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Das Orakel vom Berge

Das Orakel vom Berge

Titel: Das Orakel vom Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip K. Dick
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zwar, wie wichtig das Orakel wäre, nähme es aber doch nicht ganz ernst.
    »Ich lese es Ihnen vor«, sie hatte das Buch mit in die Zelle genommen und blätterte jetzt eifrig darin. »Augenblick.« Sie hatte die Seite gefunden und las jetzt das Urteil und die Zeilen vor. Als sie die Neun erreicht hatte – die Zeile über das Mißgeschick –, hörte sie Mrs. Abendsen etwas ausrufen.
    »Wie bitte?« fragte Juliana.
    »Nur zu«, sagte Mrs. Abendsen. Jetzt klang ihre Stimme wach und interessiert.
    Sie las ihr die restlichen Zeilen vor, und Mrs. Abendsen schwieg.
    »Nun, dann freuen wir uns darauf, Sie morgen bei uns zu sehen«, meinte sie schließlich. »Würden Sie mir bitte Ihren Namen angeben?«
    »Juliana Frink«, sagte sie. »Und vielen Dank, Mrs. Abendsen.«
    Die Vermittlung hatte sich inzwischen eingeschaltet und ihr mitgeteilt, die Gesprächszeit wäre um, also legte Juliana auf, nahm ihre Handtasche und das Orakel, verließ die Telefonzelle und ging an die Imbißtheke des Drugstore.
    Nachdem sie sich ein Sandwich und eine Cola bestellt hatte und mit einer Zigarette dasaß, wurde ihr plötzlich voll ungläubigem Schrecken klar, daß sie Mrs. Abendsen nichts von dem Gestapo-Mann oder dem SD-Mann oder was er sonst sein mochte erwähnt hatte, jenem Joe Cinnadella, den sie in dem Hotelzimmer in Denver zurückgelassen hatte. Sie konnte es einfach nicht glauben. Ich hatte es vergessen, sagte sie zu sich. Es ist mir völlig entfallen. Wie war das möglich? Ich muß verrückt sein; ich muß schrecklich krank und dumm und verrückt sein.
    Sie suchte in ihrer Handtasche herum, suchte nach Kleingeld für einen weiteren Anruf. Nein, entschied sie dann und stand auf. Ich kann sie heute abend nicht noch einmal anrufen; ich werde es einfach auf sich beruhen lassen – es ist zu spät. Ich bin müde, und wahrscheinlich schlafen sie auch schon.
    Sie aß ihr Sandwich mit Geflügelsalat, trank ihre Cola und fuhr dann zum nächsten Motel, nahm sich ein Zimmer und kroch zitternd ins Bett.

14
     
     
    Mr. Nobusuke Tagomi dachte, es gibt keine Antwort. Kein Verstehen. Selbst im Orakel nicht. Und doch muß ich irgendwie überleben, weiterleben.
    Ich werde gehen und das Kleine finden. Jedenfalls im Verborgenen leben. Bis irgendwann einmal später, wenn -
    Jedenfalls verabschiedete er sich von seiner Frau und verließ sein Haus. Aber heute begab er sich nicht, wie gewöhnlich, zum Nippon Times Gebäude. Sich entspannen? Sollte er in den Golden Gate Park fahren, mit seinem Zoo und den Fischen? Einen Ort besuchen, wo Dinge, die nicht denken können, doch ihr Dasein genießen.
    Zeit. Es wird eine lange Fahrt für das Pedotaxi sein und mir mehr Zeit lassen, um die Dinge zu begreifen, sie zu erkennen. Falls man das sagen kann.
    Aber Bäume und Tiere im Zoo sind nichts Persönliches.
    Ich muß mich am menschlichen Leben festklammern, das hat mich zum Kind gemacht, obwohl das vielleicht gut sein könnte. Ich könnte jedenfalls etwas Gutes daraus machen.
    Der Pedotaxifahrer strampelte die Kearny Street entlang, auf die Innenstadt von San Francisco zu. Ich will mit dem Cable Car fahren, dachte Mr. Tagomi plötzlich. Beschauliches Glück finden in einer sentimentalen Reise, in einer Fahrt, in einem Gegenstand, der schon 1900 hätte verschwinden sollen und der doch seltsamerweise immer noch existiert.
    Er entließ das Taxi und ging auf die Schienen zu.
    Vielleicht kann ich nie mehr zum Nippon Times Gebäude mit seinem Gestank des Todes zurückkehren. Meine Laufbahn ist vorbei, aber das macht nichts. Die Handelsmission wird einen Ersatz finden. Aber Tagomi existiert immer noch, geht, lebt, erinnert sich an jede Einzelheit. Es bringt also nichts.
    Jedenfalls wird der Krieg, Operation Löwenzahn, uns alle wegfegen. Gleichgültig, was wir dann gerade tun. Unser Feind, an dessen Seite wir im letzten Krieg gekämpft haben. Und was hat es uns eingebracht? Wir hätten vielleicht gegen sie weiterkämpfen müssen. Oder zulassen, daß sie den Krieg verloren, ihre Feinde unterstützen, die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Rußland.
    Es war hoffnungslos, wohin man auch sah.
    Und das rätselhafte Orakel. Vielleicht hat es sich, mit Sorge erfüllt, aus der Welt der Menschen zurückgezogen. Vielleicht haben die Weisen uns verlassen.
    Wir sind in einen Augenblick eingetreten, in dem wir alleine sind. Diesmal hilft uns niemand so wie früher. Nun, dachte Mr. Tagomi, vielleicht ist das auch gut. Oder man kann etwas Gutes daraus machen. Man mußte sich immer

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