Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
in dem ich als Praetor über das Imperium verfügte und somit ein Mann war, den man entweder umwarb oder umbrachte, je nachdem, was geboten erschien. Vorher war ich nicht bedeutend genug gewesen, um die Aufmerksamkeit der großen Männer auf mich zu ziehen. Sollte ich mein Amtsjahr überleben, würde ich vielleicht wieder in die Bedeutungslosigkeit zurückfallen. Bevor man mir als Propraetor die Statthalterschaft über eine Provinz zuwies, würde erst einmal einige Zeit ins Land ziehen.
    Aber vielleicht machte ich mir auch etwas vor. Meine Familie gehörte zu den wirklich Großen, und ich hatte es inzwischen zu so viel Ansehen und Würde gebracht, dass ich innerhalb dieser Familie zu einem bedeutenden Machtfaktor geworden war. Das erschwerte es mir, in einer Position der Neutralität zu verharren.
    Doch im Moment nahm vor allem eines meine Aufmerksamkeit in Anspruch und verdrängte den Wahnsinn einer Welt, die drauf und dran war, sich in einen Krieg und ins Chaos zu stürzen. Ich musste herausfinden, wer diese scheinbar sinnlosen Morde begangen hatte. Ich konnte einfach nicht anders.
    Am Ende des Abends fiel ich erschöpft ins Bett. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, glaubte ich, den Schlüssel zur Lösung des Rätsels gefunden zu haben.

Kapitel X
    Ich wachte mit dem Bewusstsein auf, dass mir im Schlaf eine Erkenntnis gekommen war. Ich träume fast jede Nacht, aber meistens kann ich mich an meine Träume nicht erinnern. Beim Aufwachen scheine ich sie noch deutlich vor Augen zu haben, doch wenn ich mich zu erinnern versuche, verblassen sie und lösen sich auf wie Bodennebel in der Morgensonne. Lediglich an einige wenige, sehr lebendige Träume kann ich mich klar erinnern, vor allem an solche, die mir anscheinend von den Göttern gesandt wurden. Dieser Traum war anders gewesen, aber er war nichtsdestotrotz genauso eindrücklich. Eine Stimme oder eine Art stiller Eingebung wies mich mit Nachdruck darauf hin, dass mir etwas entgangen war, dass ich etwas auf der Hand Liegendes übersehen hatte.
    Einen bestimmten Traum habe ich immer wieder, und manchmal erinnere ich mich an ihn. Er tritt in unterschiedlichen Varianten auf. Ich versuche, irgendwohin zu gelangen oder jemanden zu finden, doch stets vergeblich. In einer Variante will ich in Rom im ersten Stock des Tabulariums etwas suchen. Ich steige die Außentreppe hinauf, doch aus. irgendeinem Grund lande ich nicht im ersten, sondern im zweiten Stock. Daraufhin steige ich die Innentreppe wieder hinab, aber sie führt mich am ersten Stock vorbei, und ich lande wieder im Erdgeschoss. Ich verlasse das Gebäude und sehe den ersten Stock, doch aus irgendeinem unerklärlichen Grund gelange ich einfach nicht dorthin.
    In einer anderen Variante dieses Traums finde ich mich, auf dem Forum wieder und suche jemanden, von dem ich genau weiß, dass er da ist, werde bei meiner Suche aber immer wieder gestört. Genau in dem Moment, in dem ich den Gesuchten gefunden zu haben glaube, lenkt mich irgendein Bittsteller ab. Oder eine Prozession von Vestalinnen , schiebt sich zwischen mich und den Gesuchten.
    Es sind alltägliche Träume, wie der, in dem man wieder ein Schuljunge ist und der Lehrer eine Prüfung in Griechich oder über Homers Dichtung oder etwas Ähnliches angesetzt hat, man absolut nicht vorbereitet ist und in Panik gerät. Jeder hat solche Träume, und sie haben nichts mit den Göttern zu tun, sondern spiegeln lediglich die eigenen Ängste wider. Genau so einen Traum hatte ich in jener Nacht.
    Es gab keine zusammenhängende Handlung oder einen fortschreitenden Verlauf, sondern einfach eine Aneinanderreihung von Szenen, in denen ich im Tunnel des Orakels umherging, die Wände abtastete und nach Scharnieren oder verborgenen Luken suchte oder nach irgendetwas, das, mir bei der Aufklärung der Morde helfen konnte. In meinem Traum wurde ich weder von Hermes noch von meinen anderen Männern begleitet. Ich tappte alleine umher, wirr und ohne etwas zu finden.
    Hin und wieder blickte ich zur Decke und sah diese Belüftungsschlitze. Sie erschienen viel größer, als sie in Wirklichkeit waren. Sie wollten mir irgendetwas sagen. Sie schienen wichtig, ja von entscheidender Bedeutung zu sein. Aus ihnen drang etwas an mein Ohr, verschwommene, unklare Stimmen, wie bei meinem ersten Abstieg in den Tunnel, als ich geglaubt hatte, ferne Stimmen wahrzunehmen. Wenn ich sie doch nur klar verstehen könnte!
    Schließlich wachte ich auf und wusste genau, wo ich suchen musste. Julia bemerkte

Weitere Kostenlose Bücher