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Das Orakel vom Berge

Das Orakel vom Berge

Titel: Das Orakel vom Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip K. Dick
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wir sind nur heute abend in Denver, aber wir sind von seinem Buch so begeistert, daß wir nach Cheyenne fahren und heute abend wieder zurück, bloß um Gelegenheit zu haben…«
    Sie unterbrach ihn. »Warum?«
    Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie ertappte sich dabei, wie sie die Fäuste ballte, so, wie sie es als Kind getan hatte; sie verspürte, wie ihr Kinn zu zittern begann, und als sie dann weitersprach, war ihre Stimme kaum zu hören. »Ich will nicht heute zu ihm fahren und ihn sehen; ich mag nicht. Ich will überhaupt nicht. Ich möchte mir diese Stadt ansehen. So, wie du es mir versprochen hast.« Während sie das sagte, machte sich wieder die Angst in ihr breit, drückte auf ihre Brust, jene seltsame Panik, die sie selten verlassen hatte, selbst in den Augenblicken höchster Ekstase mit ihm nicht.
    »Wir fahren jetzt zu ihm, und nachher, wenn wir zurückkommen – dann sehen wir uns die Stadt an«, sagte Joe. Er sprach ganz ruhig und vernünftig und dennoch so ausdruckslos, als rezitiere er etwas.
    »Nein«, sagte sie.
    »Zieh das blaue Kleid an.« Er wühlte in den Paketen, bis er es in der größten Schachtel gefunden hatte. Er löste die Schnur, holte das Kleid heraus und legte es präzise auf das Bett; ohne jede Eile. »Okay? Du wirst umwerfend aussehen. Hör zu, wir kaufen uns eine Flasche Scotch und nehmen sie mit. Diesen VAT 69.«
    Frank, dachte sie, hilf mir. Ich begreife mich selbst nicht mehr.
    »Es ist viel weiter, als du glaubst«, antwortete sie. »Ich habe auf der Karte nachgesehen. Es wird wirklich spät sein, wenn wir dort hinkommen, eher elf Uhr oder gar Mitternacht.«
    »Zieh das Kleid an, oder ich bring dich um«, sagte er.
    Sie schloß die Augen und fing an zu kichern. Meine Ausbildung, dachte sie. Es stimmte wirklich. Jetzt werden wir es sehen. Kann er mich umbringen, oder kann ich auf einen Nerv an seinem Rücken drücken und ihn fürs Leben zum Krüppel machen? Aber er hat gegen diese britischen Kommandoeinheiten gekämpft; er hat das vielleicht schon vor Jahren durchgemacht.
    »Ich weiß, daß du mich vielleicht aufs Kreuz legen kannst«, sagte Joe. »Aber vielleicht auch nicht.«
    »Nicht dich aufs Kreuz legen«, sagte sie. »Dich auf immer verstümmeln. Das kann ich wirklich. Ich habe an der Westküste gelebt, die Japs haben mich ausgebildet. In Seattle. Fahr ruhig nach Cheyenne, wenn du Lust hast, und laß mich hier. Versuch nicht, mich zu zwingen. Ich habe Angst vor dir, und ich werde es versuchen.« Ihre Stimme brach. »Ich werde versuchen, dich richtig zu erwischen, wenn du mich angreifst.«
    »Ach hör doch auf – zieh das verdammte Kleid an. Was soll das Ganze? Bist du verrückt? Du redest jetzt vom Umbringen und Fertigmachen, bloß weil ich möchte, daß du nach dem Abendessen ins Auto springst und mit mir zu diesem Burschen fährst, dessen Buch…«
    Es klopfte an der Tür.
    Joe stelzte hinüber und öffnete. Ein uniformierter Boy im Korridor sagte: »Kleiderdienst. Sie haben sich an der Rezeption erkundigt, Sir.«
    »Oh ja«, sagte Joe und ging zum Bett. Er nahm die neuen weißen Hemden, die er gekauft hatte, und gab sie dem Pagen. »Kann ich sie in einer halben Stunde wiederhaben?«
    »Bloß die Falten ausbügeln«, sagte der Junge und sah sie an. »Nicht reinigen. Ja, das geht sicher, Sir.«
    Als Joe die Tür schloß, sagte Juliana: »Woher hast du denn gewußt, daß man ein neues weißes Hemd nicht tragen kann, ehe es gebügelt ist?«
    Er gab keine Antwort, zuckte bloß die Schultern.
    »Ich hatte das vergessen«, sagte Juliana. »Und eine Frau sollte das eigentlich wissen… wenn man sie aus der Cellophan-Verpackung nimmt, sind sie ganz verdrückt.«
    »Als ich jünger war, habe ich mich oft herausgeputzt und bin ausgegangen.«
    »Und woher hast du gewußt, daß es in dem Hotel einen Kleiderdienst gibt? Ich hab das nicht gewußt, und hast du dir wirklich das Haar schneiden und färben lassen? Ich glaube, dein Haar war immer blond, und du hast eine Perücke getragen. Stimmt das?«
    Wieder zuckte er die Achseln.
    »Du mußt ein SD - Mann sein«, sagte sie. »Du hast dich als Fernfahrer verkleidet. Du hast nie in Nordafrika gekämpft, oder? Man hat dich hierhergeschickt, um Abendsen zu töten; stimmt’s? Ich weiß, daß es stimmt. Ich glaube, ich bin ziemlich dumm.« Sie kam sich ausgetrocknet und leer vor.
    Und nach einer Weile sagte Joe: »Sicher hab’ ich in Nordafrika gekämpft. Vielleicht nicht bei Pardis Artillerie. Bei den Brandenburgern.« Und dann fügte

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