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Das Orakel vom Berge

Das Orakel vom Berge

Titel: Das Orakel vom Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip K. Dick
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Keine Konsumgüter.«
    »Schweden hat eine Plastikindustrie ?«
    Unglauben.
    »Ja, eine sehr gute. Wenn Sie mir Ihren Namen geben, lasse ich Ihnen eine Firmenbroschüre schicken.« Mr. Baynes holte einen Notizblock heraus.
    »Schon gut. Das wäre bei mir Verschwendung. Ich bin Künstler. Nicht Geschäftsmann. Entschuldigen Sie bitte. Wahrscheinlich haben Sie meine Arbeiten auf dem Kontinent gesehen. Alex Lotze.« Er wartete.
    »Tut mir leid, aber ich interessiere mich nicht für moderne Kunst«, sagte Mr. Baynes. »Ich mag die alten Vorkriegskubisten und Abstrakten. Ich möchte, daß ein Bild etwas bedeutet und nicht nur die Wiedergabe eines Idealzustandes ist.« Er wandte sich ab.
    »Aber das ist doch die Aufgabe der Kunst«, sagte Lotze. »Sie soll die Herrschaft des geistigen Aspektes des Menschen über seinen sinnlichen Aspekt fördern. Ihre abstrakte Kunst repräsentierte eine Periode geistiger Dekadenz, eine Periode geistigen Chaos’ infolge der Auflösung der Gesellschaft, der alten Plutokratie. Die jüdischen und kapitalistischen Millionäre, jener internationale Clan, der die dekadente Kunst unterstützte. Diese Zeiten sind vorbei; die Kunst muß sich weiterentwickeln – sie kann nicht stillstehen.«
    Baynes nickte und sah zum Fenster hinaus.
    »Sind Sie schon einmal am Pazifik gewesen?« fragte Lotze.
    »Schon einige Male.«
    »Ich noch nicht. In San Francisco findet eine Ausstellung meiner Werke statt. Dr. Goebbels’ Büro hat sie im Verein mit den japanischen Behörden arrangiert. Kulturaustausch zur Förderung von Verständnis zwischen dem Reich und Japan. Wir müssen die Spannungen zwischen dem Osten und dem Westen abbauen. Meinen Sie nicht auch? Es muß bessere Verbindungen zwischen uns geben, und die Kunst kann diese Verbindungen fördern.«
    Baynes nickte. Unter ihnen, jenseits des Feuerrings der Rakete, konnte man jetzt die Stadt San Francisco und die Bucht sehen.
    »Wo ißt man denn in San Francisco?« fragte Lotze. »Ich habe ein Zimmer im Palace Hotel reserviert, aber soweit ich gehört habe, findet man insbesondere im internationalen Viertel, in Chinatown zum Beispiel, gutes Essen.«
    »Stimmt«, nickte Baynes.
    »Sind die Preise in San Francisco hoch? Ich muß hier aus meiner eigenen Tasche leben. Das Ministerium ist sehr sparsam.« Lotze lachte.
    »Das kommt auf den Wechselkurs an, den Sie bekommen. Ich nehme an, Sie haben Wechsel auf die Reichsbank. Ich schlage vor, Sie gehen zur Bank von Tokio an der Samsonstreet und tauschen dort um.«
    »Vielen Dank«, sagte Lotze. »Ich hätte es im Hotel gemacht.«
    Die Rakete war beinahe gelandet. Baynes konnte bereits den Flugplatz selbst sehen, die Hangars, die Parkplätze, die Autobahn aus der Stadt, die Häuser… ein schöner Anblick, dachte er. Berge und Wasser und ein paar Nebelfetzen, die durch das Golden Gate herein trieben.
    »Was ist das für ein riesiges Gebäude dort unten?« fragte Lotze. »Es ist nur halb fertig, an einem Ende offen. Ein Raumhafen? Ich dachte immer, diese Nipponesen haben keine Raumfahrzeuge.«
    Baynes lächelte. »Das ist das ›Goldener Mohn Stadion‹. Der Baseballplatz.«
    Lotze lachte. »Ja, die sind ja auf Baseball ganz wild. Unglaublich. Ein solch mächtiges Gebäude nur für ein Vergnügen, für einen Sport, der nichts anderes als Zeitverschwendung ist.«
    Baynes unterbrach ihn. »Es ist fertig. Das ist seine endgültige Form. Auf einer Seite offen. Eine neue Architektur. Sie sind sehr stolz darauf.«
    »Sieht aus, als hätte ein Jude es gebaut«, sagte Lotze nach einem Blick nach unten.
    Baynes sah den Mann eine Weile an. Einen Augenblick spürte er förmlich das Ungleichgewicht, das Psychotische im Geist des Deutschen. War das, was Lotze gesagt hatte, tatsächlich sein Ernst, war das wirklich eine spontane Bemerkung?
    »Hoffentlich sehen wir uns wieder in San Francisco«, sagte Lotze, als die Rakete aufsetzte. »Ohne einen Landsmann, mit dem ich mich unterhalten kann, wird es mir hier langweilig sein.«
    »Ich bin nicht Ihr Landsmann«, sagte Baynes.
    »Ja, stimmt, aber rassisch betrachtet stehen Sie mir nahe. Genau betrachtet, ist da überhaupt kein Unterschied.« Lotze begann, die Sitzgurte zu öffnen.
    Bin ich rassisch mit diesem Mann verwandt? fragte sich Baynes. Dann müßte ich auch diesen psychotischen Zug haben. Wir leben in einer psychotischen Welt. Die Verrückten sind an der Macht. Wie lange wissen wir das schon? Und wie viele von uns wissen es? Lotze weiß es nicht. Vielleicht ist man gar nicht

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