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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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auf den Mund legte.
    „Ich habe jedes Recht, das ich benötige. Und wie ich dir bereits sagte: Wenn du dich beschweren willst, kannst du dich gerne in Rom an den Senat wenden.“
    Unter den Blicken der gaffenden Bittsteller wurden sie abgeführt. „Ihr könnt ebenfalls nach Hause gehen!“, wandte ich mich an die Gaffer. „Das Orakel der Toten ist geschlossen, bis entweder ich oder der Senat seine Wiedereröffnung verfügt. Und das, denke ich, dürfte einige Zeit dauern.“ Sie suchten enttäuscht ihre Habseligkeiten zusammen und zogen von dannen.
    „Also los!“, wandte ich mich an Perna und seine Handwerker. Und so betraten wir ein weiteres Mal den Tunnel und gingen zum ersten Belüftungsschlitz. Perna instruierte die Männer, wobei ich ihm kaum folgen konnte, da er in der Fachsprache der Steinmetze mit ihnen redete und jede Menge Ausdrücke und Abkürzungen verwendete, die ich nicht kannte. Dann kratzte er mit dem Meißel ein Quadrat an die Decke, und ich bewunderte die Präzision, mit der er freihändig die Striche zog. Ich hätte nicht einmal mit Schreibgriffel und Latte ein derart perfektes und gleichmäßig ausgerichtetes Quadrat zeichnen können.
    Die Steinmetze gingen an die Arbeit, zumindest zwei von ihnen. Sie begannen an jeweils einer Seite des Quadrats., zu meißeln, während die anderen beiden zusahen. Perna erklärte mir, dass sie einander ablösen würden. Auf dem engen Raum konnten sie unmöglich zu viert arbeiten, außer dem wurden Arme und Hände vom Arbeiten über dem Kopf schnell taub, so dass die Männer regelmäßig eine Pause brauchten, bis das Gefühl zurückkam und sie weiterarbeiten konnten.
    Bald war die Luft voller Steinstaub, und ohrenbetäubendes Meißeln und Hämmern erfüllte den engen Tunnel, doch die Männer schienen davon völlig unbeeindruckt. Ich ließ sie allein und ging an die frische Luft.
    „Und wie geht es weiter, wenn sie fertig sind?“, wollte Hermes wissen.
    „Dann steigen wir in den Belüftungstunnel und sehen nach, wohin er führt“, erwiderte ich.
    „Das habe ich befürchtet“, entgegnete er sauer. „Noch mehr Tunnelkriecherei. Ich habe für den Rest meines Lebens von Tunneln genug. Es ist irgendwie unnatürlich, vor seinem Tod in die Unterwelt hinab zusteigen.“
    „ Ist doch eine gute Übung. Irgendwann müssen wir diese Reise schließlich alle mal antreten.“
    „Sehr witzig.“
    Nach einer Weile ging ich zurück, um zu sehen, wie weit die Steinmetze waren. Sie kamen gut voran, aber sie arbeiteten äußerst präzise und meißelten eine absolut quadratische Öffnung in den Fels, deren Seiten so glatt waren wie eines Altars.
    Ich wies darauf hin, dass ihre Sorgfalt völlig überflüssig sei. „Macht einfach ein Loch. Hauptsache, es ist groß genug damit ich hindurchpasse. Wie es aussieht, ist mir völlig egal. Wir wollen es schließlich nicht zur Besichtigung ausstellen.“ Die Steinmetze sahen mich an, als ob ich Etruskisch spräche. Perna führte mich zurück zum Eingang und erklärte mir ihr Tun.
    „Verehrter Praetor, diese Männer wurden seit ihrer Kindheit in der hohen Kunst sorgfältiger Steinarbeit ausgebildet. Selbst unter Androhung von Folter könnten sie nicht schlampig arbeiten. Außerdem ist es so einfacher, hinterher alles wieder in Ordnung zu bringen. Wir müssen nur einen Stein in der exakten Größe der Öffnung zurecht hauen, einfügen, und schon ist von unserem Eingriff nichts mehr zu sehen. Die Männer wollen die Göttin nicht mehr erzürnen als absolut nötig.“
    Ich seufzte und gab mich geschlagen. „Also gut. Sag mir Bescheid, wenn die Öffnung groß genug ist, dass ich durchpasse.“
    „In Ordnung, Praetor“, erwiderte er vergnügt.
    Ich erzählte Hermes von dem Problem. Wie erwartet, fand er es lustig. „Du hättest besser ein paar Gefangene engagiert und ihnen Vorschlaghämmer in die Hände gedrückt."
    „Ich merke es mir für das nächste Mal“, sagte ich, als ob ich bald wieder einen derartigen Auftrag zu vergeben hätte. Hin und wieder kam einer der Steinmetze mit einem Sack voller Steinschutt aus dem Tunnel und leerte ihn irgendwo aus. Die Männer legten wirklich größten Wert auf einen sauberen Arbeitsplatz. Am späten Nachmittag tauchte Perna schließlich aus dem Tunnel auf. „Wir sind fertig, Praetor.“
    Hermes und ich gingen hinein und begutachteten das Werk. Über uns öffnete sich ein absolut gerader, quadratischer Einstieg mit glatten Seitenwänden. Er war etwa zwei Fuß tief aus dem massiven Fels gehauen.

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