Landzunge hatte die Architektur des Hauses bestimmt. Im Einklang mit dem Gelände war es eher lang und relativ schmal, aber mindestens ebenso weitläufig wie jede herkömmlich gebaute Villa.
    „Los, sag schon!“, drängte sie mich, als wir allein waren. „Was hast du herausgefunden?“ Und so berichtete ich ihr, was Floria mir anvertraut hatte.
    „Ein nahezu unglaublicher Zufall“, stellte ich fest, als ich fertig war. „Schließlich ist es kaum denkbar, dass ich rein zufällig ausgerechnet an der Tür dieser Frau vorbeispaziere, die für meine Ermittlungen so wichtige Informationen hat, oder? Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, dass .sie gezielt auf mich angesetzt wurde.“
    Julia nickte. Ihre natürliche Neugier und ihr Schnüffelinstinkt waren geweckt und letztendlich doch stärker als ihre berechtigte Wut. „Das scheint in der Tat ziemlich unwahrscheinlich. Aber vielleicht gibt es eine einfache Erklärung dafür.“
    „Nämlich?“
    „Vielleicht wimmelt es in Stabiae und den anderen Städten der Umgebung von Leuten, die ähnliche Geschichten zu erzählen haben, sich aber nicht trauen, damit zu dir zu kommen. Die meisten sind vermutlich Sklaven, wie diese Frau damals. Aber jetzt ist sie frei. Vielleicht hatte sie deshalb den Mut, sich dir anzuvertrauen, wenn auch unter großer Angst. Schließlich kann sie als freie Frau zumindest nicht unter Folter zu einer Aussage gezwungen werden.“
    „Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen“, gestand ich. „Vielleicht bin ich tatsächlich an den Türen unzähliger Opfer des Orakels vorbeigegangen. Und diese Frau hat einfach gesehen, dass ich allein war und hat es riskiert. Allerdings bin ich sicher, dass sie mir einen falschen Namen genannt hat.“
    „Das wundert mich überhaupt nicht. Sie will um keinen Preis in die Sache hineingezogen werden. Aber du würdest ihr Haus doch wieder finden?“ Sie sah mich scharf an. „Erzähl mir nicht, dass du es nicht wieder finden würdest!“ Es war keine Frage, sondern ein Befehl.
    „Keine Sorge, Liebste. Ich könnte dich sogar mit verbundenen Augen in einer mondlosen Nacht zu ihr führen.“ Das war leicht übertrieben, aber ich war ziemlich sicher, dass ich Florias Haus wiederfände. Stabiae war

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