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Das Orakel vom Berge

Das Orakel vom Berge

Titel: Das Orakel vom Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip K. Dick
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er hinzu: »Wehrmachtkommando. Wir haben uns in das britische Hauptquartier eingeschlichen. Ich wußte nicht, was das für einen Unterschied macht; wir haben ‘ne ganze Menge durchgemacht. Und ich war in Kairo; ich hab mir diesen Orden verdient.«
    »Ist dieser Füllhalter eine Waffe?«
    Er gab keine Antwort.
    Eine Bombe, erkannte sie plötzlich. »Irgendeine besondere Bombe, die dann explodiert, wenn jemand sie anfaßt.«
    »Nein«, sagte er. »Was du gesehen hast, ist ein Zwei-Watt-Sender mit Empfänger, damit ich in Radioverbindung bleiben kann. Falls der Plan geändert wird, was ja bei der augenblicklichen politischen Lage in Berlin möglich wäre.«
    »Du vergewisserst dich also noch bei ihnen, ehe du es tust, um sicher zu sein.«
    Er nickte.
    »Du bist kein Italiener; du bist ein Deutscher.«
    »Schweizer.«
    »Mein Mann ist Jude«, sagte sie.
    »Mir ist egal, was dein Mann ist. Ich will bloß, daß du dieses Kleid anziehst und dich zurechtmachst, damit wir essen gehen können. Richte dir das Haar irgendwie; ich glaube, der Friseurladen im Hotel ist noch offen. Das könntest du machen, während ich auf meine Hemden warte und mich rasiere.«
    »Wie wirst du ihn töten?«
    »Bitte zieh das neue Kleid an, Juliana«, sagte Joe. »Ich rufe jetzt hinunter und erkundige mich wegen des Friseurs.« Er ging zum Telefon.
    »Warum brauchst du mich?«
    Joe drehte die Wählscheibe und sagte: »Wir haben eine Akte über Abendsen. Anscheinend fühlt er sich besonders zu dunkelhaarigen, etwas sinnlichen Mädchen hingezogen. Ein ganz bestimmter Typ aus dem mittleren Osten oder dem Mittelmeerraum.«
    Während er mit der Rezeption sprach, ging Juliana ans Bett und legte sich hin. Sie schloß die Augen und legte den Arm übers Gesicht.
    »Es gibt einen Friseur«, sagte Joe, als er aufgelegt hatte. »Sie können sich gleich um dich kümmern. Geh in den Salon hinunter, er ist im Zwischenstock.« Er reichte ihr etwas. Als sie die Augen aufschlug, sah sie, daß es weitere Reichsbankscheine waren.
    »Damit kannst du bezahlen.«
    »Laß mich hier liegen«, sagte sie. »Bitte.«
    Er sah sie erstaunt und irgendwie besorgt an.
    »Seattle ist, wie San Francisco gewesen wäre«, sagte sie, »wenn es das große Feuer nicht gegeben hätte. Richtig alte Holzgebäude und ein paar Ziegelmauern und hügelig wie San Francisco. Dort gab’s schon lange vor dem Krieg Japs. Die haben ein ganzes Geschäftsviertel und Häuser und Läden, alles sehr alt. Eine Hafenstadt. Dieser kleine alte Japs, der mich ausgebildet hat – ich war mit einem Burschen von der Handelsmarine dort und hab angefangen, diese Stunden zu nehmen. Minoru Ichoyasu; er trug eine Weste und eine Krawatte. Er war rund und wie ein Jo-Jo. Er hatte ein Wartezimmer wie ein Zahnarzt.«
    Joe beugte sich über sie, griff nach ihrem Arm und zog sie so in die Höhe, daß sie saß. »Was ist denn? Du tust, als wärst du krank.« Er musterte ihr Gesicht.
    »Ich sterbe«, sagte sie.
    »Das ist bloß ein Anfall von Angst. Hast du so etwas öfter? Ich kann dir ein Beruhigungsmittel aus der Hotelapotheke beschaffen. Wie wär’s mit Phenobarbital? Und wir haben seit zehn Uhr früh nichts mehr gegessen. Du wirst gleich wieder in Ordnung sein. Wenn wir zu Abendsen gehen, brauchst du nichts zu machen, bloß bei mir sein. Ich rede schon. Du brauchst nur zu lächeln und freundlich zu sein; bleib bei ihm und mach Konversation mit ihm, damit er bei uns bleibt und nicht weggeht. Wenn er dich sieht, wird er uns ganz bestimmt hereinlassen, besonders mit diesem Ausschnitt, den du da hast. Ich würde dich an seiner Stelle auch hereinlassen.«
    »Laß mich ins Bad«, sagte sie. »Mir ist schlecht. Bitte.« Sie schob ihn von sich. »Mir ist schlecht. Laß mich.«
    Er ließ sie los, und sie schwankte ins Bad, schloß die Tür hinter sich. Ich kann es tun, dachte sie. Sie knipste das Licht an; es machte sie benommen. Dann kniff sie die Augen zusammen. Ich werde es schon finden. In dem Wandschränkchen – ein Päckchen Rasierklingen, Seife, Zahnpasta. Sie riß das Päckchen Klingen auf, hielt die blauschwarzen Klingen in der Hand.
    Das Wasser in der Dusche lief. Sie stellte sich darunter. Großer Gott, sie hatte die Kleider an. Ruiniert. Das Kleid klebte ihr am Leib. Ihr Haar triefte. Erschreckt taumelte sie heraus, stürzte beinahe. Wasser troff aus ihren Strümpfen… sie fing zu weinen an.
    Joe fand sie vor der Toilette stehend. Sie hatte das nasse Kleid ausgezogen und stand nackt da, stützte sich auf einen Arm.

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