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Das Orakel vom Berge

Das Orakel vom Berge

Titel: Das Orakel vom Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip K. Dick
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noch bemühen, den richtigen Weg zu finden.
    Er bestieg einen Cable Car der California Street Linie und fuhr bis ans Ende der Strecke. Er sprang sogar hinaus und half mit, den Wagen auf seiner hölzernen Drehscheibe umzuwenden. Von all den Erlebnissen und Empfindungen, die diese Stadt bot, hatte dies gewöhnlich die größte Bedeutung für ihn. Jetzt empfand er freilich kaum Wirkung; er empfand die Leere eher noch ausgeprägter.
    Natürlich fuhr er zurück. Aber… das war eher eine Formalität, wurde ihm klar, während er zusah, wie die Straßen, die Gebäude und der Verkehr wieder in umgekehrter Reihenfolge an ihm vorbeizogen.
    In der Nähe der Stockton Street erhob er sich, um auszusteigen. Aber als er an der Haltestelle aussteigen wollte, rief ihn der Schaffner an: »Ihre Aktentasche, Sir.«
    »Danke.« Er hatte sie im Wagen gelassen. Er nahm sie von dem Schaffner entgegen und verbeugte sich, als der Wagen sich wieder klappernd in Bewegung setzte. Sehr wertvoller Inhalt der Tasche, dachte er. Ein wertvoller Colt . 44 , ein Sammlerstück. Jetzt hatte er ihn dauernd in Reichweite, falls rachsüchtige Schläger des SD auf die Idee kommen sollten, ihre Rechnung mit ihm persönlich zu begleichen. Man kann das nie wissen. Und doch – Mr. Tagomi fühlte, daß diese neue Vorgehensweise trotz allem, was sich ereignet hatte, neurotisch war. Ich sollte dem nicht nachgeben, sagte er sich erneut, während er mit der Aktentasche in der Hand dahinschlenderte. Zwang – Drang – Phobie. Aber er konnte sich nicht befreien.
    Er winkte ein Pedotaxi herbei und ließ den Fahrer zur Montgomerystreet zu Robert Childans Laden fahren. Wir wollen feststellen, wie es darum steht, dachte er. Ein Faden ist noch übriggeblieben und verbindet mich mit meinem freien Willen. Wahrscheinlich könnte ich vermittels einer List wieder die Gewalt über meine Ängste bekommen: die Waffe gegen einen anderen historisch angehauchten Gegenstand eintauschen. Für mich besitzt diese Waffe zu viel an subjektiver Geschichte… von der falschen Art. Aber das endet bei mir; die Waffe kann das niemand anderem vermitteln. Nur in meiner eigenen Psyche.
    Ich werde mich befreien, entschied er erregt. Wenn die Waffe weg ist, bin ich von dieser Wolke der Vergangenheit befreit. Denn es gibt sie in Wirklichkeit nicht nur in meiner Psyche; es liegt auch in der Waffe selbst. Es ist wie eine Gleichung zwischen uns beiden, der Waffe und mir!
    Er erreichte den Laden. Wie oft ich hier war, dachte er, während er den Fahrer bezahlte. Geschäftlich und privat. Die Mappe unter dem Arm, trat er ein.
    Mr. Childan stand an der Registrierkasse und polierte etwas. »Mr. Tagomi«, sagte Childan und verbeugte sich.
    »Mr. Childan.«
    Er verbeugte sich ebenfalls.
    »Welche Überraschung. Ich bin tief geehrt.« Childan legte den Gegenstand und das Tuch weg. Er ging um die Theke herum. Das übliche Begrüßungsritual begann, und doch spürte Mr. Tagomi, daß der Mann irgendwie verändert war.
    »Mr. Childan«, sagte Mr. Tagomi und stellte seine Mappe auf die Theke. »Ich möchte Ihnen einen Gegenstand zurückverkaufen, den ich vor einigen Jahren bei Ihnen erwarb. Soweit ich mich erinnere, sind Sie dazu bereit.«
    »Ja«, sagte Mr. Childan. »Je nach Zustand natürlich.« Er blickte gespannt auf Tagomis Hände.
    »Ein Colt . 44 «, sagte Mr. Tagomi.
    Beide blickten stumm auf die Waffe in ihrer offenen Teakkassette, mit der Schachtel und der teilweise verbrauchten Munition.
    Mr. Childan war eine Spur kühler geworden. Ah, dachte Mr. Tagomi. Nun denn. »Sie sind nicht interessiert«, sagte Mr. Tagomi.
    »Nein, Sir«, sagte Mr. Childan steif.
    »Ich will Sie nicht bedrängen.« Er fühlte überhaupt keine Kraft in sich. Ich gebe nach. Yin, das Element der Anpassung, der Aufnahme, hält mich umfangen, fürchte ich…
    »Verzeihen Sie mir, Mr. Tagomi.«
    Mr. Tagomi verbeugte sich und verstaute die Waffe und die Munitionsschachtel wieder in seiner Aktentasche. Vorsehung. Ich muß dieses Ding behalten.
    »Sie wirken – recht enttäuscht«, sagte Mr. Childan.
    »Das haben Sie bemerkt.« Er war beunruhigt; hatte er seine innere Welt zur Schau gestellt? Er zuckte die Achseln. Ohne Zweifel mußte es so sein.
    »Gab es einen besonderen Grund, dieses Stück eintauschen zu wollen?« erkundigte sich Mr. Childan.
    »Nein«, sagte er und verbarg seine innere Welt wieder – wie es sich geziemte.
    Mr. Childan zögerte und sagte dann: »Ich – ich weiß gar nicht, ob das aus meinem Laden kommt. Ich führe

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