Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
nicht versprochen, sondern genau das gemeint, was sie sagte. Außerdem hat sie erzählt, dass ihr Herr das Orakel am nächsten Tag noch einmal befragt habe. Bei diesem zweiten Besuch bekamen die ausgewählten Opfer, die zum Ausrauben vorgesehen waren ihre Weissagung, die sie direkt in den Tod sandte.“
    „AIso hat der Name >Orakel der Toten< mehr als nur eine Bedeutung“, stellte Hermes fest.
    „lass uns weitergehen“, sagte ich „Mal sehen, wohin der Tunnel führt.“ Wir setzten uns wieder in Bewegung. Im weiteren Verlauf standen in den Nischen Lampen, von denen die meisten mit frischem Öl gefüllt waren. Wir zündeten einige von ihnen an, damit wir nicht im Dunkeln zurückirren mussten, falls uns die Fackeln ausgingen.
    Hinter der Kammer des Heiligtums stieg der Tunnel an, und wir gingen eine ganze Weile bergauf. Dann ließ die Steigung nach, und der Tunnel verlief eben weiter. In der Decke befanden sich in regelmäßigen Abständen Löcher, die im Gegensatz zu den Schlitzen rund waren mit einem Durchmesser von etwa eineinhalb Fingern; alle waren entweder mit Schutt zugestopft oder bewusst abgedeckt worden. Zweifellos hatten sie während des Tunnelbaus der Luftzufuhr gedient.
    „Welche Entfernung wir wohl bislang zurückgelegt haben?“, fragte Hermes nach einer Weile.
    „Etwa eine Meile“, schätzte ich.
    „Es kommt mir viel mehr vor“, entgegnete Hermes. „Aber unter der Erde kann man sich bei Entfernungen vermutlich leicht verschätzen.“
    „Da vorne ist Licht“, stellte ich fest.
    „Aber ziemlich wenig, falls es der Ausgang sein sollte.“
    Die Öffnung entpuppte sich beim Näherkommen tatsächlich als Zugang, und in der Tat war das Licht ziemlich schwach. Bestimmt waren wir noch nicht so lange in dem Tunnel, dass zwischenzeitlich der Abend angebrochen wir. Wir traten hinaus und sahen nach oben. Über uns erhob sich ein rundes, mit Steinen ausgekleidetes, etwa zwanzig Fuß tiefes Loch, durch das das Licht der späten Nachmittagssonne fiel. Wir befanden uns am Boden eines Brunnen.
    „Sieh da“, sagte ich, „und wo haben wir vor kurzem ein derartiges Loch mit einem steinernen Rand gesehen?“ „Meinst du den Mundus auf Porcias Anwesen?“, fragte Hermes.
    „Ich kenne jedenfalls innerhalb eines Umkreises von einer Meile keinen anderen. Andererseits gibt es vieles, dass ich über diese Gegend nicht weiß.“ Ich musterte den Boden. Wir standen auf einer mehrere Finger dicken Schicht kompostierten Laubs. Ich fragte mich, wie lange es wohl gedauert haben musste, bis die im Laufe der Jahrhunderte herein gewehten Blätter eine derart dicke Schicht gebildet hatten.
    „Da lassen sie immer ihre Leiter hinab“, stellte ich fest und zeigte auf die niedergetrampelte Stelle gegenüber dem Tunneleingang. Ich sah mich etwas gründlicher um und entdeckte einen Stein. Ich hob ihn auf und musterte ihn. Er war schwarz mit grünen Streifen, hatte in etwa die Größe meiner Faust. „Wenn ich mich nicht sehr irre, ist das der Stein, den ich vor einigen Tagen hier rein geworfen habe. ,
    „Dann ist es also tatsächlich ihr Mundus“, stellte Hermes fest. „Und zwar ein richtiger Mundus und kein Brunnen, denn er führt sehr wohl in die Unterwelt. Glaubst du, dass Porcia in die Geschichte verwickelt ist?“
    „Um sie anklagen zu können, brauche ich weitere Beweise“, entgegnete ich. „Der Mundus befindet sich zwar auf ihrem Anwesen, aber sie behauptet, so gut wie nie hier herzukommen, und es dürfte schwer sein, das Gegenteil zu beweisen. Sie hat jede Menge Sklaven und Pächter, von denen sich jeder ungehindert Zutritt zu dem Mundus verschaffen könnte. Da das Anwesen nicht eingezäunt ist, könnte im Grunde jeder aus der Gegend hierher kommen und unbemerkt wieder entschwinden. Wie wir wissen, hat jemand an diesem Schrein zu Ehren des Genius Loci Opfergaben hinterlassen. Nein, allein aufgrund dieser dürftigen Beweislage kann ich keine Anklage gegen eine sehr reiche Frau dieser Gegend erheben. Da müssen wir schon mehr in der Hand haben.“
    „Praetor“, meldete sich einer der Männer zu Wort, „was hältst du davon?“ Er hatte auf Knien den dicken Laubteppich durchsucht und zeigte mir, was er gefunden hatte: eine Hand voll Miniaturpfeile. Wir untersuchten den Boden genauer und fanden noch eine ganze Reihe dieser winzigen Pfeile, von denen einige offenkundig schon seit Jahrhunderten hier unten lagen. Es waren deutlich mehr Pfeilspitzen als komplette Pfeile, offenbar waren Schäfte und Federn im Laufe

Weitere Kostenlose Bücher